Menschenbilder und die Wette um Fausts Seele
Die Fortsetzung des Prologs im Himmel vertieft die Auseinandersetzung zwischen dem Herrn und Mephisto über das Wesen des Menschen und führt zur entscheidenden Wette um Fausts Seele.
Der Herr vertritt ein optimistisches Menschenbild. Er betont, dass der Mensch zwar irren mag, aber letztlich den rechten Weg kennt und findet. Dies wird in mehreren Versen deutlich:
Quote: "Es irrt der Mensch solang er strebt." (V. 317)
Dieses Zitat unterstreicht, dass Irrtum und Streben untrennbar miteinander verbunden sind, aber dass das Streben den Menschen letztlich zum Licht führt.
Der Herr sieht den Menschen als ein zur Entwicklung fähiges Wesen, das Herausforderungen braucht, um zu wachsen. Er vertraut darauf, dass selbst in den dunkelsten Momenten der Mensch sich des rechten Weges bewusst ist.
Mephisto hingegen zeichnet ein düsteres Bild der Menschheit:
Quote: "Den Menschen find ich herzlich schlecht." (V. 296)
Er sieht die Menschen als plagende Wesen, die sich einbilden, gottgleich zu sein, sich aber in Wirklichkeit nicht weiterentwickelt haben. Mephisto reduziert den Menschen auf seine Triebe und negiert dessen intellektuelle Fähigkeiten.
Example: Mephisto vergleicht die Menschen mit "langbeinigen Zikaden", die immer wieder hochspringen, aber stets auf die Nase fallen.
Die "Wette" zwischen dem Herrn und Mephisto um Fausts Seele ist ein zentrales Element des Prologs. Allerdings ist es fraglich, ob es sich um eine echte Wette handelt, da die Partner ungleich sind und Mephisto um Erlaubnis fragen muss.
Highlight: Die scheinbare Wette dient dazu, Fausts Problematik vorzustellen und die konkurrierenden Menschenbilder zu belegen.
Der Herr ist sich seines Sieges gewiss, was durch das Bild des Gärtners verdeutlicht wird, der schon im grünen Bäumchen die zukünftigen Früchte sieht.
Die Zwei-Seelen-Problematik Fausts wird ebenfalls angesprochen. Faust strebt einerseits nach göttlicher Erkenntnis, sehnt sich aber auch nach irdischer Sinnlichkeit. Beide Aspekte können ihn jedoch nicht zufriedenstellen.
Vocabulary: Humanistisches Menschenbild - Eine Sichtweise, die den Menschen als vernunftbegabtes, zur Selbstbestimmung fähiges Wesen betrachtet.
Der Prolog im Himmel legt somit den Grundstein für die komplexe Charakterentwicklung Fausts und die philosophischen Fragen, die das gesamte Werk durchziehen. Er stellt die Faust Zusammenfassung in einen kosmischen Kontext und bereitet den Leser auf die tiefgründige Auseinandersetzung mit dem menschlichen Streben und der göttlichen Ordnung vor.