E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann" ist eine komplexe Erzählung der schwarzen Romantik, die sich mit psychologischen Abgründen und der Grenze zwischen Realität und Wahnsinn beschäftigt.
Die Geschichte dreht sich um den Studenten Nathanael, dessen Kindheitstrauma durch den mysteriösen Sandmann sein weiteres Leben prägt. Das zentrale Augenmotiv zieht sich wie ein roter Faden durch die Erzählung und symbolisiert die Wahrnehmung von Realität und Illusion. Die Figur des Coppelius/Coppola verkörpert dabei das Unheimliche und Bedrohliche, während Clara als Vertreterin der Vernunft fungiert. Die Charakterisierung Nathanaels zeigt seine zunehmende psychische Instabilität, die sich in seiner Besessenheit von der mechanischen Puppe Olimpia manifestiert.
Die Gesellschaftskritik in der Erzählung richtet sich gegen die blinde Fortschrittsgläubigkeit der Aufklärung und die damit einhergehende Entfremdung des Menschen. Hoffmann nutzt die Merkmale der Epoche der Romantik, um diese Kritik zu transportieren: Das Unheimliche, das Fantastische und die Vermischung von Traum und Wirklichkeit sind zentrale Elemente. Die wichtigen Textstellen offenbaren eine mehrschichtige Interpretation, die sowohl psychoanalytische als auch gesellschaftskritische Lesarten ermöglicht. Die Frage nach der Wahrnehmung von Realität und der Rolle der Fantasie wird durch die verschiedenen Erzählperspektiven zusätzlich verkompliziert. Die Motive der Automatisierung, des Wahnsinns und der gestörten Vater-Sohn-Beziehung verdeutlichen die komplexe psychologische Dimension der Erzählung.