Das Drama "Woyzeck" wurde 1837 von Georg Büchner als Fragment hinterlassen und erschien schließlich in überarbeiteter Fassung im Jahr 1879. In seinem Drama zeigt Büchner realitätsnah, wie sich gesellschaftlicher und sozialer Druck auf ein schwaches Individuum auswirken können und dass das Leben von manchen Personen vorbestimmt zu sein scheint. Das Werk lässt sich nicht eindeutig einer Epoche zuordnen. Zeitlich fällt "Woyzeck" in die Literaturepoche Vormärz, allerdings tauchen auch Merkmale des Realismus und des Naturalismus auf. Dazu werde ich am Ende noch einmal Bezug nehmen.
Sachtext zu "Woyzeck"
Bei dem vorliegenden Text handelt es sich um einen Kommentar von Nori Pauket, mit dem Titel "Woyzeck- ein tragisches Einzelschicksal", der 2022 in dem Buch Held*innenschicksale veröffentlicht wurde. Mit ihrem Kommentar bezieht sich die Autorin auf das oben beschriebene Werk. Ihrer Meinung nach, ist Woyzecks tragisches Schicksal kein Einzelfall. Obwohl er durchgehend von seinem sozialen Umfeld gedemütigt wird, ist er letztlich selbst für sein Handeln verantwortlich. Die Autorin macht dies besonders deutlich, indem sie Marie und Andres als Beispiel heranzieht, die, wie Woyzeck, aus der unteren Schicht stammen, ihre scheinbar ungenügsame Lebenssituation aber hinnehmen.
Analyse von "Woyzeck"
Das Werk handelt von dem einfachen Soldaten Franz Woyzeck, der seine Freundin Marie ermordet, nachdem er von ihr betrogen und von seinen Vorgesetzten (dem Hauptmann und dem Doktor) ausgenutzt wird. Zusätzlich leidet Woyzeck an Wahnvorstellungen und ist unter einer bestimmten Diät, wo er nur Erbsen essen darf.
Die Autorin Nori Pauket argumentiert, dass Woyzeck nicht nur als Opfer seiner Umstände gesehen werden kann, sondern er selbst die freie Entscheidung über sein Leben hat. Sie sieht zwar ein, dass er für seine von Geburt gegebene Armut nichts kann, aber das dennoch kein Grund ist, "Woyzeck" als Gesellschaftskritik am Pauperismus anzusehen. Woyzeck sei auch nicht die einzige Figur in dem Drama, die mit ihrer Lebenssituation unzufrieden ist. Um dies zu belegen, zieht die Autorin die Figuren Marie und Andres heran.
Anders als Andres, hat Woyzeck laut der Autorin "eine egozentrierte Sichtweise". Damit ist gemeint, dass Woyzeck nur an sich und sein eigenes Glück denkt und deshalb auch ein Einzelgänger ist. Allerdings gibt es in dem Drama auch positive Beispiele mit der misslichen Situation umzugehen (siehe Marie und Andres). Das heißt, es würde sich bei Woyzeck nicht um ein Einzelschicksal handeln.
Die Autorin, sieht ein, dass Woyzeck von der höheren Schicht schikaniert wird, denkt aber auch, dass die Rache an Marie (der Mord) seine freie Entscheidung war und ihn weder der Doktor, noch der Hauptmann dazu gedrängt hätten. Letztendlich ist Woyzeck durch seine Gehorsamkeit selbst für sein Schicksal verantwortlich.
Szenenübersicht zu "Woyzeck"
Auf Grundlage des Textes werde ich nun, wie bereits oben aufgeführt, erörtern inwiefern die These, dass Woyzeck als tragisches Einzelschicksal gesehen werden kann, zutrifft. Dafür spricht zunächst einmal, dass Woyzeck, wie die Autorin richtig sagt, von Menschen der höheren Schicht schikaniert wird. Das hat natürlich enormen Einfluss auf Woyzecks Verhalten und letztlich auch auf sein weiteres Schicksal. Sehr gut dargestellt wird dieser Schachverhalt in Szene 5. Der Hauptmann, der Teil der Oberschicht ist, nimmt Woyzeck nicht ernst (weil er nicht gebildet ist) und vermittelt ihm somit ein Gefühl der Überlegenheit.
Darüber hinaus wird Woyzeck vom Doktor ausgenutzt und seine Leiden werden nicht ernstgenommen. Dies führt zu Woyzecks inneren Konflikten und letztlich zu seiner Handlung, Marie zu ermorden. Die Argumentation der Autorin, dass Woyzeck selbst für sein Schicksal verantwortlich ist, kann somit als fragwürdig angesehen werden.
Insgesamt zeigt das Drama "Woyzeck" auf eindringliche Weise, wie gesellschaftlicher Druck und Armut das Leben einzelner Menschen beeinflussen können. Doch ob Woyzeck tatsächlich als Einzelschicksal betrachtet werden kann, bleibt aufgrund der verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten weiterhin diskutabel.