Tugend als Mitte
Aristoteles definiert Tugend als das Ideal der (Selbst-)Erziehung zu einer sittlich vorbildlichen Persönlichkeit. Die ethische Tugend beschäftigt sich mit Leidenschaften und Handlungen, bei denen es Übermaß, Mangel und eine Mitte gibt.
Grundlegende Prinzipien der Tugendlehre:
- Emotionen (wie Mut, Begierde, Zorn, Freude) können auf unangemessene Weise empfunden werden
- Tugend ist ein Verhalten, das durch vernünftige Entscheidung bestimmt wird
- Die Mitte liegt zwischen zwei entgegengesetzten Extremen
- Tugendhaftes Handeln bedeutet, diese Mitte zu finden
Ethische Tugend: Die Tugend liegt in der Mitte zwischen zwei Extremen. Bei Furcht und Mut ist beispielsweise die Tapferkeit die goldene Mitte zwischen Feigheit und Tollkühnheit.
Übersicht wichtiger ethischer Tugenden nach Aristoteles:
| Tugend | Extreme (zu wenig - zu viel) |
|--------|------------------------|
| Tapferkeit | Feigheit - Tollkühnheit |
| Freigebigkeit | Geiz - Verschwendung |
| Hochsinn | Niederer Sinn - Aufgeblasenheit |
| Rechter Ehrgeiz | Zu wenig - zu viel Ehrgeiz |
| Sanftmut | Zu wenig - zu viel Sanftmut |
| Warmherzigkeit | Prahlerei - Ironie |
| Freundlichkeit | Streitsucht - Gefälligkeit |
| Gerechtigkeit | Unrecht leiden - Unrecht tun |
Aristoteles betont jedoch, dass es Handlungen gibt, für die keine Mitte existiert, da sie bereits in sich selbst schlecht sind: Neid, Schadenfreude, Schamlosigkeit, Ehebruch, Diebstahl und Mord. Diese sind nicht aufgrund von Übermaß oder Mangel verwerflich, sondern ihrem Wesen nach falsch.
Für Aristoteles ist etwas dann vollkommen oder tugendhaft, wenn es seinem Wesen bestmöglich entspricht – wie ein Messer, dessen Wesen darin besteht, gut zu schneiden.