Die Konzepte von Gleichheit und Gerechtigkeit sind grundlegende Prinzipien unserer Gesellschaft, die oft miteinander verwechselt werden.
Gerechtigkeit bedeutet, dass jeder Mensch das bekommt, was er entsprechend seiner individuellen Situation und Bedürfnisse benötigt. Dies unterscheidet sich von Gleichheit, bei der alle Menschen exakt gleich behandelt werden, unabhängig von ihren spezifischen Umständen. Ein klassisches Beispiel hierfür ist das Bildungssystem: Während Gleichheit bedeuten würde, dass alle Schüler identische Unterstützung erhalten, bedeutet Gerechtigkeit, dass Schüler mit Lernschwierigkeiten zusätzliche Hilfe bekommen.
Aristoteles hat mit seiner Theorie der distributiven und kommutativen Gerechtigkeit wichtige Grundlagen geschaffen. Die distributive Gerechtigkeit bezieht sich auf die gerechte Verteilung von Gütern und Chancen in der Gesellschaft, während die kommutative Gerechtigkeit den fairen Austausch zwischen Individuen regelt. In der modernen Interpretation spricht man von verschiedenen Dimensionen sozialer Gerechtigkeit: Chancengerechtigkeit, Leistungsgerechtigkeit, Bedarfsgerechtigkeit und Generationengerechtigkeit. Diese Dimensionen finden sich in konkreten Beispielen sozialer Gerechtigkeit wieder, wie etwa dem progressiven Steuersystem, der Sozialversicherung oder der Bildungsförderung. Besonders wichtig ist dabei das Prinzip der Gleichberechtigung, das allen Menschen die gleichen grundlegenden Rechte und Chancen zusichert, während die konkrete Umsetzung den individuellen Bedürfnissen angepasst wird. Dies zeigt sich beispielsweise in der Arbeitswelt, wo Menschen mit Behinderungen besondere Unterstützung erhalten, um gleichberechtigt am Arbeitsleben teilhaben zu können.
Die ethische Definition von Gleichheit muss daher immer im Kontext der Gerechtigkeit betrachtet werden. Nicht jede Form der Gleichbehandlung ist automatisch gerecht, wie drei Beispiele wo Gleichheit nicht gerecht ist zeigen: Eine einheitliche Steuerrate unabhängig vom Einkommen, identische medizinische Behandlung ungeachtet der Diagnose oder gleiche Prüfungsbedingungen ohne Rücksicht auf individuelle Einschränkungen wären zwar "gleich", aber nicht gerecht.