Demokratietheorien: Konkurrenz- und Identitätstheorie im Vergleich
Die Demokratietheorien von James Madison und Jean-Jacques Rousseau bieten unterschiedliche Perspektiven auf die Gestaltung politischer Systeme. Während Madison's Konkurrenztheorie auf repräsentative Demokratie setzt, plädiert Rousseau's Identitätstheorie für eine direkte Demokratie.
Konkurrenztheorie von James Madison
Madison's Theorie basiert auf der Annahme, dass Interessengruppen (Faktionen) in einer Gesellschaft unvermeidbar sind.
Definition: Faktionen sind Interessengruppen innerhalb einer Gesellschaft, die unterschiedliche Meinungen und Ziele verfolgen.
Madison argumentiert, dass eine reine Demokratie keine Lösung für den Umgang mit diesen Faktionen bietet. Stattdessen schlägt er eine republikanische Staatsform vor, in der eine kleinere Anzahl gewählter Bürger die Herrschaftsgewalt ausübt.
Highlight: Die Konkurrenztheorie sieht vor, dass gewählte Vertreter die Interessen des Volkes besser vertreten können als das Volk selbst.
Der Entscheidungsfindungsprozess in Madison's Modell:
- Repräsentanten (Parteien) stehen in Konkurrenz zueinander.
- Meinungen durchlaufen ein Gremium gewählter Bürger.
- Diese Volksvertreter kennen sich am besten mit den Interessen der Bürger aus.
Example: In einem parlamentarischen System debattieren und entscheiden gewählte Abgeordnete über Gesetze, anstatt dass jeder Bürger direkt abstimmt.
Gelingensbedingungen für die Konkurrenztheorie:
- Existenz konkurrierender Parteien
- Politisches Interesse der Bürger
Kritikpunkte an der Konkurrenztheorie:
- Mögliche Entfremdung der Bürger durch indirekte Einflussnahme
- Gefahr des Elitenpluralismus, bei dem Eliten ihre eigenen Interessen durchsetzen
- Politiker sind ihrem Gewissen verpflichtet, nicht unbedingt dem Parteiprogramm oder Wahlversprechen
Identitätstheorie von Jean-Jacques Rousseau
Rousseau's Theorie zielt darauf ab, Freiheit und Gleichheit mit der Einordnung in die Gemeinschaft zu verbinden.
Quote: "Jeder gehorcht nur den Gesetzen, denen er selbst zugestimmt hat."
Kernelemente der Identitätstheorie:
- Direkte Demokratie
- Alle Bürger nehmen an Volksversammlungen teil
- Bürger bilden gemeinsam das Staatsoberhaupt und sind zugleich Gesetzgeber und Regierung
Vocabulary: Der "Gemeinwille" (volonté générale) ist in Rousseau's Theorie der Wille, der dem Gemeinwohl entspricht und sich aus der Summe der individuellen Interessen ergibt.
Voraussetzungen für das Funktionieren der Identitätstheorie:
- Keine Parteienbildung
- Gut gebildete Bürger in Volksversammlungen
- Bürger müssen eigene Bedürfnisse zurückstellen können
- Sittlichkeit der Bürger und einfache Lebenshaltung
- Kleiner Staat
Kritikpunkte an der Identitätstheorie:
- Zweifel an der Existenz eines einheitlichen Gemeinwillens
- Gefahr der Unterdrückung von Minderheiten
- Keine Grundrechte vorgesehen
Highlight: Beide Theorien, die Konkurrenztheorie und die Identitätstheorie, bieten wichtige Einblicke in die Funktionsweise von Demokratien, haben aber auch ihre spezifischen Herausforderungen in der praktischen Umsetzung.