Das Deutsche Kaiserreich von 1871 bis 1914 war eine prägende Epoche der deutschen Geschichte, die maßgeblich von Otto von Bismarck gestaltet wurde.
Otto von Bismarck spielte als Reichskanzler eine zentrale Rolle bei der deutschen Einigung und der Gestaltung des Kaiserreichs. Seine Innenpolitik war geprägt vom Konzept "Zuckerbrot und Peitsche" - einerseits führte er fortschrittliche Sozialreformen ein, andererseits bekämpfte er politische Gegner mit repressiven Maßnahmen wie dem Sozialistengesetz. Die Sozialgesetzgebung umfasste die Krankenversicherung (1883), Unfallversicherung (1884) und Alters- und Invalidenversicherung (1889), die das Fundament des modernen Sozialstaats bildeten.
In der Außenpolitik verfolgte Bismarck nach 1871 eine Friedenspolitik durch ein komplexes Bündnissystem. Seine "Schaukelstuhlpolitik" zielte darauf ab, Frankreich zu isolieren und gleichzeitig gute Beziehungen zu Österreich-Ungarn und Russland zu pflegen. Der Zweibund mit Österreich-Ungarn (1879) und der Dreikaiserbund waren zentrale Elemente dieser Politik. Nach Bismarcks Entlassung 1890 änderte sich unter Wilhelm II. die außenpolitische Ausrichtung grundlegend. Die "Neue Außenpolitik" war von einer aggressiveren Weltpolitik geprägt, die auf koloniale Expansion und maritime Aufrüstung setzte. Dies führte zur außenpolitischen Isolation Deutschlands und trug wesentlich zum Ausbruch des Ersten Weltkriegs bei. Die Innenpolitik unter Wilhelm II. war von Industrialisierung, Urbanisierung und sozialen Spannungen gekennzeichnet, während gleichzeitig versucht wurde, die traditionellen Machtstrukturen zu bewahren.