Gedächtnisformen und ihre Merkmale
Nationalfeiertage gehören allen Bürgern und die Geschichte von Demokratien muss nicht länger als Abfolge heroischer Männer und Gewaltexzesse erzählt werden. Stattdessen können sich Demokratien auf ihre Institutionen und Traditionen besinnen, die Menschenwürde, Freiheit und Gleichheit ermöglichen.
Das kollektive Gedächtnis erzeugt und reproduziert ausgewählte, identitätsstiftende Erinnerungen einer Gruppe. Es schafft Mythen und Legenden mit Überzeugungskraft für spätere Generationen und ist stets auf einen bestimmten Personenkreis begrenzt, sei es Familie, Nation, Klasse oder Religion.
Das kommunikative Gedächtnis (auch Generationengedächtnis genannt) umfasst alltagsnahe Geschichtserfahrungen im Rahmen individueller Biografien. Es entsteht durch informelle Interaktion und alltägliche Kommunikation, hauptsächlich durch mündliche Erzählungen. Seine Reichweite beträgt etwa 80 Jahre oder 3-4 Generationen und stirbt mit seinen Trägern, den Zeitzeugen. Danach setzt eine "strukturelle Amnesie" ein.
Das kulturelle Gedächtnis hingegen ist alltagsfern und beschäftigt sich oft mit mythischer Urgeschichte. Es ist hochgradig geformt und wird durch zeremonielle Kommunikation, Feste, Schriften, Denkmäler, Rituale und andere Artefakte vermittelt. Es reicht weit in die Vergangenheit zurück und wird über Generationsschwellen transportiert. Seine Träger sind spezialisierte Traditionsvermittler wie Lehrer, Priester oder Künstler.
Wichtig: Der Unterschied zwischen kommunikativem und kulturellem Gedächtnis liegt nicht nur in der Zeitspanne, sondern auch in der Form: Das eine ist alltäglich und informell, das andere zeremoniell und institutionalisiert!