Industrialisierung: England vs. Deutschland
Während England ideale Voraussetzungen für die Industrialisierung hatte, stand Deutschland vor zahlreichen Hindernissen. Ein direkter Vergleich zeigt die unterschiedlichen Ausgangsbedingungen:
England profitierte von einem einheitlichen Wirtschaftsgebiet ohne Zollschranken, während Deutschland nationalstaatlich zersplittert war mit unterschiedlichen Maßen und Währungen. Die englische Gesellschaft war durchlässiger, während in Deutschland schroffe Standesschranken und feudale Abhängigkeiten herrschten.
In der Wirtschaftsordnung setzte England auf liberale Prinzipien mit wenigen Beschränkungen, Deutschland dagegen auf merkantilistische Wirtschaftspolitik mit massiven staatlichen Eingriffen. England verfügte über eine gut ausgebaute Infrastruktur mit Kanälen und Häfen, Deutschland litt unter mangelhaften Verkehrsverbindungen.
Besonders wichtig: England hatte durch seine Kolonien Zugang zu Rohstoffen und profitierte vom Dreieckshandel, während Deutschland keine Kolonien besaß und wenig Außenhandel betrieb. Auch bei der Gewerbefreiheit hinkte Deutschland hinterher – das Zunfthandwerk hemmte individuelle Innovationen.
Schlüsselerkenntnis: Deutschland besaß im späten 18. und beginnenden 19. Jahrhundert wesentlich ungünstigere Startbedingungen für die industrielle Entwicklung als Großbritannien. Der Beginn der Industrialisierung in Deutschland verzögerte sich dadurch erheblich.
Diese Nachteile erklären, warum die industrielle Revolution in Deutschland später einsetzte, dann aber – dank gezielter Reformen und strategischer Investitionen – umso dynamischer verlief.