Der Deutsch-Französische Krieg und die Reichsgründung
Das nächste Ziel der preußischen Regierung war die endgültige Einheit Deutschlands. Frankreich sah in einem geeinten deutschen Nationalstaat jedoch eine Bedrohung. Als Spanien 1870 einen Hohenzollernprinzen auf den spanischen Thron setzen wollte, nutzte Bismarck die diplomatischen Spannungen geschickt aus.
Die berühmte "Emser Depesche" - ein von Bismarck manipulierter Bericht über Verhandlungen zwischen dem französischen Botschafter und Wilhelm I. - sorgte für Empörung in Deutschland und für ein Gefühl der Demütigung in Frankreich. Dies führte zum Deutsch-Französischen Krieg 1870/71, den die deutschen Truppen durch ihren Sieg in der Schlacht bei Sedan für sich entschieden.
Der Friedensvertrag vom 10. Mai 1871 verpflichtete Frankreich zu Entschädigungszahlungen und zur Abtretung von Elsass-Lothringen. Die deutschen Länder schlossen sich zu einem gemeinsamen Reich zusammen, und am 18. Januar 1871 wurde König Wilhelm I. im Spiegelsaal von Versailles zum "Deutschen Kaiser" proklamiert.
Merke dir: Die Reichsgründung erfolgte nach der kleindeutschen Lösung (ohne Österreich) und erfüllte zwar den Wunsch nach einem Einheitsstaat, aber nicht die Forderungen nach Freiheit. Es gab keine Grundrechte, und der Kaiser behielt umfassende Macht.
Bismarck, seit 1862 Ministerpräsident und ab 1871 Reichskanzler, wurde zur mächtigsten Person nach Wilhelm I. Er nutzte Kriege gezielt als politisches Mittel und instrumentalisierte den Wunsch nach nationaler Einheit für seine Machtzwecke. Mit der Reichsgründung erreichte er sein oberstes Ziel: die Schaffung eines deutschen Nationalstaats unter preußischer Führung – und vergrößerte dabei seine eigene Macht erheblich.