Die Entwicklung der europäischen Mächtekonstellation
Das Bündnissystem Bismarck war nach 1871 bewusst auf Ausgleich und Frieden ausgelegt. Der Reichskanzler verfolgte dabei klare Ziele: die Sicherung des Friedens, die diplomatische Isolation Frankreichs und die Vermeidung eines gefürchteten Zwei-Fronten-Kriegs für das Deutsche Reich.
Bismarcks außenpolitisches Geschick zeigte sich in mehreren wichtigen Abkommen: dem Drei-Kaiser-Abkommen 1873 mit Österreich-Ungarn und Russland, dem Zweibund 1879 mit Österreich-Ungarn, dem Drei-Kaiser-Bündnis (1881) und dem Dreibund 1882 mit Italien und Österreich-Ungarn. Der Rückversicherungsvertrag (1887) mit Russland sollte zusätzliche Sicherheit bieten.
Nach Bismarcks Entlassung 1890 erlebte Europa einen dramatischen Kurswechsel in der Bündnispolitik. Das Bündnissystem vor dem 1. Weltkrieg war von massiven Verschiebungen geprägt: Frankreich trat aus seiner Isolation heraus, schloss 1892 einen Neutralitätsvertrag mit Russland, während sich 1907 eine Interessengleichheit zwischen Russland und Großbritannien entwickelte.
Merke: Während Bismarcks Außenpolitik auf ein europäisches Gleichgewicht zielte, führten die Bündnisse vor dem 1. Weltkrieg zu einem gefährlichen Ungleichgewicht mit zunehmenden Spannungen zwischen den Machtblöcken.