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Geschichte 11/2 und 12/1 Bayern

21.4.2022

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Geschichte Zusammenfassung 11/2 und 12/1
1. Die Weimarer Republik- Demokratie ohne Demokraten
Erster Weltkrieg: 28. Juli. 1914-11. November
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Erster Weltkrieg: 28. Juli. 1914-11. November
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Erster Weltkrieg: 28. Juli. 1914-11. November
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Erster Weltkrieg: 28. Juli. 1914-11. November
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Erster Weltkrieg: 28. Juli. 1914-11. November
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Erster Weltkrieg: 28. Juli. 1914-11. November

Geschichte Zusammenfassung 11/2 und 12/1 1. Die Weimarer Republik- Demokratie ohne Demokraten Erster Weltkrieg: 28. Juli. 1914-11. November 1918 Anfang: Angesichts der Aussichtslosen militärischen Lage verlangte die Oberste Heeresleitung (OHL) um Hindenburg und Ludendorf im September 1918 von der Regierung einen Sofortigen Waffenstillstand zu schließen. Die OHL hat in Deutschland eine Art Militärdiktatur errichtet, drang nun auf eine Parametrisierung des Reiches, um die Forderungen des US-Präsidenten Wilson (,,14 Punkte") zu erfüllen. ➜ Novemberrevolution 1918: Der Aufstand von Matrosen der deutschen Hochseeflotte in Kiel griff schnell auf andere Hafen- und Industriestädte über ● Arbeiter und Soldatenräte forderten ein sofortiges Kriegsende und Abdankung des Kaisers 9. November 1918 verkündete Reichskanzler Max von Baden die Abdankung des Kaisers und übertrug die Regierungsgewalt an Friedrich Ebert (MSDAP) Ausrufung der Republik zweimal: erst durch Philipp Scheidemann (SPD), später durch Karl Liebknecht (Spartakusbund) Provisorische Regierung (,,Rat der Volksbeauftragten"): drei Vertreter der gemäßigten Sozialdemokraten (MSDAP) und der linken Sozialisten (USPD) ->schlossen am 11. November einen Waffenstillstand ● Zur Verhinderung eines Bürgerkriegs entschloss sich Reichskanzler Ebert zur Zusammenarbeit mit dem Militär. Dieses Bündnis mit den alten Eliten belastete den demokratischen Neuanfang stark. Auf dem Reichskongress entschied sich die Mehrheit für die Nationalversammlung und damit für ein parlamentarisches System. Am 19. Januar fand schließlich die Wahl zur Nationalversammlung statt Demokratisch legitimierte Weichenstellung 19.02.1919: Wahlsieg der demokratischen Kräfte, SPD mit 38% als stärkste Kraft ● 06.02.1919: Zusammentreffen Nationalversammlung in Weimarer der Nationaltheater, Aufgabe: Wahl...

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Alternativer Bildtext:

des Staatsoberhauptes, Regierungsbildung, Ausarbeitung einer Verfassung, Führen der Friedensverhandlungen 11.02.1919 Wahl Friedrich Eberts zum Reichspräsidenten, Ebert ernennt Scheidemann zum Ministerpräsidenten (später Reichskanzler) 18. Januar Friedenskonferenz der 32 Siegerstaaten des ersten Weltkriegs in Paris Interessen der Siegermächte: Frankreich: Sicherheit durch dauerhafte Schwächung Deutschlands, Hegemonie in Europa, Stärkung Polens gegenüber Deutschland und Russland 1 USA: kollektive Friedenssicherung durch Einrichtung des Völkerbunds, Rückzahlung der an die Alliierten vergebenen Kriegskredite Großbritannien: Geringe Schwächung Deutschlands, „balance of power" gegen Französische Hegemonie, Abwehr des expansiven Bolschewismus 07.05.1919 fertiges Vertragswerk der Alliierten wird der Deutschen Delegation übergeben (Versailler Vertrag), Verliererstaaten hatten keine Gelegenheit der mündlichen Stellungnahme oder gar Teilhabe -> die deutschen empfanden die Friedensbedingungen enorm ungerecht und lehnten sie vehement ab Bestimmungen des Versailler Vertrags: Gebietsabtretung: z.B. Verlust Elsass-Lothringens an Frankreich, Verlust von Gebieten in Pommern und Preußen an Polen Entmilitarisierung: z.B. Auslieferung des gesamten ,,schweren" Kriegsmaterials (Kriegsschiffe, Flugzeuge, Panzer usw.), Verkleinerung der Reichswehr auf 100 000 Mann Reparationen: Entschädigungsleistungen an die Siegermächte: Sachleistungen (z. B. Vieh, Kohle) und Geldzahlungen Kriegsschuld: Feststellung der alleinigen Kriegsschuld Deutschlands in Artikel 231 zur Begründung der Reperationsforderungen Der Versailler Vertrag als Diffamierungsparole: Der antidemokratischen Rechten bot der Vertrag aufgrund des allgemeinen Protests einen wirksamen Angriffspunkt gegen die demokratische Regierung. Den Demokraten gelang es dagegen nicht, der Öffentlichkeit die Alternativlosigkeit der Vertragserfüllung zu vermitteln und klarzustellen, dass die alten Eliten für die Niederlage verantwortlich waren. Propaganda der antidemokratischen Rechten Mit den sog. Zwillingslegenden gelang es der antidemokratischen Rechten, das politische Kila der Republik zu vergiften: ,,Kriegsunschuldlegende": faktenwidrige Verleugnung der deutschen Schuld am Kriegsausbruch • ,,Dolchstoßlegende": Verschwörungstheorie, nach der die deutsche Armee nicht durch den Gegner, sondern durch die revolutionären Ereignisse in der Heimat besiegt worden sei, die wie ein fertiger Dolchstoß in den Rücken der tapfer kämpfenden Soldaten gewirkt hätten ● ● 20.06.1919 Rücktritt des Kabinetts Scheidemann (wg. Uneinigkeit im Kabinett und eigene Ablehnung des VV) 22.06.1919: Nationalversammlung stimmt für die Unterzeichnung des VV 28.06.1919: Unterzeichnung des VV im Spiegelsaal von Versailles 31.07.1919 Schlussabstimmung zur Weimarer Verfassung Die Weimarer Verfassung: Als Kompromiss entschied sich die Nationalversammlung formal für eine föderalistische Ordnung, in der die Länder allerdings eine eher schwache Stellung hatten 2 Die Weimarer Verfassung enthielt viele Neuerungen und galt als die ,,demokratischste Demokratie der Welt." Inhalte der Weimarer Verfassung: 1. Volk ● ● ● 2. Reichsrat ● Vertretung der Länder Beratende Funktion bei Gesetzgebung ● ,,Reichsrecht bricht Länderrecht" (Art. 13), sogar mit militärischer Gewalt (Reichsexekution) ● 3. Reichstag Volkssouveränität (Art. 1) Grundrechte Wählt alle 4 Jahre die Abgeordneten des Reichtags Wählt alle 7 Jahre direkt den Reichspräsidenten Möglichkeit von Plebisziten Alle Bürger mit 20 Jahre dürfen wählen (allgemeines Verhältniswahlrecht für Frauen und Männer) Verhältniswahlrecht ohne Speerklausel (pro 60 000 Stimmen ein Mandat) ● Zentrales Organ der Reichsgewalt Legislative Befugnisse (Gesetzesbeschlüsse, Budgetrecht, Staatsverträge) ● Kontrolle über Exekutiv: Reichskanzler und -minister brauchen das Vertrauen des Reichtages, Reichstag kann diese stürzen (Art. 54) 4. Reichspräsident Starke demokratische Legitimation durch Direktwahl Gegengewicht zum Reichstag mit vielen Kompetenzen ● Ernennt und erlässt Reichskanzler (Art. 53) Kann Reichstag auflösen und Neuwahlen festlegen (Art. 25) Oberbefehl über Reichswehr Notverordnungsrecht (Art. 48) (bei innenpolitischen Problemen) >Reichspräsident als Ersatszkaiser ● ● 5. Reichskanzler ● Schwache Stellung Von Vertrauen von Reichspräsidenten und Reichstag abhängig Vom Reichspräsidenten ernannt Träger und Gegner der demokratischen Ordnung: Rolle der Parteien Die Parteien verstanden sich durch ihren historischen Hintergrund zunächst als Interessendvertretung und waren so eng an ihr geschlossenes Sozialmilieu gebunden. Unterschieden werden hier v.a. 4 Hauptströmungen ● Liberalismus: DDP; DVP Konservatismus: DNVP Sozialismus: SPD, Abspaltung von USPD (1922 aufgelöst) Katholizismus: Zentrum, BVP (nur in Bayern) 3 Diese sozial verschiedenen Schichten misstrauten sich gegenseitig und arbeiteten oft kontraproduktiv, indem sie nicht kompromissbereit waren, v.a. um ihre Wählerschicht nicht zu enttäuschen/verlieren. Erschwert wurde Konsensbildung zusätzlich ab 1928, durch den Aufstieg der NSDAP zur Volkspartei/ Massenpartei. Die Versammlungsfreiheit gestattete weiterhin, dass Republikgegner sich offen organisieren konnten. Das Verhältniswahlrecht ohne Sperrklausel verhinderte außerdem die Bildung regierungsfähiger Koalitionen. 1. Träger der Republik: Die Weimarer Koalition Bei der ersten Wahl zur Nationalversammlung am 19. Januar 1919 wurde die SPD stärkste Partei, musste aber mit bürgerlichen Parteien koalieren, um eine Mehrheit bilden zu können. Die ,,Weimarer Koalition" setzte sich somit aus SPD, der katholischen Zentrumspartei und der linksliberalen DDP zusammen. Sie bekannten sich parlamentarischen Republik und erarbeiteten die Weimarer Verfassung. Bei der nächsten Reichstagswahl 1923 verlor die Weimarer Koalition ihre Mehrheit und es entstand eine Große Koalition unter Hinzunahme der DVP 2. Gegner der Republik Die politische Stabilität der Weimarer Republik war von Anfang an durch die linken und rechten Gegner gefährdet, die in der Endphase auch maßgeblich an deren Ende beteiligt waren. KPD: radikale Linke, die zunächst durch bewaffnete Umsturzversuche eine sozialistische Räterepublik zu erreichen. Ab 1920 veränderten sie ihre Taktik, warben für eine „Einheitsfrontpolitik" und hetzten gegen die SPD (,,Verräter") USPD: abgespalteter linker Flügel der SPD, die sich allerdings 1922 auflöste DNVP: politische rechte Partei mit antidemokratischer Haltung, die v.a. die im Bürgertum verbreiteten Ressentiments bediente NSDAP: radikale Rechte, bis 1928 ehre kleine Splitterpartei, Aufwertung beim nationalistischen Bürgertum durch Volksbegehren gegen ,,Young Plan" 1929, weiterer aufstieg im Zuge der Weltwirtschaftskriese, 1932 stärkste Fraktion im Reichstag, Hitlers autoritärer Stil mit einfachen Lösungen sprach die frustrierte Bevölkerung an. Rolle der Bevölkerung: Die Klassengesellschaft des Kaiserreichs lebte in der Weimarer Republik fort. Es bestand ein ausgeprägtes Klassenbewusstsein mit gemeinsamen Wertvorstellungen und politischen Überzeugungen, durch die man sich gegenüber anderen Klassen abgrenzte. Die Folge war eine Zersplitterung der Parteienlandschaft, da die Parteien vor allem die Interessen ihrer Klasse Vertrauten (Interessensparteien). Zudem fehlte es den Parteipolitikern vielfach an Gestaltungswillen, Kompromissfähigkeit und Verständnis für die Bedeutung von Regierungsverantwortung. Stabile Regierungsmehrheit waren so nur schwer möglich. Vielmehr kam es häufig zu Koalition- und Regierungswechsel. 4 Problem der alten Eliten Ein großes Problem der Weimarer Republik war das Fehlen eines gemeinsamen Staatsbewusstseins innerhalb der Bevölkerung. Die staatliche Verwaltung (Minister, Bürokratie, Justiz, Militär) bestand zum großen Teil aus alten Funktionseliten des Kaiserreichs, die in ihren Positionen verblieben waren und grundsätzlich konservativ, antidemokratisch und monarchistisch dachten. Rolle der alten Elite in der Weimarer Republik: Offiziere der Reichswehr Keine Unterstützung gegen recht Gewalt ,,Staat im Staate" Rechte Justiz: ,,auf dem rechten Auge blind" Verharmlosung und indirekte Unterstützung rechter Gewalt Keine konsequente Anwendung des Republikschutzgesetzes (1922) Rechte Presse Antisemitische, antidemokratische und nationalistische Propaganda • Verharmlosung des rechtsextremen Terrors Rechte Professoren und Lehrer ● Antisemitische Hetze gegen jüdische Wissenschaftler Nationalistische Propaganda >hat alles zur Folge zu einer instabilen, jungen Demokratie Der Hitler Putsch 1923: Unter der Führung von Adolf Hitler wurde die NSDAP in München zu einem bedeutenden Machtfaktor. Am 9. November 1923 versuchte Hitler mit seinen Anhängern, durch einen Putsch die Macht in Bayern an sich zu reißen und mit einem ,,Marsch auf Berlin" eine Nationale Revolution zu initiieren. Sein Demonstrationszug wurde aber mit Waffengewalt vor der Feldherrnhalle in München aufgelöst, wobei insgesamt 21 Menschen zu Tode kamen. Der folgende Prozess gegen die Putschisten machte Hitler deutschlandweit bekannt. (Er bekam fünf Jahre Festungshaft, kam aber nach 9 Monaten wieder frei). Dann begann er die NSDAP zu reorganisieren, um die Macht mit einer neuen scheinbar legalen Taktik zu gewinnen. Die Wahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten 1925: Nach dem Tod des Sozialdemokratischen Friedrich Ebert wurde der ehemalige kaiserliche Feldmarschall Paul von Hindenburg zum Reichspräsidenten gewählt. Diese Wahl war ein Wendepunkt in der Geschichte der Weimarer Republik. Denn die alten konservativen Eliten erlangten damit die zentrale Machtposition der Republik. Die Weltwirtschaftskrise und ihre Folgen für Deutschland: Hohe Verschuldung der deutschen Wirtschaft im Ausland: 5 Nach den Krisen in den Anfangsjahren setzte 1924 eine Phase der relativen Stabilität der Weimarer Republik ein. Problematisch war jedoch, dass ausländische Kredite (v.a. aus den USA) Grundlagen der wirtschaftlichen Prosperität waren. Denn auf dem deutschen Binnenmarkt herrschte wegen der Reparationszahlungen und der Inflation von 1923 ein Kapitalmangel. Banken und staatliche Institution waren deshalb oft kurzfristigen ausländischen Krediten abhängig. Aufgrund der geringen Binnennachfrage musste die deutsche Industrie zudem stark auf Güterexporte setzen. Zudem verschärft sich die Dauerkrise der deutschen Landwirtschaft, die wegen fehlender Modernisierung international wenig konkurrenzfähig, hoch verschuldet und abhängig von Staatshilfen war. Ursachen: Am 25. Oktober 1929, dem sog. Black Friday, platzte an der New Yorker Börse eine Gewaltige Spekulationsblase. Damit fand der wirtschaftliche Boom der Nachkriegszeit ein abruptes Ende. Die US- Banken zogen daraufhin ihre kurzfristigen Kredite aus dem Ausland zurück, eine Schutzzollpolitik sollte Importe in die USA erschweren, um einheimische Unternehmen zu schützen. Beide Maßnahmen sorgten dafür, dass die Krise aus den USA auf die Welt übergriff und zur Weltwirtschaftskrise wurde Psychologische und politische Folgen: Die wirtschaftliche Situation schürt große Existenzängste in der Bevölkerung. Die eigene existentielle Bedrohung führt dazu, dass weitere Bevölkerungsschichten, v.a. die meisten von der Krise betroffen waren, das Vertrauen in das politische System verloren und der demokratischen Weimarer Republik nicht mehr zutrauten politischen Alternativen zur Demokratie suchten. Gerade die Massenarbeitslosigkeit beförderte viele Wähler zu den radikalen Parteien, die der Republik die Schuld an der Situation gaben. Mit zahlreichen Aktionen der rechten und linken radikalen Parteien als Stimmungsmache gegen die Republik schürte die radikalen Parteien die Vorbehalte der Bevölkerung gegen das politische System, es kam zu einer politischen Radikalisierung in der Bevölkerung. Der Handlungsspielraum die der demokratischen Parteien wurden durch enorme Stimmenverluste eingeschränkt. Die Weimarer Republik befand sich in einer Legitimationskrise. Deutscher Sonderweg Vergleicht man die Entwicklung während der Weltwirtschaftskrise in Deutschland mit anderen wesentlichen Industriestaaten zeigen sich deutliche Unterschiede: auch in den USA, Großbritannien und Frankreich führte die Krise zu einer Belastungsprobe für das demokratische System, doch die längere demokratische Tradition und das Vertrauen auf die Werte und Prinzipien der Demokratie wurde in diesen Ländern hochgehalten und nicht aufgegeben. Das Ende der Republik und der Übergang zur Diktatur Mit den Reichstagswahlen von 20.05.1928 wurde die Weimarer Koalition von der Großen Koalition (SPD, DDP, Zentrum/BVP, DVP) unter Reichskanzler Herrmann Müller (SPD) abgelöst. Im Zuge der Weltwirtschaftskrise kam es zu Konjunktureinbrüche und zu einem Anstieg der Arbeitslosigkeit. In diesem Kontext kam es in der Großen Koalition zu einem Disput über die 6 Finanzierung der (gestiegenen) ausgaben für die Arbeitslosenversicherung. In diesem Kontext kam es 1929 zu einer ersten Spaltung zwischen Sozialdemokraten/ Gewerkschaften (SPD) und Bürgertum/Unternehmer (DVP). Durch einen Kompromiss seitens Stresemannes (DVP) wurde dem Disput erst einmal aus dem Weg gegangen, allerdings war dies ein tiefer Einschnitt zwischen den beiden Regierungsparteien. 1930 kam das Thema wieder auf den Verhandlungstisch, die politischen Fronten waren verhärtet, Kompromissvorschläge scheiterten v.a. am Widerstand der SPD, am 27.03.1930 tritt das Kabinett als letzte parlamentarische Mehrheitsregierung der Weimarer Republik zurück. Das Ende der Republik Am 31.07.1932 kam es zu Neuwahlen, die eine weiteren Zugewinn der antidemokratischen Parteien bedeuteten, die NSDAP war nun die stärkste Partei im Reichstag. Die NSDAP sollte nun in die Regierung einbezogen werden, Hitler wollte die Stellung des Reichskanzlers, dies lehnte Hindenburg jedoch ab. Ein Misstrauensantrag seitens der radikalen Parteien gegen die Wirtschaftspolitik von Papens veranlasste Hindenburg ein weiteres Mal zur Auflösung des Reichtages und somit zu Neuwahlen im November 1932. Hier erlitt die NSDAP zwar leichte Verluste, sie blieb aber mit SPD und KPD Massenpartei und bildeten zusammen mit der KPD die Majorität (über 50%). Daher konnte wieder keine regierungsfähige Koalition gebildet werden. Papen, der den Plan entwickelte, das Parlament durch Aussetzung der Verfassung auszuschalten, wurde zunächst von Hindenburg unterstützt, der aber seine Meinung änderte aus Angst vor dem Bürgerkrieg, wurde dann durch den vormaligen Reichswehrminister Kurt von Schleicher ersetzt. Schleicher, der von Beginn an gegen den Plan Papens war, setzte eher auf eine Spaltung der NSDAP und die Einbildung des linken Flügels in die Regierung. Seine Maßnahmen scheiterten allerdings und er musste zurücktreten. Durch die entspanntere politische Lage im Winter 1932/33 (Abnahme der Straßenkämpfe, sinkende Wählerstimmen der NSDAP) zeigte sich die alte Elite kompromissbereit und Hindenburg ernannte Hitler am 30. Januar 1933 zum Reichskanzler. Hitler wurde mit 8 konservativen Ministern eingerahmt und sollte so gezähmt werden. Diese Überlegung Hindenburgs sollte sich aber bald als Trugschluss erweisen, da Hitler innerhalb der nächsten Monate seine nationalistische Diktatur erreichen sollte. Gründe für das Scheitern der Weimarer Republik: Alte Eliten: ● Konservative, antidemokratische Einstellung Autoritäre Herrschaftsform als Ziel Hindenburgs und seine Berater ● Versailler Vertrag: Wirkung von Dolchstoßlegende und Kriegsunschuldlegende ● Ansehensverlust der Demokratie wegen ,,Schandfrieden" und wirtschaftliche Belastungen Verfassung: Strikt demokratisches Prinzip ● Einfaches Misstrauensvotum Starke Stellung des Reichspräsidenten ● ● 7 ● ● NSDAP Geschick Hitlers: Legalitätskurs Bündnis mit der DNVP (,,Harzburger Front") Unterstützung durch die Industrie NSDAP Terror: ● Massive Propaganda und Agitation Straßenschlachten, Einschüchterungen der Gegner Linksextremismus KPD: • Spaltung der Arbeiterbewegung Parlamentarische Blockade und gewalttätige Straßenschlachten Wirtschaftskrise: ● Arbeitslosigkeit und Massenelend ● Radikalisierung der Bevölkerung: Ablehnung der Demokratie Wertekontinuität: Obrigkeitsstaatliche Denkmuster der Bevölkerung ● Nationalismus, Antimarxismus, Antimodernismus, Antisemitismus Stellung des jüdischen Bevölkerungsanteils in der deutschen Gesellschaft seit dem ersten Weltkrieg Im ersten Weltkrieg Juden hatten sich schon im Vorfeld mit der Weimarer Republik assimiliert (angepasst) und als Deutsche im ersten Weltkrieg für Deutschland gekämpft, in dem sie sich 1914 zur ,,Verteidigung des deutschen Vaterlandes" bekannten, dies tat die jüdische Bevölkerung aus Patriotismus: 96000 jüdische Soldaten kämpften im ersten Weltkrieg, 12000 verloren ihr Leben, 35000 wurden mit Orden ausgezeichnet. Trotzdem nahm der seit 1871 aufgekeimte Antisemitismus weiter zu, man unterstellte ihnen, dass sie sich am Krieg bereicherten und ,,Wucher" betrieben. Vor allem der im Militär verbreitete Antisemitismus zeigte sich 1916, als das Kriegsministerium eine ,,Judenzahlung" im Militär anordnete. Dies löste bei der jüdischen Bevölkerung, die sich als vollwertige Deutsche sahen, Verbitterung aus. Weimarer Republik Während der Weimarer Republik waren die deutschen Juden auf dem Höhepunkt ihrer Assimilation (Verschmelzung, Angleichung). Zum ,,Geist von Weimar" (1923-1929, eine Zeit mit vielen wissenschaftlichen Innovationen) trugen die deutschen Juden in erheblichem Maß bei (Freud, Einstein, Kafka u.a.), dies lag v.a. am hohen jüdischen Bildungsideal. Aufgrund der Vergangenheit waren viele Juden im Handel und Geldverleih tätig: dies kam ihnen im Zuge des deutschen Wirtschaftsaufschwungs und dem deutschen Einstieg in die Weltwirtschaft zugute, sie etablieren sich als selbstständige Ladenbesitzer, Fabrikanten, Exporteure etc... Die Entstehung von modernen Warenhäusern ist mit jüdischen Namen verbunden, z.B. Titz (Hertie), Wertheim (Arcandor) etc... Aus historischen Gründen hatte die jüdischen Deutschen: kleine Oberschicht, geringes ostjüdisches Proletariat, breites Bürgertum. Die Tatsache, dass überproportional viele Juden im Handel, aber unterproportional wenige Juden in der Industrie beschäftigt waren, schürte den Antisemitismus und sollte als Beweis 8 dienen, dass Juden sich vor,,harter Arbeit" scheuten. Ab dem ersten Weltkrieg häuften sich in Deutschland antisemitische Aktivitäten: es wurde behauptet sie hätten sich vor dem Frontdienst gedrückt, hätten sich als ,,Kriegsgewinner" am Krieg bereichert und wären sogar an der deutschen Niederlage schuld. Außerdem unterstellte man ihnen, dass sie mit der radikalen politischen Linken, also den Kommunisten, sympathisierten: sie waren die Sündenböcke der Nation! Tatsächlich gehörte die Mehrheit der jüdischen Bevölkerung zu den überzeugten Anhängern der Weimarer Republik, die ihnen die vollständige rechtliche Gleichstellung gewährleistete. Demokratisches und linkspolitisches Gedankengut wurde deshalb von der antisemitischen Propaganda auf völkische Rassengedanken der Nachkriegszeit. Neben der politischen Ausgrenzung gab es auch eine kulturelle: jüdische Leistungen wurden als ,,undeutsch" deklariert und somit ausgegrenzt. Ab den 1920er Jahren fand ein sog. ,,Radauantisemitismus" statt in Form von körperlichen Angriffen, M handlungen und Todschlag, ab 1930 häuften sich diese Übergriffe. Die DDP (Deutsche Demokratische Partei) war die einzige Partei, die dem Antisemitismus entgegentrat, da unter ihren Wählern auch viele Juden waren: sie wurden als ,,Judenpartei" degradiert. Ideal der Volksgemeinschaft und praktizierte Lebenswirklichkeit Ursprung des Begriffs ,,Volksgemeinschaft" Die Volksgemeinschaft" gewann v.a. in der politischen Sprache des Kaiserreichs an Bedeutung: die deutsche Nation wurde als einheitliche ethnische Abstammungsgemeinschaft dargestellt, deren Wurzeln bis zu den Germanen zurückreichen. Diese Anschauung einer eingeschworenen Gemeinschaft, die alle Klassen- und Interessenskonflikte überwindet, entwickelte v.a. im Ersten Weltkrieg ihre besondere Bedeutung: der ,,Geist von 1914", der alle Grenzen überwindet und noch Deutsche kennt, sollte den Durchhaltewillen der Bevölkerung stärken. Begriff ,,Volksgemeinschaft" in der Weimarer Republik In der Weimarer Republik war der Begriff der ,,Volksgemeinschaft" ebenfalls wichtig. Alle Parteien versicherten, die Einheit und Geschlossenheit des Volkes zu fördern, wobei die Parteien natürlich verschiedene Definitionen von ,,Volk" zugrunde legten. Während die Sozialdemokraten als Volk die Solidargemeinschaft der arbeitenden Gemeinschaft. Sie beschäftigten sich eher mit der Frage, wer nicht zu diesem ,,Volk" gehörte (nämlich v.a. die Juden) Begriff ,,Volksgemeinschaft" der NS- Ideologie Die Nationalisten entwickelten als Gegenmodell zur pluralistischen Demokratie der WR und marxistisch orientierten Gesellschaftskonzepten das Konzept der ,,Volksgemeinschaft" v.a. als Gesinnungsgemeinschaft. Damit wollten sie an den völkischen Gemeinschaftsgedanken des 19. Jhrds. (Nationalismus) und die idealisierte Frontengemeinschaft des Ersten Weltkrieges anknüpfen. Die Volksgemeinschaft" sollte die Lösung aller politischer, sozialer und ökonomischer Probleme der WR sein mit einer Einheit aller deutschen Volksgenossen. Dazu sollten Volk und Staat homogenisiert werden und das Volk als Rassenzugehörigkeit eine homogene Gesellschaftsordnung darstellen. Die Volksgemeinschaft zeichnete sich besonders durch die Ausgrenzung ethnisch Fremder (Juden, Sinti, Roma, etc...) und Andersdenkender (Homosexuelle, Asoziale, Regimegegner, etc...) aus. Im Umkehrschluss gehörte zur Volksgemeinschaft nur, wer ,,arisch" war und sich der nationalistischen Weltanschauung verpflichtete. Die Volksgemeinschaft war streng 9 hierarchisch strukturiert und nach dem Führerprinzip" (,,Führerwille als höchste Gut") aufgebaut: Gleichzeitig von Einzelschicksal und Nation, von Individuum und Volk, d.h. Wohl des Einzelnen Wohl des Staates, keine Selbstbestimmung, Interessen gegen den Staat waren ausgeschlossen. Das Ideal der Volksgemeinschaft spielte v.a. bei der Etablierung der NS- Herrschaftssysteme eine wichtige Rolle: die Volksgemeinschaft sollte bedingungslos die Befehle des Führers ausführen. Die Volksgemeinschaft wurde bei jeder Gelegenheit (Gedenktage, Feiertage, etc...) gefeiert. Diese Massenveranstaltungen sollte die Volksgemeinschaft zusammenschweißen und wurde dazu benutzt den Menschen die Ideologie zu verinnerlichen. Um das totalitäre System zu stürzen, brauchte es Massenorganisationen, in denen die Menschen kontrolliert und propagandistisch beeinflusst wurden. Als Ersatz zu den verbotenen Gewerkschaften gab es die DAF (Deutsche Arbeitsfront): sie sollte alle Arbeiter erfassen. Als Freizeitorganisation gab es die KdF (Kraft durch Freunde), die durch diverse Unterhaltungsprogramme, die Menschen organisierte und dabei politische kontrollierte. Eine geschickte Wohlfahrts- und Familienpolitik sollte Solidarität vermitteln. In der Realität blieben die Klassengesetzte erhalten, doch das Bedürfnis nach Zusammenhalt schaffte eine breite Identifikationsbereitschaft. Wer sich den Vorgaben und Werte anpasste, konnte im Dritten Reich angenehm leben. Rassismus Der Rassismus war einer der Grundpfeiler der NS-Ideologie und wurde auch als ,,Rassenkunde" unterrichtet. Rassistische Denken beruht auf der Annahme, dass biologische Merkmale das gesamte menschliche und somit auch politisch- gesellschaftliche Verhalten bestimmen. Außerdem unterstellt der Rassismus, dass es höhere- und minderwertige Rassen gibt. Rassismus entwickelte sich schon im späten 19. Jhd. Aus der Lehre der ,,Rassenhygiene". Dieser lag der Gedanke zugrunde, dass biologische Erkenntnisse über das Wesen des Menschen gesellschaftliche Prozesse beeinflussen könnten. Dies bedeutete, dass „schlechte Erbanlagen" eine Bedrohung für die Volksgemeinschaft waren und somit dessen Weiterentwicklung gefährden konnten. Die Rassenhygiene war unter den Wissenschaftlern vor 1933 weit verbreitet. Diese Wissenschaftler stellten dann auch nach 1933 die Expertenstäbe für die nationalistische Vernichtungspolitik. Führerkult Die NS-Propaganda zielte auf ein ganz bestimmtes Bild ab: Hitler war der vom Schicksal gesandte Führer und Retter der Deutschen, der die in die bessere Zukunft des heilbringende ,,Dritten Reichs" führen wird (Zitat Hitler, 1936: ,,Das ist das Wunder dieser Zeit, dass ihr mich gefunden habt (...) unter so vielen Millionen! (...)). Die Begeisterung für Hitler in der Bevölkerung wurde von der NS-Propaganda zu einer kulthaften Verehrung gesteigert. Einerseits war er der Messias, der allen Aufgaben gewachsen war, andererseits war er ein Mann aus dem Volk. Adolf Hitler war das Gesicht des Nationalismus und der NSDAP. Ihm verdankte sie ihren Aufstieg von einer kleinen Splitterpartei zur Regierungspartei. Das Führerprinzip verlangte die bedingungslose Unterwerfung des Individuums unter die Staats- und Parteiziele. Opposition gab es nicht. Gewaltenteilung war nicht mehr vorhanden, der Führer hatte die oberste Exekutive, Legislative und Judikative in sich vereint, er brauchte keine Legitimation und verlangte blinde Gehorsam. Der Führerkult und die Ideologie der Volksgemeinschaft ergänzten sich. Propaganda Abgesehen von dem Mitteln der Gewalt, das die NS-Herrschaft häufig einsetzte, um ihre Ziele zu verfolgen, gab es noch ein anderes Mittel, um sich die Massen gefügig zu machen: die 10 Verführung. Durch glanzvolle Feierlichkeiten und Inszenierungen wurden Anhängerin ihrer Meinung bestärkt und Skeptiker in den Bann gezogen. Wurde die Propaganda bis 1920 v.a. für Wirtschaftswerbung genutzt, nutzen die Nationalisten sie gezielt um die die öffentliche Meinung gezielt zu beeinflussen: es gab effektvolle Großkundgebungen, eine immer präsente Führergestalt, ein aggressiver Wahlkampf, viele Wahlplakate und eine aufwändige Parteipresse. Psychologisch hoch effektiv bemächtigten Hitlers und Goebbels (Propagandaminister) einfacher Mechanismen: wenige einprägsame Merksprüche, reklameatiger Parolen, eingängige Symbole, einfaches Freud-Feind-Bild und signifikante Sprache und Stilistik. Die deutsche Bevölkerung war nach der Machtübernahme dieser NS- Propaganda permanent über Plakate, Presse, Rundfunk und Filme ausgesetzt. Gemeinschaftsleben Das Wesen der Volks meinschaft gliederte sich einerseits in die Ausgrenzung der Gemeinschaftsfremde, andererseits in die Einheit der Gemeinschaft: die deutsche Bevölkerung sollte diese Einheit spüren und feiern. Für die Nationalsozialisten war die Erziehung zur Volksgemeinschaft (also weg vom Individuum und hin zur Personalverband) eine zentrale Aufgabe. Um nachhaltig zu bleiben, war v.a. die Erziehung der Jugend im besonderen Fokus: in der Schule wurde sie mit der NS-Ideologie indoktriniert, in ihrer Freizeit durch Lagerleben und Erlebnisreisen der NS-Jugendorganisationen BDM und HJ an die Gemeinschaft gebunden. Um auch die Anhänger der verbotenen Arbeiterparteien und Gewerkschaften für sich zu gewinnen, gab es die NS-Organisation KdF (Kraft durch Freunde): deren Freizeitangebot reichte von Konzerten, über Ausflüge bis hin zu günstigen Urlaubsreisen. Ideologie und Wirklichkeit Auch wenn die Nationalisten sicher nicht die gesamte deutsche Bevölkerung für sich begeistern konnte, so konnte sie doch sicher zumindest bis 1939 weitere Teile der Bevölkerung positiv für sich stimmen: der wirtschaftliche Aufschwung, der Abbau der Arbeitslosigkeit, die wachsenden Konsummöglichkeiten (z.B. Volksempfänger), die gefühlte soziale Gleichheit und die außenpolitische erfolge wurden dem NS- Regime und dem Führer zugeschrieben und stärkten somit die Loyalität der deutschen Bevölkerung. Auch wenn die Deutschen 1939 alle andere als kriegsbereit waren, steigerte sich ihre Kriegsbegeisterung durch viele erfolge bis 1940. Erst die Niederlage in Stalingrad 1943 brachte der deutschen Bevölkerung die Ernüchterung, aber auch hier fand bis zum Schluss kein Aufbegehren gegen das Regime statt. Der Nationalistische Antisemitismus und seine traditionellen Wurzeln Bis spät ins 19. Jhd. Gab es den ,,Antijudaismus", der v.a. religiös und ökonomisch begründet war. Ab Ende des 19. Jh. Kam die moderne Form des ,,Antisemitismus" auf, der nun vordergründig rassisch begründet war: aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse (Darwin) verband man alte Vorurteile über Aussehen und Charaktereigenschaften mit den Juden als ,,Rasse". Der moderne Antisemitismus sah die Juden nicht einfach mehr als Fremde, sondern als rheit, die außerhalb des Nationalstaats standen. Die Nationalsozialisten griffen das Schema des modernen Antisemitismus auf und verfeinerten es: die Juden waren ,,Nicht- Arier" und somit eine Gefahr und aktive Bedrohung für die ,,Herrenrasse". In der NS- Ideologie waren Juden eine ,,Gegenrasse" die vernichtet werden musste, um die reine deutsche Blutgemeinschaft" zu schützen. Das eigentliche Neue an der NS-Ideologie war also 11 nicht der Antisemitismus selbst (den gab es schon seit dem Kaiserreich), sondern der ,,Vernichtungsgedanke". Mit der Machtergreifung 1933 wurde der Antisemitismus Staatsdoktorin, die Nationalisten versuchten ab da aktiv die Juden auszuschalten. Phasen der jüdischen Verfolgung Das Vorgehen der Nationalsozialisten gegen die Juden kann in der Zeit von 1933 bis 1945 in viel Phasen eigeteilt werden: 1. Phase: 1933-1935 Kurz nach der Machtergreifung begann die erste Phase der Judenverfolgung mit ersten antisemitischen Ausschreitungen (Plünderungen, körperliche Gewalt). Erste Gesetze (z. B. Gesetze (z. B. Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933) schlossen Juden von diversen beruflichen Tätigkeiten aus. Ehemalige Frontsoldaten wurden von dieser Regelung noch ausgeschlossen. Der erste wirtschaftliche Akt war im April 1933 ein Aufruf zum Boykott jüdischer Geschäfte (dieser wurde aufgrund heftiger Reaktionen aus dem Ausland und einer befürchteten wirtschaftlichen Reaktion wieder aufgehoben). In der Bevölkerung wurde dieser Boykottaufruf weitestehend ignoriert oder führte sogar zu Trotzreaktionen. Die erste Phase war noch nicht organisiert und definierte sich eher durch spontane Akte einzelner Nationalisten aus SA und SS. 2. Phase: 1935-1938 Mit den ,,Nürnberger Gesetzen" begann ab September 1935 die zweite Phase der Judenverfolgung. Mit diesen Gesetzen wurde die deutschen Staatsbürger in zwei Gruppen geteilt: einerseits die arischen Reichsbürger mit allen politischen Rechten. Juden hatten als Nicht- Arier weniger Rechte, die im Laufe der Zeit immer mehr beschnitten wurde und Verbote, die sich immer mehr summierten und bei deren Nichtbeachten sie sofort bestraft wurden. Die Juden wurden in den folgenden Jahren per Gesetz nach und nach fast vollkommen aus dem öffentlicheren und gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen. In dieser zweiten Phase wurden also vorläufig mit rechtlichen Mitteln versucht die Juden aus Deutschland zu vertreiben. 3. Phase 1938-1941 Mit der Reichspogromjacht in der Nacht vom 9. Auf den 10. November 1938 begann die dritte Phase der Judenverfolgung und mit ihr begannen die Gewalttaten gegen die Juden. Anlass des Pogroms war die Ermordung eines deutschen Diplomaten in Paris durch den jungen deutsch-polnischen Juden Herschel Gynszpan, der damit gegen die Abschiebung seiner Eltern ins Hinterland protestiert hatte. Dieser Akt eines Einzeltäters bereitete die Nationalsozialisten propagandistisch auf und organisierten eine ,,spontane Reaktion des deutschen Volkes". In der Reichspogromnacht wurde daraufhin von Nationalisten jüdische Geschäfte, Büros und Wohnungen zerstört und teilweise in Brand gesteckt. Die Gewalt machte auch vor Menschen kein Halt. 20000 vermögende Juden wurden verhaftet und in KZ eingeliefert. Als weitere Schmach wurden den Juden die Schuld für die Pogrome gegeben und sie wurden zu einer „Sühneleistung" von 1 Mrd. Reichsmark verurteilt. Der reichsweite Pogrom zielte nicht mehr allein auf die Diskriminierung der Juden, sondern auf deren Vertreibung und die Auslöschung jüdischer Kultur in Deutschland. Nach den 12 Pogromen fand wieder eine Welle von Gesetzgebungen statt, die die Juden weiter entrechtete: Zwangsarisierung der jüdischen Unternehmen, Aberkennung der Kassenzulassungen von jüdischen Ärzten, Zwang des jüdischen Namenszusatzes (,,Israel"/"Sara") in Pässen, Ausschluss von Schulen und Hochschulen, Führerscheinentzug, etc... An der Front selbst kann es aber mittlerweile oft zu Übergriffen auf Juden, die in Massenerschießungen durch die SS endeten. 4. Phasen: 1941-1945 In der vierten Phase fand dann letztlich der Holocaust, also der Völkermord an den Juden, statt. Ab September 1941 mussten alle Juden den Judenstern öffentlich sichtbar an der Kleidung tragen, ab Oktober erging ein auswanderungsverbot der deutschen Juden. Der Genozid begann ab Herbst 1941 mit der Deportation von Juden aus dem deutschen Reich in Ghettos und Konzentrationslager im Osten. Mit der ,,Endlösung der Judenfrage", die am 20. Januar 1942 auf der Wahnseekonferenz beschlossen wurde und von Reinhard Heydrich koordiniert wurde, begann die systematische Vernichtung der europäischen Juden. Man beschloss die Juden als Arbeitskräfte auszubeuten und dann zu ermorden. In fast allen deutschen besetzten Gebieten wurden die ansässigen Juden zusammengetrieben und entweder vor Ort getötet oder in die Konzentrations- und Vernichtungslager abtransportiert. Das Ergebnis den Holocaust waren vier bis sechs Millionen Juden, die an den Folgen dieser Vernichtungspolitik (Vergasung, Erschließung, Med. Versuche, etc...) gestorben sind. Emigration Bis 1941 verließen ca.3/5 (ca. 280000) der deutschen Juden Deutschland. Die anderen wurden von den harten Auswanderungsbestimmungen (Verlust von Besitz und Vermögen) abgeschreckt und hoffen bis zuletzt auf eine Wende in Deutschland. Hauptaufnahmeländer waren die westeuropäischen Nachbarländer, das britische Mandatsgebiet ,,Palästina" und v.a. die USA. Weitere Opfer des NS- Rassismus Der NS- Rassismus zielte natürlich nicht nur auf Juden, sondern auf alle anderen ,,rassisch minderwertigen" Gruppierungen ab: Homosexuelle, asoziale, Kriminelle, Sinti und Roma, Afrodeutsch, alle slawischen Volksgruppen und Behinderte ab. Eine der ersten Maßnahmen des Regimes richtete sich gegen die Behinderte auf ihre Arbeitstauglichkeit untersucht, und bei negativem Ergebnis in Vernichtungsanstalten ermordet. Auf größerem Widerstand v.a. bei Kirchenvertretern hin, wurden die Euthanasieprogramme 1941 offiziell eingestellt. Sinti und Roma wurden als Zigeuner wie die Juden zunächst entrechtet, dann deportieret und schließlich getötet. Erklärung für den Holocaust Der Holocaust lässt sich nur erklären, wenn man die verschiedenen Faktoren einzeln betrachtet und dann im Hinblick auf die damalige Situation zusammenfügt. adik Antisemitismus als ideologisches Fundament Deutsche Umvolkungspläne als organisatorischer Zwang Fehlender Widerstand in der deutschen Bevölkerung Bereicherung des Staates und Einzelner ● ● ● 13 Öffentliche Wahrnehmung der Judenverfolgung und Beteiligung der Bevölkerung Enorm umstritten war nach dem Ende des 2. Weltkriegs das Wissen bzw. die Beteiligung der deutschen Zivilbevölkerung am Holocaust. Die häufigste Aussage war: ,,Das wussten wir nicht!" Dieser ,,kollektiven Ahnungslosigkeit" kann man nicht glauben, da sowohl Verfolgungen bis hin zu den Deportationen in der deutschen Öffentlichkeit stattfanden. In den Hitlerreden ist oft von „Ausrottung" die Rede und auch von deutschen Soldaten und von außen konnten Informationen ins Deutsche Reich gelangen, die dann von Regimegegner (Weisse Rose) auch verbreitet wurden. Wer sich also informieren wollte, konnte sich relativ schnell und einfach ein Bild von der gewaltsamen Verfolgung bzw. Vernichtung der Juden machen. Die ,,Ahnungslo gkeit" kann also nicht in einer unmöglichen Informationsbeschaffung begründet sein, sondern ist v.a. auf Mangelndes Interesse zurückzuführen: die Volksgemeinschaft verdrängte die offensichtlichen Fakten, sie wollten nichts wissen! Davon ausgehend, dass die Deutschen von 1933 grundsätzlich nicht antisemitischer waren als die Menschen in anderen europäischen Ländern (z.B. Russland), muss also hinterfragt werden, wie es zu dieser ,,Duldung" des Holocaust kommen konnte. Um dieses Phänomen zu erklären, bieten sich folgende Ansätze an: ● ● Vorhandensein einer kleinen, aber soliden und aktionsbereiten Gruppen radikaler Antisemiten Volkswirtschaftlichen, politischen und militärischen Erfolge des Regimes förderten die Solidarität zu diesem, gleichzeitig schwindet die Solidarität mit den ,,Regimegegnern" Nutzung der Entrechtung und Enteignung der Juden Die frühe Bundesrepublik - Erfolg der Demokratie durch ,,Wohlstand für alle"? Probleme und Chancen des Neubeginns Lehre aus der Vergangenheit Im Gegensatz zur Weimarer Republik, der ersten deutschen Demokratie zwischen den beiden Weltkriegen, ist die Bundesregierung nicht gescheitert. Diverse Schwächen der Weimarer Verfassung, die letztlich zur Machtübernahme der Nationalisten führten, wurde im Grundgesetz, das am 23. Mai 1949 verkündet wurde, verbessert: Die Grundsituation war nach dem ersten Weltkrieg anders als nach dem zweiten Weltkrieg: Deutschland war völlig besiegt, die Alliierten besetzten das gesamte Land und Deutschland musste bedingungslos kapitulieren; die Deutschen mussten fliehen, waren ausgebombt, mussten ums Überleben kämpfen: es gab keine Führungspersönlichkeit, der man hinterher traute (wie damals dem Kaiser); die Deutschen waren schockiert über das Ausmaß ,,ihrer" Verbrechen und hatten Angst als Vergeltungsmaßnahmen. 1948 wurde von der Sechs-Mächte-Konferenz aus den drei westlichen Besatzungszonen ein neuer Staat gegründet: der Parlamentarische Rar dieser neuen Bundesrepublik Deutschland zog die Konsequenzen aus den Fehlern und dem Scheitern der Weimarer Republik und sollte 14 eine Verfassung schaffen, die eine erneute Zerstörung der Demokratie unmöglich machen und sie vor inneren Feinden von rechts und links schützen würden (,,antitotalitärer Geist" des Grundgesetzes). Entstehung des Grundgesetzes Die alliierten Militärgouverneure der Westmächte beauftragten am 1. Juli 1948 die Ministerpräsidenten ihrer Länder einer verfassungsgebenden Versammlung einzuberufen. Dieser Auftrag wurde in den ,,Frankfurter Dokumenten" konkretisiert, die eine demokratische Verfassung mit ausgeprägtem Föderalismus verlangten. Der Parlamentarische Rat, der vom September 1948 bis Mai 1949 tagte, arbeitete das Grundgesetz aus. Zum Präsidenten wählte der Parlamentarische Rat den CDU- Politiker Konrad Adenauer aus. Am 8. Mai 1949 (vier Jahre nach der Kapitulation) wurde das Grundgesetz vom Parlamentarischen Rat mit 53 zu 12 Stimmen verabschiedet. Die Millitärgouverneure genehmigten das Grundg etz, behielten sich aber die Zuständigkeit für Westberlin. Am 23. Mai 1949 wurde das Grundgesetz verabschiedet, zur provisorischen Bundeshauptstatt wurde Bonn. Neuregelung im Grundgesetz: Menschen- und Bürgerrechte, Gleichberechtigung und Gleichstellung der Geschlechter wurden gesetzlich verankert ● Grundrechtsartikel (Artikel 1-19) sind in ihrem Wesen unantastbar Verhältniswahlrecht wurde abgeschafft und die 5%- Klausel eingeführt ● Stärkung des föderalen Systems: Bundesrat, als Vertreter der Länder, besitzt wichtiges Mitsprache- und Vetorecht gegenüber dem Bundestag • Stellung des Bundespräsidenten wurde geschwächt: er wurde nicht mehr vom Volk, sondern von der Bundesversammlung gewählt, der Bundespräsident hat in der Bundesrepublik nur repräsentative Funktion ● Artikel 48 (,,Notverordnungsparagraph") wurde gestrichen ● ● Bundeskanzler wurde gestärkt: unabhängig vom Bundespräsidenten, konstruktives Misstrauensvotum (Bundestag kann Kanzler nur dann stürzen, wenn mit der Mehrheit seiner Stimmen ein Nachfolger gewählt wird) ersetzt das destruktive Misstrauensvotum der WR Verzicht auf Volksentscheide ● Einführung des Bundesverfassungsgerichts als höchste Gerichtsbarkeit und Hüter der Verfassung Bundesrepublik ist streitbare bzw. wehrhafte Demokratie (Staat kann mit diversen Mitteln geschützt werden) Auseinandersetzung mit NS-Vergangenheit Größte Herausforderung der jungen Bundesrepublik war der Umgang mit dem nationalsozialistischen Erbe. Die Bevölkerungsmehrheit verhielt sich mit dem NS- Regime loyal und die Verbrechen konnten nur mit Unterstützung von Militär, Justiz, Verwaltung, Polizei und Wirtschaft begangen worden sein. Daher sahen sich sowohl die alliierten der Besatzungszeit (1945-1949) als auch die neue Regierung der BRD einer Bevölkerungsmehrheit gegenüber, die nationalsozialistisch geprägt waren und wenig Demokratie kannten. Des Weiteren gab es noch die Täter und die „willigen Helfer", die in den Kriegsverbrecherprozessen nur teilweise zur Rechenschaft gezogen wurden. Der wohl wichtigste Aspekt des Scheiterns der WR war aber die Tatsache, dass es sich um eine „Demokratie ohne Demokraten" handelte. Aber auch nach der Herrschaft 15 der Nationalsozialisten stand diese Tatsache im Raum: es musste geschafft werden, die Deutschen, die von der nationalsozialistischen Ideologie geprägt waren, zu ,,demokratiefähigen" Bürgern zu ,,erziehen". Entnazifizierung und Umerziehung In den ersten Nachkriegsjahren lag die Abrechnung mit der NS-Diktatur noch bei den Siegermächten, die dem oberste Priorität einräumten. Folgende Maßnahmen wurden getroffen, um die Entnazifizierung voranzutreiben: Auflösung der NSDAP und Verhaftung führender Funktionäre Aufzeigen der Verbrechen und Haupttäter in den Nürnberger Prozessen (November 1945 bis Oktober 1946): Hinrichtung der Hauptkriegsverbrecher • Nürnberger Nachfolgeprozesse bis 1949 ● ● Spruchkammerverfahren und Einstufung in fünf Kategorien (ab 1946): Hauptschuldige, Belastete, Minderbelastete, Mitläufer, Entlastete mit diversen Strafen (teilweise sehr unfair, da Mitläufer in frühen Verfahren härter bestraft wurden als Hauptschuldige in späteren Verfahren) • „Reeducation" (zwangsweise Besichtigung der KZ) ● „Reorientierung" v.a. der jüngeren Generation in Kultur, Medien und Bildung Aussöhnung mit Israel und Wiedergutmachung Entlassungen von NSDAP-Mitgliedern aus schulen, Verwaltung, Justiz etc... „politische Säuberung" der Bevölkerung mittels Fragebogen ● Umgang mit der Entnazifizierung in der BRD Nach dem ersten Schock lehnten viele Deutsche ab den späten 1940er Jahren die politischen Säuberungen ab: sie verlangten nach einem Schlussstrich. Die Regierung der BRD entschied sich nach 1949 für eine besondere Form der Vergangenheitspolitik: Die Mehrheit der ehemaligen NS-Angehörigen wurden rehabilitiert und in die neue Demokratie eingegliedert. Damit sollte ihre Loyalität gesichert, ein mögliches politisches Unruhepotential entschärft und ihr Fachwissen zum Wiederaufbau genutzt werden. 1949 verabschiedete der Bundestag das (erste) Straffreiheitsgesetz, das alle vor dem 15. September 1949 begangenen Straftaten amnestierte, die mit einem halben Jahr Gefängnis oder einem Jahr Bewährung geahndet wurden. 1950 wurden Richtlinien zum Abschluss der Entnazifizierung verabschiedet. 1951 wurden fast alle Beamte (Richter, Staatsanwälte, Ärzte, etc...) und Berufssoldaten aufgrund des Grundgesetzartikels 131 (131er-Gesetz") in den öffentlichen Dienst wiedereingestellt, die 1945 von den Alliierten aufgrund ihrer nachgewiesenen NS-Vergangenheit entfernt worden waren. 1954 wurde das zweite Straffreiheitsgesetz verabschiedet, das alle amnestierte, die sich in der Zeit des „Zusammenbruchs" (Oktober 1944 - Juli 1945) in Ausübung ihrer Amtspflicht etwas zu Schulden kommen lassen hatten und deshalb mit bis zu drei Jahren bestraft worden waren. Bewertung dieses Vorgehens: Auch wenn man das Verhalten der BRD, nachgewiesene NS-Anhänger in das neue politische System zu integrieren als fraglich darstellen kann, muss die Effektivität dieser Maßnahmen beachtet werden: Täter, Mitläufer und Belastete erhielten eine zweite Chance und konnten sich in das demokratische System integrieren. Ihr Fachwissen half der jungen BRD bürokratisch und wirtschaftlich effizient zu handeln. Auch wenn eine ehemalige NS-Führungselite die neue Demokratie wesentlich mitgestaltete, wurde sie doch wesentlich immer durch eine demokratische Führungsschicht demokratischer Politiker (aus der Weimarer Republik) kontrolliert. Einen Generationenwechsel gab es erst in den 1970er Jahren. 16 Diskussion um Widerstandskämpfer Die deutsche Bevölkerung ging eher pragmatisch mit ihrer Vergangenheit um: sie waren beschäftigt mit dem Wiederaufbau ihres Lebens, der Suche nach Angehörigen und dem Wiederaufbau Deutschlands. Nach dem ersten Schock und der teilweise erzwungenen Auseinandersetzung mit den Taten des NS-Regimes, setzte eine Phase des Verschweigens ein. Das Verschweigen betraf einerseits die Gräuel des Regimes und die eigene Schuld, andererseits aber auch den Widerstand gegen das Regime. Vor allem das Attentat von Stauffenberg wurde zunächst nicht als positiv beurteilt. Stauffenberg wurde als Verräter gesehen, der im letzten Moment noch seine eigene Haut hätte retten und mit seinen Mitverschwörern die Macht an sich hätte reißen wollen. Erst spät (in den 1950er Jahren) setzte sich einen neue Bewertung der Widerstandskämpfer durch, v.a. gefördert durch den Bundespräsidenten Theodor Heuss, der die Widerstandskämpfer und ihre Taten aufwertete. Aussöhnung mit Israel Die Vergangenheitspolitik der BRD wurde von einer umfassenden Wiedergutmachungspolitik gegenüber den jüdischen NS-Opfern begleitet. Konrad Adenauer bemühte sich schon früh um eine Aussöhnung mit Israel. Der 1948 gegründete Staat Israel sah sich als Erbe der getöteten Juden und wollte das erbeutete Eigentum der getöteten Juden ersetzt bekommen. Im September 1952 verpflichtete sich Deutschland im Luxemburger Abkommen gegen über Israel und der „Coference on Jewish Material Claims Against Germany" (die britische und US-amerikanische Opfer vertrat) zu einer Zahlung von 3,45 Mrd. DM in mehreren Raten. In der deutschen Bevölkerung stieß dieser Beschluss auf mehrheitliche Ablehnung. In Israel wurde dieses Abkommen moralisch heiß diskutiert, da man das Aufrechnen der Ermordeten als verwerflich empfand. Österreich und die DDR lehnten Wiedergutmachungszahlungen grundsätzlich ab, da sie sich nicht als Nachfolger des Deutschen Reichs sahen. Insgesamt hat die BRD bis 2012 auf dem Gebiet der Entschädigung für NS-Unrecht ca. 70 Mrd. Euro bisher gezahlt. (Zahlen von: http://www.auswaertiges- amt.de/DE/Aussenpolitik/InternatRecht/Entschaedigung_node.html) 5.2 Westorientierung im Zeichen des Kalten Krieges Besatzungszeit Deutschland musste am Ende des 2. Weltkrieges im Mai 1945 bedingungslos kapitulieren. Die Siegermächte teilten das Gebiet des deutschen Reichs in vier Besatzungszonen und die Hauptstadt Berlin in vier Sektoren auf. Die Besatzer erklärten ihr Hoheitsrecht und gründeten den Alliierten Kontrollrat für die Regierungs- und Verwaltungstätigkeiten. Dieser setzte sich aus den Oberbefehlshabern der vier Siegermächte zusammen. Im Juni 1945 wurde die UNO (United Nations Organization) gegründet, die UNO wurzelt auf dem Völkerbund, der nach dem Ersten Weltkrieg in den Haager Friedenskonferenzen gegründet wurde, Ziel war die Wahrung des Weltfriedens (zu Beginn mit 51 Staaten, darunter SU und USA). Schon die Verhandlungen im Juli/August 1945 auf der Potsdamer Konferenz zur Lösung der Probleme des Nachkriegseuropas zeigten sich grundsätzliche Meinungsverschiedenheiten und diese führten dazu, dass die Alliierten in ihren Besatzungszonen autonom agierten. Ab 1946/47 kam es zu immer größeren 17 Spannungen und die Westzonen und die Sowjetische Besatzungszone (SBZ) drifteten weiter auseinander. 1948 trat die UdSSR aus dem Alliierten Kontrollrat aus und die Westmächte vollendeten ihren eigenen Wiederaufbau, der dann 1949 in die Gründung der BRD mündete. Der Kalte Krieg Im Kontext des Zweiten Weltkriegs stellten die liberal-demokratische USA und die kommunistische Sowjetunion ihre ideologischen Interessensgegensätze zurück und agierten zusammen in der Anti-Hitler-Koalition. Nach der Niederlage Deutschlands bauten die USA und die Sowjetunion ihre weltpolitische Stellung wieder aus. Beide Staaten erklärten zwar noch 1945 ihre Kooperation, doch innerhalb der kommenden Jahre entwickelte sich daraus immer mehr eine Konfrontation der unterschiedlichen Ideologien, was zu einer Abgrenzung der beiden Supermächte und deren Machtblöcken führte. Stalin errichtete in den sowjetisch besetzten Gebieten Satellitenstaaten und somit einen „Eisernen Vorhang" gegen die „Kapitalistische Welt". Truman sah darin weniger ein Sicherheitsbestreben sondern vielmehr eine „kommunistische Expansion“. Im Korea-Krieg (1950-53) eskalierte der Ost-West- Konflikt als einem sog. „Stellvertreterkrieg": die ehemalige japanische Kolonie Korea wurde in zwei Besatzungszonen geteilt, 1949 zogen die Besatzer ab, 1950 wollten nordkoreanische Truppen (mit der Unterstützung der SU) Südkorea unter kommunistische Herrschaft bringen, die USA sollten im Auftrag der UNO die Nordkoreaner zurückschlagen, USA wollte keinen neuen Atomkrieg und so kam es zu einem Stellungskrieg, der mit einem Waffenstillstand und der Wiederherstellung des alten Status endete (S. 248 unten) ► Unzufriedenheit der USA, aber Erfolg für Containment-Politik. Der Koreakrieg war ein wichtiges Ereignis für die Integration Deutschlands in die westliche Staatenwelt: 1951 wirtschaftliche Zusammenarbeit mit Frankreich in der Montanunion, 1955 Aufnahme der BRD in die NATO, Ausbau der Souveränität (vollständige Souveränität erst ab 1990). Deutschlandpolitik der Westmächte Schon während des 2. Weltkriegs hatten sich die Alliierten mit der Zukunft Deutschlands beschäftigt (Februar 1945 Jalta). Die Visionen schwankten zwischen einer nachhaltigen Schwächung Deutschlands (die v.a. seitens Frankreichs und Großbritanniens bevorzugt wurden) und der Stärkung Deutschlands zu einer stabilen Demokratie. Ab 1944 setzte sich allerdings die Überzeugung durch, dass ein geschwächtes Deutschland eine finanzielle Belastung für die Alliierten und ein Hemmnis für die Neuordnung Europas wäre. Die Überlegungen wurden gestützt durch die Angst vor einem sich ausbreitenden Kommunismus. Im Kontext des sich verschlechterten Verhältnisses zwischen den Westmächten und der Sowjetunion wollte man mit Deutschland ein „Bollwerk gegen den Kommunismus" errichten. Die sowjetische Expansion bedrohte sowohl die neue Stellung der USA als „Supermacht" als auch die amerikanischen Wirtschaftsinteressen. Die anfängliche Kooperationspolitik Trumans wandelte sich 1947 in eine „Containment-Politik" (Politik der Eindämmung): Truman wollte die sowjetische Ausbreitung eindämmen und bot in der Truman-Doktrin" allen in ihrer Freiheit bedrohten Völkern in ihrem Kampf finanzielle Hilfe an. Die SU gründete daraufhin 1947 das „Kominform", um alle kommunistischen Parteien auf sowjetischen Kurs zu bringen. In der Folge kam es in den nächsten 40 Jahren zu einem dauerhaften Konflikt, der als „Kalter Krieg" bezeichnet wurde. Mit Beginn des Kalten Krieges kam es zu keiner Einigung das Nachkriegsdeutschland betreffend mehr, die SU sonderte sich immer mehr ab: die Westmächte bauten Ihre Zonen immer mehr politisch und wirtschaftlich nach 18 amerikanischem Vorbild aus. USA und GB errichteten im Januar 1947 einen einheitlichen Wirtschaftsraum, die Bizone. 1949 wurde diese durch das französische Besatzungsgebiet zur Trizone erweitert. Grundlage war, dass durch eine wirtschaftliche Verschmelzung der politische und wirtschaftliche Wiederaufbau beschleunigt werden sollte. Im Juni 1947 verkündeten die USA den Marshallplan, ein wirtschaftliches Hilfsprogramm zum Wiederaufbau Europas, das allen kooperationswilligen europäischen Staaten Finanz- und Wirtschaftshilfen versprach. 1948 kam es zu einer Währungsreform in den Westzonen, die D-Mark wurde als Wirtschaftsmotor und somit als Bestätigung der Westorientierung eingeführt. Um diese Währungsreform zu verhindern kam es 1948 zu einer Währungsreform in der SBZ und der Einführung der Ost-Mark: Diese sollte die alleinige Währung Berlins sein, was die Westmächte verweigerten, Folge war die „Berliner Blockade" (Blockade der Zufahrtswege); Reaktion war die „Luftbrücke" mit der die Westmächte die Westberliner versorgten (Rosinenbomber), die SU musste die Blockade wieder auflösen. Die Berliner Blockade veränderte auch das Verhältnis der Deutschen zu den Alliierten: Die Besatzer wurden zu Beschützer, die SU verlor an Ansehen und wurde im Westen zum Feindbild. Im November 1948 kam es dann zur Teilung Berlins und 1949 zur Teilung Deutschlands, damit arrangierten sich die beiden Supermächte SU und USA mit dem Status in Europa. Westintegration der BRD Für die Entstehung der BRD waren der Kalte Krieg und die Containment-Politik wesentliche Bedingungsfaktoren. Die Gründung der demokratischen BRD 1949 und deren Bindung an den Westen waren aber nicht aufgezwungen, sondern von der Mehrheit der Bevölkerung gewollt. V.a. Konrad Adenauer, von 1949 bis 1963 Bundeskanzler der BRD, war ein großer Befürworter dieser Westbindung. Seine Politik der Westintegration zeigt sich in diversen Schritten der BRD: • In der innerdeutschen Diskussion um die Wiederbewaffnung und den NATO- Beitritt sprach sich Adenauer klar dafür aus und gab so der Westintegration den Vorzug vor der Wiedervereinigung. Die gleichberechtigte Integration in das westliche Bündnis gab der BRD auch größere politische Mitsprache. ● ● Die Stalin-Note" (Friedensvertrag mit Neutralisierung Deutschlands) von 1952 wurde von der Regierung abgelehnt, da sie als Störmanöver der Sowjetunion betrachtet wurde, um die die Westintegration der BRD zu stören. 1951 trat die BRD der Europäischen Gemeinschaft für Kohle und Stahl" (EGKS) bei, aus der 1958 die europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) hervorging. Zur Westintegration gehörte auch die Aussöhnung mit dem „Erbfeind" Frankreich, die sowohl Adenauer als auch de Gaulle ab 1960 vorantreiben. Abgrenzung gegen Kommunismus Das Selbstverständnis der BRD war auch durch den Antikommunismus geprägt. Die Anhänger der westlichen Demokratie prangerten v.a. das totalitäre und gewaltsame Vorgehen der Kommunistischen Partei der Sowjetunion gegen das eigene Volk an und verurteilten die Expansionsbestrebungen in Osteuropa. Die Einparteiendiktatur der SED in der DDR wurde scharf von der eigenen freiheitlich-liberalen Ordnung abgegrenzt. Diese Abgrenzung wiederum festigte die Zustimmung zur Demokratie und zu einer sozialen Form der Marktwirtschaft. 1956 wurde vom Bundesverfassungsgericht die KPD in der BRD verboten. Der Antikommunismus spielte als Integrationsideologie in allen demokratischen Parteien eine wesentliche Rolle. 19 Höhepunkt des Antikommunismus Der Antikommunismus erlebte immer dann seine Höhepunkte, wenn die Sowjetunion sich durch eine besonders aggressive Außenpolitik besonders hervortat: während der Berlin Blockade 1948/49, im Koreakrieg 1950-1953 und während diverser gewaltsamer Ausschreitungen, z.B. in der DDR 1953. Im Kontext der Wiederbewaffnung der BRD 1955 und einer relativen Entspannungsphase des Kalten Krieges nach der Kubakrise 1962 verlor der Antikommunismus immer mehr an Bedeutung. 5.3 Soziale Marktwirtschaft“ und „Wirtschaftswunder" Ausganssituation Nach Kriegsende war Deutschland verwüstet, Eisenbahnlinien für den Transport waren zerstört und Gebiete mit Agrarwirtschaft und Industrie gingen verloren. Das Alltagsleben der Bevölkerung war geprägt von Heimatlosigkeit, Kälte und Hunger (besonders im „Hungerwinter" 1946/47). Lebensmittel waren rationiert und Brennstoffe knapp: Dies führte einerseits dazu, dass viele Menschen aufs Land zum „Hamstern" fuhren, andererseits blühte der Schwarzmarkt. In diese sehr düstere Situation kamen noch bis Oktober 1946 über 12 Mio. Vertriebene und Flüchtlinge aus den ehemaligen Ostgebieten. Dazu kamen noch im Krieg evakuierte Menschen, Zwangsarbeiter, Kriegsgefangene, KZ-Insassen und Soldaten, die nach Hause wollten oder eine neue Heimat suchten (displaced persons). Wirtschaftswunder Die Währungsreform und der Marshallplan sorgten von 1948 1952 für einen anwachsenden wirtschaftlichen und finanziellen Anschub. Dennoch verlangsamte sich das westdeutsche Wirtschaftswachstum ab 1949/50: es mangelte an Gütern, die Arbeitslosigkeit stieg an, die Lebenshaltungskosten stiegen. Die von Wirtschaftsminister Ludwig Erhard (CDU) propagierte ,,soziale Marktwirtschaft", also dass der Staat nur aus sozialer Verantwortung in wirtschaftliche Prozesse eingreift, funktionierte zunächst nicht und wurde von der Opposition (SPD) heftig kritisiert. 1951/52 setzte die Wende ein und der Wirtschaftsaufschwung begann. Die Gründe hierfür sind multikausal: ● ● Die Wirkung des Marshallplans entfaltete sich nun, Unternehmen konnten sich nun moderne amerikanische Maschinen beschaffen. Nachfrage an Industriegütern stieg, v.a. im Kontext des Koreakrieges, neue Exportmärkte durch hohe Nachfrage an Stahl Binnennachfrage stieg, Reallöhne stiegen, Konsumfreudigkeit der Bevölkerung nahm zu. Die soziale Marktwirtschaft förderte private wirtschaftliche Unternehmungen auf allen Ebenen (Investitionshilfen, Förderung des Wettbewerbs, unternehmerfreundliche Steuergesetzgebung, etc...) Es darf aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die hohe Arbeitsmotivation der deutschen Bevölkerung sehr zum Wirtschaftsaufschwung beigetragen hat. 20 Sozialpolitik Trotz des Wirtschaftswunders war die deutsche Gesellschaft nachhaltig durch die Folgen des 2. Weltkrieges geprägt: eine große Bevölkerungsschicht hatte ihren Besitz und damit ihre Existenzgrundlage verloren und drohte zu verarmen. Die Bundesregierung musste durch ein „soziales Netz" reagieren um eine politische Radikalisierung zu vermeiden: 1950 Wohnungsbaugesetz zur Förderung des sozialen Wohnungsbaus (bis 1960 war jede dritte Wohnung ein Neubau) 1950 Bundesversorgungsgesetz zur Versorgung der Kriegsbeschädigten und - hinterbliebenen ● 1951 Gesetz über die paritätische Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Aufsichtsräten und Vorständen der Unternehmen des Bergbaus und der Eisen und Stahl erzeugenden Industrie ● 1952 Betriebsverfassungsgesetz um betriebsinterne Probleme partnerschaftlich zu lösen 1952 Lastenausgleichsgesetz zur Entschädigung der Bevölkerung für kriegsbedingte Vermögensverluste (v.a. wichtig zur Integration von Vertriebenen und Flüchtlingen) ● Wiedereinführung des von den Alliierten abgeschafften Kindergeldes ab dem 3. ● Kind 1957 Rentenreform mit Dynamisierung der Renten und Einführung des Generationenvertrags 1957 Lohnfortzahlung für Arbeiter im Krankheitsfall 1967 Einführung der 40-Stunden-Woche Diese ganzen sozialpolitischen Maßnahmen wirkten sich integrativ auf die deutsche Gesellschaft aus und führten dazu, dass der soziale Frieden gesichert wurde. Akzeptanz des politischen Systems Obwohl die Einkommensunterschiede nach wie vor groß waren und die Löhne relativ niedrig waren, war der soziale Frieden durch die positiven Zukunftserwartungen, die sich aus der Westintegration, dem Wirtschaftswunder und der immer erweiterten Sozialgesetzgebung ergaben, nicht gefährdet. Diese Maßnahmen führten dann wiederum dazu, dass die Bevölkerung die parlamentarische Demokratie akzeptierte. Im Gegensatz zur Weimarer Republik, die sich schon in ihren jungen Jahren 1923 mit der Inflation bedroht sah, hat der wirtschaftliche Aufschwung der jungen BRD maßgeblich zum Bestehen und Erfolg dieser zweiten deutschen Demokratie beigetragen. 5.4 Gesellschaftliche Entwicklung zwischen Tradition und Modernisierung Wandel der Mentalität In der unmittelbaren Nachkriegszeit und im Kontext des Kalten Krieges konzentrierte sich die deutsche Bevölkerung v.a. um ihre eigenen Bedürfnisse. Dies bedeutete einen Rückzug ins Private einerseits und eine Phase der Restauration, also die Rückbesinnung auf Traditionen, anderseits. Dies war vielfach mit politischem Desinteresse verbunden. Ende der 1950er Jahre setzte dann allerdings im Kontext des Wirtschaftswunders und der Westintegration ein Liberalisierungsschub ein, der 21 Modernisierungsprozesse initialisierte und akzeptabel machte. Zur Modernisierung gehört die Umstrukturierung der Beschäftigung (also die Abnahme in der Landwirtschaft und die Zunahme in der Industrie), die Verbesserung der Lebensqualität und die damit verbundene Überwindung der Klassengrenzen, die Amerikanisierung, die Eingliederung der Vertriebenen und der veränderte Umgang mit der NS-Vergangenheit. Eingliederung der Flüchtlinge und Vertriebenen In der BRD gab es etwa 12 Mio. Flüchtlinge aus den Ostprovinzen Deutschlands und der sowjetischen Besatzungszone. Viele dieser Flüchtlinge hegten zunächst noch die Hoffnung auf eine baldige Rückkehr in die Heimat, was allerdings angesichts des politischen Systems dort immer unwahrscheinlicher wurde. V.a. der 1950/51 gegründete „Bund der Heimatvertriebenen und Entrechteten" (ab 1952 ,,Gesamtdeutscher Block") kämpfte für die Rückkehr und hatte deshalb auch in den 50er Jahren teilweise politische Bedeutung (in diversen Landtagen). Da eine Rückkehr immer unwahrscheinlicher wurde und sich alle Parteien um die Integration der Flüchtlinge bemühten, verlor er aber bald an Bedeutung. In der ansässigen Bevölkerung stießen die Flüchtlinge oft auf Ablehnung, da sie ohne jeglichen Besitz ankamen und einfach einquartiert wurden: man empfand sie als Eindringlinge. Während die Flüchtlinge gleich am Ende des 2. Weltkrieges von den Behörden in eher kleine, strukturschwache Gemeinde angesiedelt wurden, ging man ab den 1950er Jahren dazu über diese in strukturstarke Gemeinden umzusiedeln, die einen größeren Arbeitskräftebedarf zu erwarten hatten (Ruhrgebiet). In den folgenden Jahren schafften das Wirtschaftswunder, diverse Eingliederungsmaßnahmen, der soziale Wohnungsbau und das Lastenausgleichsgesetz, dass sich die Flüchtlinge gut integrierten und die sozialen Spannungen abnahmen. „Verwestlichung“/ „Amerikanisierung" Im Kontext der Westintegration öffnete sich die westdeutsche Bevölkerung der Lebensart der westlichen Demokratien, v.a. der USA. Der „american way of life" schlug sich in vielen Bereichen des Lebens (Arbeit, Kultur, Konsum, Technisierung des Haushalts) nieder. Vor allem die Jugend identifizierte sich mit den aus den USA kommenden Trends: sie nahmen sie an und hielten sie gegen die spießige Erwachsenenwelt als Protest (z.B. Rock'n Roll). Umgang mit der NS-Vergangenheit Das politische Desinteresse macht auch vor der Bereitschaft mit der Bewältigung mit der NS-Vergangenheit nicht halt. Man wollte einen Schlussstrich ziehen und nach vorne schauen. Des Weiteren hatte man schon mit der Amnestie ehemaliger NS-Täter begonnen, da man diese dringend als Fachkräfte für den Aufbau brauchte (Mediziner, Ärzte, Ingenieure, etc...). Erst ab der zweiten Hälfte der 1950er Jahre setzte durch mehrere Veröffentlichungen ein Umschwung im Denken der Deutschen ein. 1958 wollten mehr als die Hälfte der Deutschen eine umfassende Aufklärung und Verfolgung der NS-Verbrechen. 22 6. Die DDR- eine deutsche Alternative? 6.1 Anspruch und Wirklichkeit im Arbeiter- und Bauernstaat" → Gegensätzliche Politik von Adenauers ,,Westintegration" und Ulbrichts ,,Ostintegration" Besatzungspolitik der Sowjetunion Kurz nach dem Krieg hatte Stalin die Idee (mit einer vorzeigbaren SBZ) in Zukunft das komplette Deutschland beeinflussen zu können, das sich eng an die SU anlehnen sollte (Maximallösung). Sollte dies nicht zu verwirklichen sein, sollte die SBZ als kommunistischer Staat aufgebaut werden (Minimallösung). Eine besondere Rolle spielten v.a. die deutschen Kommunisten, v.a. die Exilkommunisten (z.B. „Gruppe Ulbricht"), die auf eine Staatsbildung drängten, im April 1945 aus dem Moskauer Exil zurückkehrten und die SMAD (Sowjetische Militäradministration in Deutschland) bei ihrer Arbeit unterstützten. Im Juli 1945 begann das sowjetische Militär mit dem Aufbau einer Länder- und Zentralverwaltung, wobei Kommunisten entscheidende Positionen bekamen. Schon 1945 beschlagnahmte die SMAD Eigentum der NSDAP, ihrer Amtsleiter, der Wehrmacht und des deutschen Staates und begann mit den Grundlagen für eine sozialistische Wirtschaftsordnung Verstaatlichungen von Firmen und Enteignungen von Banken). Strukturreformen beruhten auf der Überzeugung, dass das NS-Regime eine Folge der kapitalistischen Wirtschaftsordnung gewesen sei. (Bodenreform, Diese Politik der Kommunisten In der SBZ wurden politische Parteien schon im Juni 1945 wieder zugelassen, dies sollte v.a. der KPD einen Vorsprung verschaffen. Im freien Konkurrenzkampf verlor die Partei allerdings ihre Vormachtstellung, da sie in der Bevölkerung mit der unbeliebten Besatzungsmacht identifiziert wurde. Von der zunehmenden Distanzierung von der KPD profitierte v.a. die SPD, die zur Massenpartei in der SBZ wurde. SMAD und KPD drängten daraufhin auf einen Zusammenschluss von SPD und KPD, was im April 1946 auf Druck der Besatzungsmacht vollzogen wurde: Es entstand die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands), die nach sowjetischem Vorbild zu einer kommunistischen Partei neuen Typs" umgeformt wurde. Gründung der DDR Um den Westalliierten zu zeigen, dass es sich bei der SBZ wirklich um eine Demokratie handelt, setzte die Besatzungsmacht 1946 Wahlen an. Die Wahlen zeigten, dass die Vormachtstellung der SMAD und der SED nicht gesichert war, was aber unabdingbar für eine Umgestaltung war. Um ihre Vormachtstellung auszubauen, organisierte die SBZ die ,,Volkskongressbewegung", die den Weg zum zentralistischen Einheitsstaat ebnete. Im Dezember 1947 sollte der ,,Erste Deutsche Volkskongress für Einheit und gerechten Frieden" zeigen, dass dem Aufruf der SED Vertreter aller Parteien, Massenorganisationen und Betriebe folgten. Der „Zweite Volkskongress" wählte im März 1948 einen aus 400 Mitgliedern bestehenden ,,Deutschen Volksrat". Dieser verabschiedete im März 1949 einen Verfassungsentwurf für „eine unteilbare deutsche demokratische Republik", welcher von der SMAD genehmigt wurde. Im Mai 1949 (nach dem Inkrafttreten des Grundgesetzes in der BRD) wählte die Bevölkerung den „Dritten Volkskongress", wobei die Wähler nur die Möglichkeit hatten einer Einheitsliste von Parteien und Massenorganisationen zuzustimmen oder diese abzulehnen. Am 30. Mai 1949 trat dieser Volkskongress zusammen und bestimmte den „Zweiten 23 Deutschen Volksrat". Dieser erklärte sich am 7. Oktober 1949 zur „Provisorischen Volkskammer" (also zum Parlament) und setzte die „Verfassung der deutschen demokratischen Republik" in Kraft. Die DDR war gegründet und Deutschland staatsrechtlich in zwei Staaten geteilt. Volksdemokratie Das Konzept von der DDR als Arbeiter- und Bauernstaat" beruhte auf der Ideologie des Marxismus-Leninismus. Nach Marx müsse das Proletariat nach seinem revolutionären Sieg über die Bourgeoisie kurzzeitig eine Diktatur errichten, die sich aber dann selbst überwinden muss und in eine klassenlose Gesellschaft mündet. In dieser klassenlosen Gesellschaft sollen die Menschen dann nach ihren eigenen Bedürfnissen leben. Lenin ergänzte dieses Konzept um die Theorie der revolutionären Avantgarde (= Vorkämpfer), ohne die es keine erfolgreiche proletarische Revolution geben könne. Deren Aufgabe bestehe in der Führung und Erziehung der Arbeiterklasse zum Klassenkampf. Die SED sah sich als eben diese Avantgarde: Mithilfe der Sowjetunion wollte sie den Nationalsozialismus ausrotten und die Voraussetzungen für eine kommunistische Gesellschaft schaffen. In ihrem politischen Selbstverständnis war die DDR ein demokratischer, sozialistischer und antifaschistischer Staat, eingebunden in den Kreis der sozialistischen Länder Osteuropas, die von der Sowjetunion angeführt wurden. Rolle der SED Im Kontext der sehr schnellen ,,Westintegration" der BRD beauftragte Stalin die SED (Sozialistische Einheitspartei Deutschlands) mit dem Aufbau des Sozialismus nach sowjetischem Modell (bis dahin ,,Sozialismus light"). Die SED verstand sich als „Partei neuen Typs", die nach Lenins Theorie als „Vorhut der Arbeiterklasse“ die Führungsrolle beanspruchte (Proletariat braucht intellektuelle Berufsrevolutionäre); ihre Legitimation leiteten sie 1. von der historischen Gesetzmäßigkeit ab, die der Marxismus-Leninismus nach ,,wissenschaftlichen Weltanschauungen" vorgibt: Beschlüsse der SED sind eisernes Gesetz, das zum Fortschritt führt, Ergebnis daraus ist eine kommunistische Welt und 2. durch das leninsche Prinzip des „demokratischen Zentralismus" (höhere Funktionäre wurden von Parteimitgliedern gewählt, hatten dann aber uneingeschränkte Entscheidungsbefugnis, der Führungsapparat der SED erstreckte sich auf alle Bereiche des öffentlichen Lebens). Nach der Verfassung von 1949 war die DDR ein zentralistischer Staat, also ohne Gewaltenteilung. Die Gewalt lag beim Parlament (= Volkkammer), das von der SED gelenkt wurde. Obwohl die Verfassung bürgerliche Grundrechte, geheime und allgemeine Wahl und Streikrecht der Gewerkschaften garantierte, schaltete die SED jede Opposition aus und vereinte die Macht in sich. Für die strafrechtliche Verfolgung der Opposition nutzten sie Artikel 6 der Verfassung. Art. 6. Der Verfassung der Deutschen demokratischen Republik von 1949: ,,Alle Bürger sind vor dem Gesetz gleichberechtigt. Boykotthetze gegen demokratische Einrichtungen und Organisationen, Mordhetze gegen demokratische Politiker, Bekundung von Glaubens-, Rassen-, Völkerhaß, militaristische Propaganda sowie Kriegshetze und alle sonstigen Handlungen, die sich gegen die Gleichberechtigung richten, sind Verbrechen im Sinne des Strafgesetzbuches. Ausübung demokratischer Rechte im Sinne der Verfassung ist keine Boykotthetze. Wer wegen Begehung dieser Verbrechen bestraft ist, kann weder im öffentlichen Dienst noch in leitenden Stellen im wirtschaftlichen und kulturellen Leben tätig sein. Er verliert das Recht, zu wählen und gewählt zu werden." 24 Die Bürger der DDR mussten ihr komplettes gesellschaftliches und politisches Leben nach dem Muster der Sowjetunion ausrichten. Politische Herrschaft wurde hier nur von der SED ausgeübt. Die Partei selbst war nach dem Prinzip des „demokratischen Zentralismus" organisiert, d.h. Ausrichtung der gesamten Partei an der vom Politbüro (= höchstes SED-Gremium) vorgegebenen Parteilinie und Kontrolle der Funktionäre und Mitglieder durch den Parteiapparat. Die SED hatte das Macht- und Meinungsmonopol und setzte dieses auch durch: Terror und Drohungen ● ● Lenkung der Nicht-SED-Organisationen und der Presse Etablierung einer SED-treuen Elite Auch die Wahlen hatten mit einer Demokratie nach westlichem Verständnis nichts zu tun: Es gab eine Einheitsliste bei der Mandate vorher schon zugeteilt waren. Gesetzlich konnte zwar geheim gewählt werden, doch dies war gesellschaftlich durch die SED verpönt, erwartet wurde das öffentliche Einwerfen des unveränderten Wahlzettels. Dies führte dazu, dass das offizielle Wahlergebnis immer fast 99% für den vorgegebenen ,,Wahlvorschlag" betrug. Das Führungsmonopol der SED wurde in Artikel 1 der Verfassung von 1968 festgelegt: ,,Die Deutsche Demokratische Republik ist ein sozialistischer Staat deutscher Nation. Sie ist die politische Organisation der Werktätigen in Stadt und Land, die gemeinsam unter Führung der Arbeiterklasse und ihrer marxistisch-leninistischen Partei den Sozialismus verwirklichen.“ Umgang mit der NS-Vergangenheit Der Antifaschismus war ein wesentlicher Bestandteil des Selbstverständnisses der DDR, dazu gehörte auch der verlustreiche Widerstand der Kommunisten gegen die Nationalsozialisten nach 1933, ihre Be gung am Spanischen Bürgerkrieg (1936- 1939) gegen Franco und ihr Überlebenskampf in den KZ. In der SBZ verfolgte die Sowjetunion NS-Täter schärfer als dies im Westen geschah: ehemalige Funktionseliten wurden komplett ausgetauscht, während sie in der BRD später wieder integriert wurden. Das harte Vorgehen in der DDR hatte aber auch eine negative Seite: Verdächtige wurden willkürlich und ohne juristische Überprüfung in sowjetische Internierungslager verbracht, wo sie häufig umkamen. In diesem Kontext wurde der Verdacht auch bei Regimegegner bedient, um diese schnell loszuwerden. Im Zuge der Bodenreform wurde der Vorwurf missbraucht um viele Großgrundbesitzer zu enteignen. Auf der anderen Seite mussten nützliche Personen nur in die KPD bzw. SED eintreten um integriert zu werden. Das MfS (= Ministerium für Staatssicherheit) sammelte Daten und warb ehemalige NS-Verbrecher sogar an. Eine Diskussion um die kollektive Verantwortung für die NS-Verbrechen gab es nicht: Man sah sich durch den kommunistischen Widerstand gegen den Nationalsozialismus von aller Verantwortung befreit. Ministerium für Staatssicherheit („Stasi") Das gesellschaftliche Leben wurde in der DDR von einer Geheimpolizei kontrolliert, des im Februar 1950 gegründeten Ministeriums für Staatssicherheit (MfS). Dies war der SED unterstellt. Um eine Opposition gegen das SED-Regime schnell zu entdecken und ausschalten zu können, wurde das öffentliche und private Leben der Bürger von der „Stasi" mit einem weit verzweigten Netz von Agenten bespitzelt. Das Netz der 25 Agenten wurde schnell und systematisch ausgebaut und hatte am Ende 91000 hauptberufliche und 18900 inoffizielle Mitarbeiter (IM). Opposition und politische Unterdrückung Das Vorgehen der DDR gegen seine Bevölkerung zeigt, dass sich das SED-Regime nie seiner Loyalität sicher war. Auch wenn es zu jeder Zeit Formen des Widerstands gab, markiert der Arbeiteraufstand vom 17. Juni 1953 einen sehr wichtigen Punkt der Opposition in der DDR: bei diesem Volksaufstand protestierten viele Bürger für die Rücknahme erhöhter Arbeitsnormen, was aber dann bald in allgemeine Forderungen mündete (Rücktritt der Regierung, Freilassung politischer Gefangener, freie Wahlen). Der Aufstand wurde durch sowjetische Panzer blutig niedergeschlagen. Ein weiteres Indiz für die Unzufriedenheit der Bevölkerung war auch die Massenflucht aus der DDR in die BRD. Um dies zu unterbinden baute die SED-Regierung die Berliner Mauer (13. August 1961) als unüberwindbare Grenzanlage, um die ,,Republikflucht" zu unterbinden. Harte Strafen trafen diejenigen, die bei der Flucht oder bei Vorbereitungen erwischt wurden. Insgesamt gab aus dem Bereich der bürgerlichen Parteien, der Studentenschaft, der Kirchen oder der Wissenschaften immer Dissidenten, die die DDR auch öffentlich kritisierten; auch sie wurden vom Regime mit empfindlichen Strafen belegt: der Schriftsteller Rudolf Bahro musste ins Zuchthaus, der Liedermacher Wolf Biermann wurde ausgebürgert. Trotz des rigorosen Vorgehens des Regimes entstanden ab den 1970er und 1980er Jahren immer mehr unabhängige Friedenskreise, Umweltgruppen und Bürgerinitiativen. Die Aktionen der vernetzten Bürgerrechtler mündeten letztendlich auch am 9. November 1989 in den Fall der Mauer und im weiteren Verlauf in den Zusammenbruch der DDR. 6.2 Die DDR und der Westen - Standpunkte zu Staat und Nation in Ost und West Unter ,,Westen" verstand man in der DDR nicht die komplette westliche Welt, sondern der Begriff wurde ausschließlich als Synonym für die BRD benutzt, später bürgerte sich dann der Begriff „BRD" ein. Obwohl für viele Ostdeutsche der „Westen" die Erfüllung ihrer Sehnsüchte bedeutete, galt er laut SED als imperialistisch und kapitalistisch und war somit der erklärte Feind, trotzdem galt die BRD auch immer gleichzeitig als Vergleichsmaßstab zu ihrem eigenen „besseren" Deutschland. Die Konkurrenz der beiden gegensätzlichen Systeme bestimmte also das Verhältnis der beiden Staaten zueinander. Grundhaltungen der BRD Überzeugt von der eigenen politischen Überlegenheit, betrieb die BRD seit ihrer Gründung 1949 eine selbstbewusste Deutschlandpolitik, die darauf abzielte, dass ein starker attraktiver Weststaat das DDR-System destabilisieren sollte (= Politik der Stärke). Die Regierung Adenauer war unter keinen Umständen bereit, die DDR politisch anzuerkennen, man hielt sich zunächst konsequent an die ,,Hallstein- Doktrin" (1955, nach dem Staatssekretär des AA). Diese erhob für die BRD einen Alleinvertretungsanspruch für das gesamte deutsche Volk und lehnte somit jegliche Beziehungen von Drittländern zur DDR und den Kontakt zueinander ab. Nach Adenauer sollte die starke ,,Westintegration" eine Wiedervereinigung beschleunigen, da die wirtschaftliche Attraktivität Wirkung hätte. Die Opposition glaubte dagegen, dass 26 gerade die „Westintegration" eine Wiedervereinigung unmöglich machte, hatten aber auch keine anderen Alternativen. Erst die Große Koalition (1966-1969) unter Bundeskanzler Kiesinger (CDU) und Außenminister Brandt (SPD) veränderte das Vorgehen gegen die DDR und leitete einen vorsichtigen Wandel ein (,,Alleinvertretung ohne Bevormundung"): man bot Gesprächen zwischen Regierungsvertretern an um zunächst eine wirtschaftliche und verkehrstechnische Zusammenarbeit zu erreichen. Die sozial-liberale Koalition (1969-1974) unter Brandt/ Scheel (SPD/ FDP) reagierte auf die internationale Entspannung zwischen USA und der Sowjetunion seit dem Beginn der 1970er Jahre mit der ,,Neuen Ostpolitik", die von der starken Abgrenzungspolitik abrückte. In diesem Kontext kam 1972 der Grundlagenvertrag zustande, in dem die BRD die DDR als zweiten deutschen Staat akzeptierte, ihn allerdings nicht als Ausland akzeptierte. Dieser Vertrag war der Übergang vom Alleinvertreteranspruch zur Gleichberechtigung beider deutscher Staaten. Auf der Grundlage des Grundlagenvertrags entwickelten die Regierungen unter Schmidt (1974-1982) und Kohl (1982-1998) das deutsch-deutsche Verhältnis pragmatisch weiter und intensivierten es. Grundhaltung der DDR Die führenden Politiker der SBZ beanspruchten als das bessere Deutschland das Recht für Gesamtdeutschland zu handeln. Die DDR war grundsätzlich von Beginn an zu Gesprächen bereit (von Adenauer abgelehnt), obwohl sie wie die BRD im Grunde auch einen Alleinvertreteranspruch erhoben. Ab ca. 1955 galt die Deutschlandpolitik als gescheitert, man war zu keiner Lösung bereit. Mit dem Mauerbau 1961 steigerte sich das Selbstbewusstsein der DDR: sie wollten die Existenz zweier Staaten legitimiert, führten eine DDR-Staatsbürgerschaft ein und erklärten die BRD zum „Ausland": eine Zusammenarbeit war auf Eis gelegt! Auch der Grundlagenvertrag von 1972 definierte die Beziehungen als „besondere", nicht als völkerrechtliche. Eine Anerkennung durch die BRD gab es nie, dies schlug sich auch in der Errichtung ,,Ständiger Vertretungen" im jeweils anderen deutschen Teilstaat, aber keiner Botschaften (wie von der DDR gewünscht), nieder. Insgesamt kam man der Aufwertung der DDR aber immer näher, v.a. als beide deutsche Staaten 1973 in die UNO aufgenommen wurden. Der DDR war die Aufnahme in die internationale Staatenwelt gelungen. Die deutsche Nation in der DDR Auch die Entspannung in der innerdeutschen Beziehung sollte in der Bevölkerung der DDR keine Annäherung der Systeme bedeuten. Die SED löschte in der Verfassung von 1974 das Bekenntnis zur deutschen Nation, in einer Reihe von Umbenennungen wurde das Wort „deutsch" aus vielen Begriffen (z.B. bei Hotels) umgeändert oder man verwendete das Kürzel. Bei der Wiedervereinigung zeigte sich allerdings, dass diese Maßnahmen des SED- Regimes nicht reichten um das Gefühl nationaler Zusammengehörigkeit bei der DDR- Bevölkerung verschwinden zu lassen. 27 6.3 Die Deutschland- und Ostpolitik der BRD ab 1969 Entspannungspolitik Ab den 1960er/70er Jahren kam es zu einer internationalen Entspannungsphase zwischen den USA und der Sowjetunion. Diese Situation wirkte sich auch auf die deutsch-deutschen Beziehungen aus und ermöglichte eine neue Deutschland- und Ostpolitik. Die Westintegration Adenauers wurde ergänzt durch eine Verständigung mit dem Osten und durch diverse Verträge wurde die Annäherung immer intensiver. Ab Regierungsübernahme der sozialliberalen Regierung 1969 mit Kanzler Willy Brandt kam es zu einer ersten ernsten Annäherung der beiden deutschen Staaten: die „neue Ostpolitik" sollte das Verhältnis entspannen, zum ersten Mal sprach man in der BRD von zwei deutschen Staaten". Die neue Strategie des ,,Wandels durch Annäherung" (geprägt durch Egon Bahr, enger Mitarbeiter Brandts und Architekt der neuen Politik) beachtete, dass ein direkter Sturz des SED-Regimes nicht möglich sei und so wollte man durch eine Annäherung versuchen, die kommunistische Herrschaft zu ändern und Einfluss auf die DDR-Bürger zu erlangen. Ein geregeltes Nebeneinander sollte die Spannungen zwischen den Militärallianzen vermindern und ein Klima des Vertrauens schaffen. Die Ziele der Ostpolitik von BRD und DDR waren grundverschieden: Die BRD wollte die Gemeinsamkeiten stärken, die zwischenmenschlichen Beziehungen verbessern, ein fortlaufendes Auseinanderleben vermeiden, über die DDR eine bessere Verständigung zu den Oststaaten bekommen und eine neue europäische Friedensordnung schaffen. Die DDR wollte unbedingt eine rechtstaatliche Anerkennung durch die BRD, aber nicht um die Kontakte mit diesen zu vertiefen, sondern damit sie weltweit diplomatische Beziehungen knüpfen konnten (problematische ● Verhandlungsbasis). Die neue Ostpolitik führte in der BRD zu starken Kontroversen: Abgeordnete der Regierungsparteien wechselten in die Opposition und verursachten so einen Gleichstand im Bundestag, ein Sturzversuch der Opposition scheiterte, weil CDU/CSU-Abgeordnete nicht den eigenen Kandidaten (Barzel) wählten. Bei der Ratifikation der Ostverträge enthielt sich die Opposition und die Verträge gingen raus. Die Wahlen 1972 bestätigen, dass auch die Bevölkerung hinter der Regierung stand. In der Zeit zwischen 1969 und 1979 vereinbarten die sozial-liberalen Regierungen (ab 1974 mit Bundeskanzler Helmut Schmidt) mit allen Ostblockstaaten die Aufnahme diplomatischer Beziehungen und regelten in mehreren Verträgen die Deutschland- und Ostpolitik neu. Ergebnisse der Ostpolitik waren: 1. Moskauer Vertrag (1970): Anerkennung der deutsch-deutschen Grenze Vereinbarung von Gewaltverzicht 2. Warschauer Vertrag (1970): Anerkennung der deutsch-polnischen Grenze 3. Vier-Mächte-Abkommen (1971): Transitabkommen über Berlin 4. Grundlagenvertrag (1972): gegenseitige Akzeptanz, beiderseitige ständige Vertretungen 28 BRD und DDR waren damit offiziell zwei Staaten und wurden somit 1973 in die UNO aufgenommen. Die DDR passte sich der internationalen Entspannungspolitik an und ging mit Unterzeichnung des Grundlagenvertrags auf Brandts Entspannungspolitik ein. Eine Verbesserung des Klimas zwischen den deutschen Staaten trat eher langsam ein: die DDR war vordergründig daran interessiert gewesen sich aus der außenpolitischen Isolation zu befreien, dies beinhaltete für die DDR aber eine gefährliche Kehrseite, indem sie im folgenden einige Kompromisse eingehen mussten: durch die Unterzeichnung der KSZE-Schlussakte (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa) in Helsinki 1975 erlangten sie zwar internationale Anerkennung, mussten aber nun einige innenpolitische Liberalisierungen umsetzen (Menschenrechte), wodurch auch die Opposition gestärkt wurde. Um ihre wirtschaftlichen Probleme beheben zu können, musste die DDR ihre Grenzen zur BRD, die zum zweiwichtigsten Handelspartner wurde, lockern: die Ausreiseanträge und die Übersiedlungen in die BRD stiegen. Die Machthaber in Ostberlin mussten darauf reagieren und die deutsch-deutschen Kontakte behindern. Mit neuen Durchführungsbestimmungen Journalistenverordnung von 1973 erschwerten sie 1979 die der westliche Berichterstattung in der DDR. Im Oktober 1980 erhöhten sie den Devisenzwangsumtausch (Besucher mussten bestimmten Betrag in DDR-Mark umtauschen) drastisch (von 13 DM auf 25 DM pro Person und Tag). Ungeachtet dieser Verschärfungen wurde das Geflecht enger und unter Bundeskanzler Helmut Kohl kam es 1986 zu einem Kulturabkommen. Folgen der Ostpolitik: Stabilisierung des reformunfähigen kommunistischen Systems: DDR als gleichberechtigter deutscher Staat mit internationaler Anerkennung, wirtschaftliche Westhilfen verhinderten finanziellen Kollaps der DDR-Wirtschaft • Intensivierung des innerdeutschen Kontakts, Entspannung, Stärkung der Opposition und dadurch langfristige Schwächung des SED-Regimes ● 6.4 Die Wirtschafts- und Sozialpolitik in der Endphase der DDR Die Unzufriedenheit der DDR-Bürger mit ihrer wirtschaftlichen und sozialen Situation war ein wesentlicher Faktor, der zum Zusammenbruch der DDR 1989/90 führte. Die Planwirtschaft der DDR mit den hohen staatlichen Subventionen war eine Mangelwirtschaft, die nie an die Leistungen der westdeutschen Markt- und Konsumgesellschaft heranreichen konnte. 1971 löste Erich Honecker Ulbricht als Erster Sekretär des ZK (Zentralkomitee) der SED ab. Um die Unzufriedenheit der Bevölkerung abzubauen, beschritt er neue Wege: sein Ziel war die Einheit von Wirtschaft- und Sozialpolitik. Ergebnisse von Honeckers Wirtschaftspolitik: Förderung des Wohnungsbau ● ● Anstieg der Löhne/Renten zinslose Kredite ● Ausbau des Freizeitwesens ● ● moderate Preise bei Grundnahrungsmitteln Durch diese Maßnahmen stieg zwar der Wohlstand in der Bevölkerung, aber gleichzeitig auch die Staatsverschuldung. 29 Durch die internationale Rohstoffkrise 1973/74 verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation ab Mitte der 70er Jahre weiter: Die Sowjetunion verlangte nun für ihre Erdgas- und Erdöllieferungen den Weltmarktpreis in Dollar. Auslandsschulden und die Finanzierung von Honeckers sozialpolitischen Maßnahmen führten in den 1980er Jahren zu einer Mangelsituation. Durch die realen wirtschaftlichen Verhältnisse wurde die ideologische Propaganda der SED immer unglaubwürdiger. Man hielt an der Subventionierung von Nahrung, Mieten und Sozialleistungen fest, dies finanzierte die DDR durch eine immer höher werdende Staatsverschuldung: die DDR musste Devisen beschaffen, indem sie zu viel exportierte und die eigene Bevölkerung nicht mehr ausreichend versorgen konnte. Wichtige Handelspartner fielen weg (Polen und Rumänien erklärten sich 1982 als zahlungsunfähig, die SU konnte nur noch wenig subventionieren, da sie im Rüstungswettlauf mit den USA stand). ▸ Einer wirtschaftlichen Krise entging die DDR nur durch die Aufnahme zweier Großkredite, für die die BRD bürgte. Trotz der wirtschaftlich schlechten Situation verweigerte sich die DDR einer Reform, wie sie die UdSSR unter Gorbatschow seit 1987 versuchte („Perestroika" = Umgestaltung und „Glasnost" = Offenheit), doch je mehr sich die DDR-Führung vor Veränderungen verschloss, desto mehr Probleme ergaben sich dabei, die Staatsform im Volk zu legitimieren. Die Legitimationskrise der 1980er Jahre hatte aber mehrere Gründe: Kritik am System gab es schon immer in der DDR-Bevölkerung, dafür verantwortlich waren: ● die wirtschaftlichen Probleme ● Versorgungsnot Not an Wohnungen Reisebeschränkungen Informationszensur Bevormundung und Überwachung durch den Staat ● Atmosphäre des Misstrauens und der Angst ● ● Vor den 80er Jahren versuchten die Menschen sich in den Privatbereich zu flüchten und so dem ,,DDR-Alltag" zu entgehen (Datscha); in den 80er Jahren formierten sich diverse oppositionelle Gruppierungen, die Zahl der Ausreisewilligen stieg. 6.5 Grundgesetz oder der „dritte Weg"? Friedliche Revolution in der DDR Die Unzufriedenheit der Bevölkerung, das Erstarken der Opposition und der Autoritätsverlust des Staats zeigten sich bei Kommunalwahlen im Mai 1989. Bürgerrechtsgruppen konnten der Regierung Wahlfälschung nachweisen und die Abweichung des offiziellen (99%) vom tatsächlichen (geschätzt 20%) Wahlergebnis aufdecken. Verschärft wurde diese Situation durch weitere Massenfluchten, v.a. über die westdeutschen Botschaften in Budapest, Prag und Warschau. Ungarn begann am 2. Mai 1989 mit dem Abbau der Grenzbefestigungen zu Österreich und entschied am 10. September 1989, dass Ostdeutsche frei in den Westen gehen durften. Am 30. September verkündete BRD-Außenminister Hans-Dietrich Genscher, dass die 30 Flüchtlinge in den Botschaften von Prag und Warschau in den Westen ausreisen dürfen. In der DDR wurden Bürgerrechtsgruppen immer selbstbewusster, neue Parteien wurden gegründet, die mit der SED konkurrierten (z.B. die am 7. Oktober gegründete Sozialdemokratische Partei, SDP, die sich später in SPD umbenannte). Die Bürger ließen sich nicht mehr von der Regierung unterdrücken und demonstrierten: in Leipzig gingen immer montags immer mehr Bürger auf die Straße, am 9. Oktober 1989 demonstrierten 70000 Menschen bei der Leipziger Montagsdemonstration. Als dies nicht von Regierungskräften unterbunden wurde, merkten die Menschen, dass sie keine Angst vor der Regierung haben mussten, der Weg zur Demokratie war frei. Die Berliner Mauer ,,fiel" in der Nacht von 9. auf den 10. November 1989: der Fall war für alle Regierungen und Bevölkerungen relativ überraschend. Am Abend des 9. November verkündete das SED-Politbüromitglied Günter Schabowski im Fernsehen ein neues Reisegesetz, das jedem DDR-Bürger die „sofortige und unverzügliche" Ausreise ermögliche: Dieser Satz führte zur faktischen Öffnung der DDR-Grenzen. SED-Regime 1989 Schon die Feier zum 40. Jahrestag der DDR-Gründung am 7. Oktober 1989 zeigte die realitätsferne Einstellung der Regierung: anstatt sich mit der tief greifenden Krise zu befassen, feierte man den Sieg des Sozialismus im „Arbeiter- und Bauernstaat". Michail Gorbatschow, der sowjetische Staats- und Parteichef, sprach bei den Feierlichkeiten offen aus, dass die DDR sich geändert habe und ermahnte die Machthaber mit Reformen auf die veränderte Situation zu reagieren. Das SED-Regime lehnte eine Umgestaltung ab, da es vom Fortbestand überzeugt war. Eine Reformfähigkeit sollte mit dem erzwungenen Rücktritt Erich Honeckers demonstriert werden, aber auch sein Nachfolger Egon Krenz war ein Befürworter des alten Systems und gegen eine parlamentarische Demokratie. Die Bevölkerung protestierte gegen Krenz, die Volkskammer wählte im November Hans Modrow zum neuen Ministerpräsidenten, aber auch er war nicht bereit grundlegende Reformen anzustreben. Neue politische Parteien hatten mittlerweile einen „Runden Tisch" ins Leben gerufen, dieser fungierte als Kontrollinstanz der Regierung Modrow und bereitete die ersten freien Wahlen vor. Haltung der politischen Gruppierungen Der Weg zur Demokratie war zwar seit dem 9. November 1989 frei, allerdings wurde diskutiert, wie diese umgesetzt werden sollte. Die Vertreter der alten SED wollten das kommunistische System nur minimal reformieren, um es als zweiten deutschen Staat zu erhalten. Nach einer Umgestaltung und der Umbenennung in PDS (Partei des Demokratischen Sozialismus) plädierte ihr Vorsitzender Gregor Gysi für einen dritten Weg und lehnte die Vereinigung ab. Auch die Bürgerrechtbewegung war eher mit einer neuen Form des Sozialismus beschäftigt. Das Neue Forum wollte nicht sozialismusfeindlich gelten. Der Demokratische Aufbruch (im August 1990 der CDU beigetreten) bekannte sich in seiner Gründungsphase ebenso zum Sozialismus. Die Initiativgruppe Demokratie Jetzt (ab Februar 1990 Teil von Bündnis 90) war ebenfalls dem Sozialismus verbunden, viele der Anhänger wollten eine alternative zum westlichen Konsumkapitalismus. Die Sozialdemokraten setzten sich für eine staatliche Einheit und parlamentarische Demokratie ein. 31 Die Allianz für Deutschland, ein Bündnis aus CDU, DSU (Deutsche Soziale Union) und Demokratischer Aufbruch, forderte eine möglichst schnelle Vereinigung. Politik der DDR-Regierung 1990 Die Neuwahlen der Volkskammer sollten eigentlich am 6. Mai 1990 stattfinden, wurden aber auf den 18. März 1990 vorgezogen. Den Wahlsieg trug die CDU-dominierte ,,Allianz für Deutschland" mit 48 % der Stimmen davon. Dieses Ergebnis war ein Votum für die rasche Vereinigung der deutschen Staaten und der Einführung der sozialen Marktwirtschaft. Die DDR-Bürger wollten keine sozialen Experimente, sondern den gleichen Lebensstandard wie die Menschen der BRD. Am 12. April 1990 wurde Lothar de Maizière (Vorsitzender der Ost-CDU) zum Ministerpräsidenten. Schon sein Wahlkampfthema war die Wiedervereinigung, nun bekannte er sich in seiner Regierungserklärung zur Herstellung der staatlichen Einheit Deutschlands. Reaktion der BRD Die BRD musste sich ab September 1989 um die Dämmung der Flüchtlingsströme und um Deeskalation kümmern und arbeitete dabei mit den DDR-Behörden zusammen Die DDR versprach eine Reformierung des Staates. ► An eine Wiedervereinigung wurde noch nicht gedacht, diese Forderungen kamen von den Demonstranten auf den Straßen. Am 28. November 1989 ergriff die Bundesregierung dann die Initiative im Prozess der deutschen Vereinigung. Auf die Forderungen der Bevölkerung reagierte der BRD- Kanzler Helmut Kohl mit einem „Zehn-Punkte-Programm" (nach einer Zeit der Konföderation, sollte die staatliche Einheit realisierbar sein), daraufhin entstand im Dezember 1989 eine „Vertragsgemeinschaft" mit der DDR. Der Plan sah ein schrittweises Vorgehen vor: sofortige humanitäre und wirtschaftliche Hilfen wurden der DDR gegeben und sollten zu einer langfristigen bundesstaatlichen Ordnung im vereinten Deutschland führen. Aufgrund des Zerfalls der DDR war eine einfache Vertragsgemeinschaft und Konföderation nicht mehr möglich. Am 1. Juli 1990 trat der Staatsvertrag zur Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion in Kraft: er regelte die Einführung der DM, schuf die Grundlage für die Einführung der sozialen Marktwirtschaft und des Sozialsystems. Die volkeigenen Betriebe wurden privatisiert, saniert oder stillgelegt. Nachdem Helmut Kohl sich die Zustimmung der Westmächte (aufgrund der uneingeschränkten Unterstützung der USA, stimmten auch Frankreich und Großbritannien zu) und der SU eingeholt hatte, wurde am 12. September 1990 von den Außenministern der Siegermächte und der beiden deutschen Staaten in Moskau der ,,Zwei-plus-vier-Vertrag" (Vertrag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutschland) unterzeichnet. Der Zwei-plus-Vier-Vertrag zwischen den beiden deutschen Staaten und den vier Siegermächten des Zweiten Weltkrieges (USA, UdSSR, F, GB) stellt die endgültige innere und äußere Souveränität des vereinten Deutschlands her. Im Einzelnen werden festgelegt: 1. Die endgültigen mitteleuropäischen Grenzen und damit das Staatsgebiet des vereinten Deutschlands mit der Erklärung, dass Deutschland keine Gebietsansprüche an andere Staaten stellt. 2. Die Personalstärke der deutschen Streitkräfte auf 370.000 Personen mit der Erklärung, dass Deutschland auf die Herstellung, die Verfügung über und 32 den Besitz von ABC-Waffen sowie auf das Führen von Angriffskriegen verzichtet. 3. Eine Vereinbarung über den Abzug der sowjetischen Truppen aus Ostdeutschland bis 1994 und das Recht, Bündnissen anzugehören. Weg zur deutschen Einheit Nachdem die Zustimmung aller Beteiligten eingeholt war, konnte die Einigung vollendet werden, doch zur Art des Vereinigungsprozesses gab es diverse Diskussionen. Artikel 146 GG sah die Ausarbeitung einer neuen Verfassung inklusive der Zustimmung beider Staaten vor, Artikel 23 GG ermöglichte jedoch den sofortigen Beitritt der DDR. Am 23. August 1990 entschied sich die Volkskammer der DDR für das Verfahren nach Artikel 23 GG und als Beitrittstermin wurde der 3. Oktober festgelegt. Bis dahin wurde das politische System der DDR stillgelegt. Am 31. August 1990 unterzeichneten die BRD und die DDR den Einigungsvertrag. Der Einigungsvertrag erhielt aus der DDR 80 % und aus der BRD 90% Zustimmung, das minimal veränderte GG wurde zur Verfassung von Gesamtdeutschland. Am 24. August verließ die DDR den Warschauer Pakt. Am 2. Oktober löste sich die Volkskammer auf. Am Ende setzte sich der Beitritt der DDR zum Gebiet der BRD nach Art. 23 (Beitrittsartikel, 1992 gestrichen und durch Europaartikel ersetzt) durch, Gründe: schnelle Realisierung, Bewährtes System, Gewährleistung der Staats- und Rechtssicherheit. Seit dem 3. Oktober 1990 ist Deutschland wieder ein Nationalstaat und der 3. Oktober seitdem Nationalfeiertag. vb 2. Kollektive Identitätsmuster in der europäischen Geschichte - die Ideen ,,Volk" und ,,Nation" Konzepte von „Völkern“ und „Nationen" erweisen sich weltweit als Triebkräfte politischer und ethnischer Veränderungsbewegungen und beeinflussen in Europa auch die Debatte um die Möglichkeit einer europäischen Integration. Das Nebeneinander einer Mehrzahl von Völkern und Nationen wird gemeinhin als typisch europäisch angesehen, ihre Existenz vielfach als weit zurückreichende historische Gegebenheit angenommen. Die Schüler befassen sich mit der Vorstellung von „Völkern“ und „Nationen" und ihren tatsächlichen und angenommenen historischen Ursprüngen und setzen sich mit der Rolle und Problematik dieser Vorstellungen intensiv auseinander. Zudem erkennen sie am Beispiel des deutsch-französischen Verhältnisses die Bedeutung des Nationalismus für die Geschichte Europas im 19. und 20. Jahrhundert und begreifen den Europäischen Einigungsprozess nach 1945 als Versuch, Frieden, Freiheit und Wohlstand in Europa dauerhaft zu verwirklichen. ● „Volk“ als Konstrukt eines Geschichtsbildes: Rom und die Germanen am Beispiel von Arminius/Hermann; Rolle historischer Ursprungsmythen bei der „Erfindung der Nation" in späteren Epochen die moderne Nationsvorstellung als neue, antiständische Integrationsideologie seit der Französischen Revolution; Probleme der Nationalstaatsbildung am Beispiel der deutschen Einigung im 19. Jahrhundert 33 ● ● nationale Fremd- und Selbstbilder: ihre Funktion und Wirkung am Beispiel des deutsch-französischen Verhältnisses im 19. und der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Überwindung nationalistischer Konfrontation im Zuge der europäischen Einigung nach 1945: Europaidee als gemeinsames Streben nach Frieden, Freiheit und Wohlstand; Bedeutung der deutsch-französischen Verständigung für den Integrationsprozess bis 1963 2.1 Arminius Nationalgeschichte? ● Befreier Germaniens und Begründer der deutschen ● Entwicklung Roms zur Kulturnation (300 v.Chr. war ein „Römer" ein Bewohner der Stadt Rom und der Landschaft Latium; 9 n.Chr. war ein „Römer“ jemand mit römischem Bürgerrecht, also konnte es jedem treuen Untertanen des imperium romanum verliehen werden); „Aeneis" als Entstehungslegende der Römer zur Legitimierung der römischen Herrschaft gegenüber den Griechen und orientalischen Völker Germanische Stämme kein gemeinsames Volk: diverse Zusammenschlüsse zu Stammesgemeinschaften Besiegte germanische Stämme mussten nach altem römischen Brauch ihre Fürstensöhne den Römern als Geiseln geben, die dann in Rom erzogen wurden und somit später (als Nachfolger ihrer Väter) als Stammesfürsten mit dem römischen imperium zusammenarbeiten sollten Arminius wurde als Sohn des Cheruskerfürsten Segimer in Rom erzogen, diente als Führer germanischer Verbände im römischen Heer (erwarb sogar das römische Bürgerrecht) und kehrte ca. 7 n.Chr. in sein cheruskisches Stammesgebiet zurück. Der römische Statthalter Publius Quinctilius Varus wollte in den neuen Provinzen an der Weser (Cheruskerland) römisches Recht und Steuersystem einführen, nahm aber auf die vorhandenen Stammesgewohnheiten keine Rücksicht Arminius bereitete einen Aufstand vor, hielt sich als Berater im Umfeld des Varus auf, bereitete aber gleichzeitig ein Bündnis mit den oppositionellen Germanenstämmen vor Arminius lockte die römischen Legionen in einen Hinterhalt, sie wurden von den germanischen Stammeskriegern vernichtet (9 n.Chr.) → ,,Varus-Schlacht" hatte eine entscheidende Bedeutung, einerseits blieben die Gebiete östlich des Rheins den verschiedenen Germanenstämmen als Siedlungsraum erhalten und wurden nicht in das römische imperium eingegliedert, andererseits störte sie das römische Selbstwertgefühl Politisch gesehen hatte die „Varus-Schlacht" keine besondere Bedeutung und geriet in Vergessenheit (keine germanischen Quellen, wenig römische Quellen, v.a. Tacitus) Quellen über die „Varus-Schlacht" blieben unbekannt, bis humanistische Gelehrte (z.B. Ulrich von Hutten) sie wiederentdeckt gerade die Humanisten leisteten einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung und Verbreitung einer nationalen Identität 34 ● 2.2 Folgen der Französischen Revolution: Nationalismus und Nationalstaatsbildung in Europa Die Humanisten feierten Arminius (eingedeutscht „Hermann", sein cheruskischer Name ist nicht bekannt!) als ersten „Vaterlandsbefreier", die Deutschen konnten sich nun abgrenzen und hatten einen Nationalhelden Im Konflikt mit den Franzosen in den kommenden Jahrhunderten konnten die Deutschen immer auf Arminius zurückgreifen, der sich im Gegensatz zum gallischen Vercingetorix gegen die Römer behaupten konnte, unter der napoleonischen Fremdherrschaft war Arminius ein Vorbild zum Befreiungskrieg In den Zeiten des immer stärker werdenden Nationalismus entwickelte sich der ,,Arminius-Kult" v.a. zu einer nationalistischen, fremdenfeindlichen Kultur mit antidemokratischen Tendenzen: Kaiser Wilhelm II. und Adolf Hitler knüpften in ihrer Gesinnung an den Arminius-Kult an Nationalismus ● ● Nationalismus als politische Bewegung, innerhalb der sich die Menschen ihrer Gemeinsamkeit als Nation (Sprache, Kultur, Staatsgebiet, Geschichte) bewusst werden/sind und sich von anderen Nationen abgrenzen wollen. Häufig geht damit auch eine abwertende Sichtweise über die anderen Nationen einher. Heute ist Nationalismus eher negativ konnotiert, möchte man dieser entgehen verwendet man lieber den Begriff „Patriotismus". Auf dem Gebiet der deutschen Länder kann man ca. ab den napoleonischen Kriegen von einem sich entwickelnden Nationalismus sprechen (dieser stand dann auch in konkretem Gegensatz zur französischen Nation), der dann im neu gegründeten Deutschen Kaiserreich seinen ersten Höhepunkt fand. Merkmale des Nationalismus sind: 1. Die Nation ist der entscheidende gesellschaftliche Wert kollektiver Identität. 2. Die Nation möchte im Nationalstaat selbstbestimmt sein. 3. Die Nation wird säkular legitimiert (religiöse Begründungen spielen keine tragende Rolle mehr). Im Nationalismus lassen sich die Mitglieder einer Gesellschaft v.a. damit auf ein gemeinsames Ziel einschwören, indem man den Interessen der Nation Vorrang über alle andere Werte und Normen zugesteht (z.B. im Deutschen Kaiserreich, in der NS-Diktatur). Verbindet sich diese Denkweise mit der Herabsetzung anderer Völker, dient das Nationalbewusstsein oft zur gewaltsamen Ausweitung der Grenzen und Unterwerfung anderer „minderwertiger" Völker (z. B. Kolonialisierung im 19. Jahrhundert). Volk ● Die traditionelle Bedeutung von Volk ist Menschenmenge, insbesondere kann Volk mit dem Zusatz „einfach" (einfaches Volk) die Bevölkerungsmehrheit in Abgrenzung zur herrschenden Elite bezeichnen. Seit der Neuzeit wird generell auch eine Gemeinschaft oder Großgruppe von Menschen mit gleicher Sprache, Kultur oder ethnischer Verwandtschaft Volk genannt. Ein Volk im Sinne von Staatsvolk besteht hingegen aus der Gesamtmenge der Staatsbürger und ihnen staatsrechtlich gleichgestellter Personen, es bildet dessen Demos als Grundlage der Demokratie. Die ethnische Herkunft dieser Staatsbürger ist 35 ● rechtlich unerheblich, während ein Volk im ethnischen Sinn nicht unbedingt einen eigenen Staat haben muss, in dem es die Mehrheit der Bevölkerung bildet. Diese Definition war seinerzeit maßgeblich für die Entstehung von Nationalstaaten mit ihrem Anspruch, dass jeder Bewohner des Staatsterritoriums mit Bürgerrecht seiner „Nation" angehören müsse. Nationalismus in Frankreich Der Nationalismus in Frankreich entstand als Antwort auf die Krise im 18. Jahrhundert und die dadurch entfachte Französische Revolution (1789- 1799). Diese Revolution erschütterte die seit jeher bestehende feudalständische Privilegienordnung und befeuerte das Bürgertum. Es entstand ein Wandel in der Loyalität: Der Einzelne (v.a. der dritte Stand) wollte nicht länger Teil eines festen Standes sein, sondern als gleiches Volk die Kontrolle über die Macht im Staat (bis dahin vom absolutistischen König und dem Adel ausgeübt). Der dritte Stand erklärte sich also zur Nation (Gemeinschaft rechtsgleicher Staatsbürger), die nun den Staat und die Zukunft dieses Staates mitgestalten wollten. Gerade in Frankreich stand der Nationalismus als Gegenbewegung zur Ständegesellschaft. Auch in späteren Kriegen hatte die ,,Grande Nation" (=Frankreich) als Legitimation das revolutionäre Sendungsbewusstsein die Ideen der Revolution zu befreien und die anderen Völker von absolutistischen Herrschern zu befreien. ● Unterscheidung der Nationsidee zwischen Staatsbürgernation nach dem Territorialprinzip (USA, Frankreich) und Kulturnation nach dem Sprachprinzip (Polen, Deutschland) Kulturnationen grenzen sich stark nach außen ab, indem sie sich aufwerten und somit andere Nationen abwerten, Entwicklung des Nationsgedankens von einer Befreiungsideologie (gegen alte ständische Ordnung) zur Legitimation von aggressivem Vorgehen gegenüber anderen Völkern Nationalismus in Deutschland ● Deutschland gilt als klassische Kulturnation, also als Nation mit gemeinsamer Geschichte und Sprache. Die Einheit des deutschen Volkes wurde v.a. in sprachlichen Überlieferungen nachgewiesen, z.B indem v.a. im 18. und 19. Jhrd. Volkslieder und Volksmärchen (Gebrüder Grimm) gesammelt wurden. ● Im beginnenden 19. Jhrd. wandelte sich das kulturelle Nationalbewusstsein zu einem politischen Nationalbewusstsein. Dieses wollte zwar noch nicht vorrangig einen einheitlichen deutschen Nationalstaat aber eine grundlegende politische Reform in den Einzelstaaten des 1815 gegründeten Deutschen Bundes (Beschränkung der Macht des Monarchen, Beschränkung der adligen Privilegien, Mitsprache der Staatsbürger). Ab den Kriegen gegen Napoleon wurden die Forderungen nach einer einheitlichen Staatsnation nach französischem Vorbild v.a. von den jungen Patrioten lauter. Deutsche Revolution von 1848/49 (Märzrevolution) war eng verbunden mit dem Wunsch nach nationaler Einheit →scheiterte allerdings und es wurden reaktionäre Kräfte mächtiger. Funktionswandel des Nationalismus 36 ● Ende des 19. Jhrd. wandelte sich der Nationalismus von einem liberalen zu einem reaktionären Nationalismus, er wurde extrem, radikal und integral (,,du bist nichts, dein Volk ist alles"). In Frankreich entstand der reaktionäre Nationalismus nach der Niederlage gegen die Deutschen 1870/71. Anders als in Deutschland gewannen die rechts stehenden Nationalisten aber nie die Mehrheit, die demokratischen Traditionen blieben immer prägend. In Deutschland hatte die Nationalbewegung mit der Reichsgründung 1870/71 die erste Etappe erreicht, allerdings war dieser Nationalstaat nicht demokratisch, sondern autoritär. Gerade im Deutschen Kaiserreich formte die adlig-großbürgerliche Elite eine demokratiefeindliche Ideologie. Als Tugend galt die Unterordnung in diese Gesellschaftsordnung („Untertanenmentalität"). Den radikalen Zenit fand dieser Nationalismus in der Wilhelminischen Ära unter Wilhelm II. (1890-1918): dieser wendete sich nun auch nach außen und untermauerte nun auch imperialistische Politik (Beginn der Kolonialisierung). Probleme der Nationalstaatsbildung ● Die europäischen Nationen wurden einerseits zu verschiedenen Zeiten aber andererseits auch aus verschiedenen Motivationen heraus gegründet. Man unterscheiden 3 Grundformen der Entstehung: 1. Nationalstaatsbildung durch moderne Revolution (Frankreich, Großbritannien) 2. Nationalstaatsbildung durch erkämpfte Vereinigung (Deutschland, Italien) 3. Nationalstaatsbildung durch Emanzipation aus zerfallendem Großreich (Griechenland, Serbien) 2.3 Probleme der Nationalstaatsbildung am Beispiel der deutschen Einigung im 19. Jahrhundert ● Ausgangslage im 19. Jhrd. Nach der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen 1806 gab es kein gemeinsames Staatsoberhaupt mehr und Deutschland war in viele Einzelstaaten zersplittert. Auf dem Wiener Kongress (der zum Ziel hatte die ehemaligen Länder des Heiligen Römischen Reiches nach der Niederlage Napoleons neu zu ordnen) 1814/1815 wurde dann der lose Staatenbund aus 39 Einzelstaaten ,,Deutscher Bund" gegründet. Durch den preußisch-österreichischen Dualismus (Konflikt zwischen den Großmächten Preußen und Österreich um die Vormachtstellung) blieb die Frage der politischen Führung im Deutschen Bund ergebnislos. Die Einzelstaaten waren also politisch und wirtschaftlich eigenständig, die Macht der Monarchen wieder restauriert (z.B. absolutistische Herrscher in Österreich und Preußen). Integration Bis Anfang des 19.Jhrd. gab es nur in einer kleinen Bildungselite innerhalb der verschiedenen deutschen Territorien die Idee einer kulturellen deutschen Gemeinschaft (Betonung durch Sammlung deutscher Märchen, Verfassen der ersten deutschen Wörterbücher etc...) • Ab den Befreiungskriegen gegen Napoleon (1813-1815 als Endphase der Napoleonischen Kriege) Wandel von kulturellem zu politischem Nationalismus 37 ● ● • Ab 1840er: Entstehung nationaler Massenbewegungen (z.B. Turner- oder Sängervereine) ● Sprache ● Deutsche Sprache hatte besondere Rolle bei der Nationsbildung (z. B. bei Herder und Fichte) Sprache war Ausdruck der Volksseele, Volk war zusammengehörige Schicksalsgemeinschaft →Sprachgrenzen als Grenzen des deutschen (Forderung nach nationaler Einheit in Verbindung mit Forderung nach Freiheit und Mitbestimmung) 1832 Hambacher Fest: Massenveranstaltung auf einer Burgruine, bei der die Teilnehmer nationale Einheit, Pressefreiheit und tlws. sogar Demokratie forderten ● 1834 Gründung des Deutschen Zollvereins unter preußischer Führung (ohne Österreich): Aufhebung der Zollschranken und deshalb Entstehung eines gemeinsamen Wirtschaftsraumes ● Revolution von 1848/49 Die Revolutionen von 1848/49 fanden in ganz Europa statt und richteten sich gegen das System Metternich (Restaurationspolitik in den Jahren nach dem Wiener Kongress), sie waren Grund des sich ausbreitenden übersteigerten Nationalismus, der dann in den Imperialismus mündet ● Märzrevolution 1848 in Berlin ● Revolutionäre forderten nationale Einheit, Freiheit und nationale Selbstbestimmung Die Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche (Mai 1848 - Mai 1849) sollte mit Abgeordneten aller deutscher Einzelstaaten des Deutschen Bundes als erstes gewählte nationale Parlament alle Fragen lösen: 28. März 1849 Verabschiedung der Verfassung →Beratungen hatten zu lange gedauert und die reaktionären Kräfte in den Einzelstaaten hatten wieder die Oberhand gewonnen, sodass viele Länder ihren Abgeordneten befahlen die Mandate niederzulegen und die Nationalversammlung zu verlassen. Ein übriggebliebenes Rumpfparlament wurde dann militärisch aufgelöst die Revolution für einen liberal geprägten Nationalstaat war gescheitert Territoriums Problem der Definition: ausländische Monarchen gehörten dem Deutschen Bund an (z.B. Dänemark mit Holstein), deutschsprachige Länder gehörten nicht zum Deutschen Bund (z.B. Schleswig) ● Reichsgründung ● Nach der gescheiterten Revolution hatten in den deutschen Einzelstaaten wieder die alten Kräfte das Sagen (bürgerlich-liberale Kräfte hatten keine Bedeutung mehr) 18. Januar 1871: Gründung des Deutschen Reichs durch Ausrufung von Wilhelm I. zum Kaiser durch die Fürsten (gewählte Volksvertreter waren nicht anwesend) 38 ●• ● ● Ausgrenzung von Reichsfeinden Den Reichnationalismus, also die Einschwörung der Bevölkerung auf den Kaiser und die Nation, sah man durch Katholiken, Sozialisten und nationale Minderheiten bedroht ● Deutsches Kaiserreich als sog. „kleindeutsche Lösung" (also ohne Österreich unter der Vorherrschaft Preußens) realisiert Architekt des Deutschen Kaiserreiches ist Otto von Bismarck, der als preußischer Ministerpräsident und ab 1871 als deutscher Reichskanzler die Reichsverfassung wesentlich in seinem Sinne geprägt hat → er baute mit dem Deutschen Reich einen autoritären Macht- und Obrigkeitsstaat aus Die innere Einigung wurde durch aggressiven Nationalismus abgesichert ● Bismarck bekämpfte die katholische Kirche (als geistlichen Einfluss) im ,,Kulturkampf" (1871-1879) um den Staat von der katholischen Kirche in ihrer politischen und rechtlichen Dimension zu lösen und erließ diverse Kirchengesetze (Kanzelparagraph, Jesuitengesetz, Schulaufsichtsgesetz, etc...) → ab 1879/80 Beilegung, da sich die Gegner der Gesetze mehrten und er eine Mehrheit gegen die Sozialisten brauchte. Bismarck sah Sozialdemokraten als größte Gefahr: Einführung der Sozialistengesetze (1878-1890), mit denen sozialistische, sozialdemokratische und kommunistische Versammlungen, Vereine und Druckwerke verboten wurden. Da aber im Reichstag ein Mehrheitswahlrecht (Wahl von Einzelpersonen nach Mehrheit) galt, konnten trotzdem Sozialdemokraten in den Reichstag gewählt werden und ihre Partei vertreten. Das Ziel die Sozialdemokratie zu schwächen wurde durch die Gesetze verfehlt, im Gegenteil organisierten sich die Sozialdemokraten besser und wurden so sogar gestärkt. 1890 wurde die turnusmäßige Verlängerung der Gesetze nicht mehr durch eine Mehrheit im Reichstag getragen und somit abgeschafft. Nationale Minderheiten (Polen, Dänen, etc...) wurden ausgegrenzt, indem Deutsch als Schul-, Geschäfts- und Amtssprache eingeführt wurde. • Juden waren zwar durch die Reichsverfassung rechtlich gleichgestellt, blieben aber sozial diskriminiert. 2.4 Funktion und Wirkung nationaler Selbst- und Fremdbilder: das deutsch- französische Verhältnis Deutschland und Frankreich haben heute ein sehr enges, freundschaftliches und politisches Verhältnis, sie gelten als ,,Motor der EU", dies war allerdings bis 1945 nicht möglich, da es im Kontext einer angeblichen „Deutsch-französischen Erbfeindschaft" im 19. und beginnenden 20. Jhrd. eine lange Phase der gegenseitigen Vorurteile und Feindbilder gab. Deutsch-französische Erbfeindschaft 39 ● ● Deutsch-französisches Verhältnis 1840 - 1945 Wachsendes Nationalbewusstsein ab der Französischen Revolution Rheinkrise 1840: Französische Regierung versuchte Probleme in der Orientpolitik mit einer offensiven Ostpolitik auszugleichen und brachte Überlegungen über den Rhein als „natürliche" Grenze zwischen Frankreich und Deutschland ins Spiel (die Rheinprovinz westlich des Rheins gehörte zum Preußen). Es kam zu Kriegsforderungen in der französischen Presse. In der deutschen Bevölkerung wurde Kriegsangst geschürt. Die Sicherung der Rheingrenze wurde als Sache aller Deutschen verstanden („Rheinlied- Bewegung") und schürte Ressentiments gegen die Franzosen. Der französische König wechselte die Regierung aus und kehrte zu einer Politik des europäischen Gleichgewichts zurück → die Rheinkrise verebbte. ● ● Viele einzelne Konflikte zwischen Deutschland und Frankreich vor dem 18.Jhrd., allerdings eher als Auseinandersetzungen zwischen herrschenden Dynastien Ab der Französischen Revolution und dem danach anschwellenden Nationalismus im 19. Jhrd. entwickelten sich konkrete nationale Stereotype und damit Feindbilder Mit den napoleonischen Kriegen (1799-1815) und dem deutsch-französischen Krieg (1870/71) entstand die Legende der deutsch-französischen Erbfeindschaft": man versuchte auf der Grundlage der unterschiedlichen Nationen einen jahrhundertelangen Konflikt zwischen Franzosen und Deutschen zu konstruieren ● Nach der Rheinkrise wurde deutlich, dass der Nationalismus nun eine Massenerscheinung (und nicht mehr das Streben einer bürgerlichen Elite) war Deutschlandlied von 1841 (ab 1922 offizielle deutsche Nationalhymne) Erster Weltkrieg 1914-1918: erstmalig ein Krieg, der als existenzieller Überlebenskampf der eigenen Nation gesehen wurde → es ging also nicht mehr allein um politische Interessen, sondern um die Erhaltung des eigenen kollektiven nationalen Wertesystems gegenüber dem als bedrohlich empfundenen Fremden. Dieser Kriegspatriotismus entwickelte in den einzelnen Ländern eine enorme Integrationskraft, wobei Spannungen innerhalb der Nationen ausgeblendet wurden und die Gräben gegenüber den anderen Nationen tiefer wurden. Durch den Nationalismus wurden die Massen fanatisiert und der Hass gegen den Nachbarn steigerte sich → „deutsche Kultur" gegen ,,französische Zivilisation" → „Ideen von 1914" gegen die „Ideen von 1789" Zwischenkriegszeit: Revanchegelüste der Franzosen als Siegermacht: erhebliche Beschränkung der Deutschen durch Versailler Vertrag Rachegefühle in der deutschen Bevölkerung, Erstarken von antifranzösischen Ressentiments. Gleichzeitig aber auch Versuche der deutsch-französischen Aussöhnung während der Weimarer Republik (Konferenz von Locarno 1925). Antikriegsroman „Im Westen nichts Neues" von Erich Maria Remarque als Darstellung des Ersten Weltkrieges, der sowohl deutsche als auch französische Soldaten als Leidende darstellt. Zweiter Weltkrieg 1939-1945: antifranzösische Rachegefühle wurden durch den deutschen Aggressionskrieg gegen Frankreich 1940 befriedigt. Frankreich 40 2.5 Die Anfänge der europäischen Integration nach 1945 und die deutsch- französische Aussöhnung ● ● Europäische Integration nach 1945 Idee einer europäischen Vereinigung aus Angst vor Drittem Weltkrieg, um wirtschaftliche Interessen stärker zu fördern, um Deutschland fest einbinden zu können und um dem Kommunismus stärker entgegenzustehen. ● wurde von 1940- 1944 von den Deutschen besetzt. Auf französischer Seite verstärkten sich die Hassgefühle durch die Judenverfolgung, der Verwendung von Franzosen als Zwangsarbeiter und den allgemeinen Terror gegenüber der Bevölkerung. ● ● Ideen eines europäischen Zusammenwachsens gibt es schon seit dem Mittelalter, aber erst zu Beginn des 20. Jhrds. konkrete Bestrebungen (Paneuropa-Union, 1922). Besonders der französische Außenminister Aristide Briand engagierte sich für eine europäische Zusammenarbeit und entwarf bereits Vorformen des Europarates. Die Ideen einer überstaatlichen europäischen Ordnung wurden von den Widerstandsbewegungen gegen den Nationalsozialismus in der Zeit des Zweien Weltkriegs weiterentwickelt. Mai 1948: erster „Haager Kongress" für eine europäische Einheit ● 1948: Gründung des europäischen Wirtschaftsrats zur Verteilung der Mittel aus dem Marshallplan 1949: Gründung der NATO (BRD seit 1955) 1949: Gründung des Europarats (BRD erst ab 1951 Vollmitglied) 1951: Gründung der EGKS (Europäische Gemeinschaft für Kohle und Stahl, auch Montanunion) durch 6 Gründerstaaten (BRD, F, I, B, NL, L): gemeinsame Industrie- und Wirtschaftspolitik auf dem Gebiet der Schlüsselindustrien ● 1946 Forderung Winston Churchills nach der Schaffung der Vereinigten Staaten von Europa" 1958: Römische Verträge: Gründung der EWG (Europäische Wirtschaftsgemeinschaft), Nutzung der friedlichen Nutzung von Atomenergie durch EURATOM, gemeinsame Zoll-, Handels-, Agrar- und Verkehrspolitik • 1967: Zusammenfassung von EWG, EGKS und EURATOM zur EG (Europäische Gemeinschaft) Deutsch-französische Aussöhnung nach 1945 Frankreich musste nach dem Zweiten Weltkrieg den Gedanken einer extremen Schwächung Deutschlands aufgeben, da die USA auch hinsichtlich des sich herauskristallisierenden Ost-West-Konfliktes gegen die UdSSR. Frankreich veränderte ab den 1950er Jahren seine Politik gegenüber der BRD und setzten auf Kooperation ● 1962 gegenseitige Staatsbesuche Deutsch-französischer ● 1963 regelmäßige deutsch-französische Absprachen Zunächst Ablehnung eines wiedervereinigten Deutschlands aus französischer Perspektive →→ Zustimmung nur unter der Bedingung einer festen Einbindung Deutschlands in westliche Institutionen Freundschaftsvertrag (Elysee-Vertrag): 41 Mitterand und Kohl arbeiteten weiterhin auf eine „Europäische Union" und eine europäische Währung hin 1992 Gründung der Europäischen Union (Vertrag von Maastricht): reformierte EG mit gemeinsamer Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) und einer Zusammenarbeit in Justiz und Inneres 1999 Gründung der Wirtschafts- und Währungsunion (WWU) und Einführung des Euro • 2013: 50. Jahrestag des Elysee-Vertrages 2.6 Die europäische Integration seit 1992 Maastrichter Vertrag als Grundlage einer gemeinsamen Wirtschafts-, Währungs-, Außen- und Sicherheitspolitik Übertragung von Teilbereichen des modernen Nationalstaats auf das vereinigte Europa • Amsterdamer Vertrag 1999: Mitbestimmung des Europaparlaments ● Europaparlament kann aber nicht mitsprechen, wenn es um Souveränität der Mitgliedsstaaten geht Ab 1989/90 Osterweiterung: osteuropäische Staaten wollten nach dem Zusammenbruch der UdSSR in die EU. Da diese insgesamt sehr strukturschwach und landwirtschaftlich geprägt waren, formulierte man im EU- Gipfel von Kopenhagen 1993 Voraussetzungen für einen EU-Beitritt (Kopenhagener Beitrittskriterien: institutionelle Stabilität, funktionsfähige Marktwirtschaft, Übernahme eines Regelwerks, etc...) ● → EU-Gipfel in Kopenhagen 2002: 2004 Erweiterung der EU von 15 auf 25 Mitglieder, 2007 auf 27 und 2013 auf 28 Mitglieder ● Konvent zur Erarbeitung einer Verfassung für die EU 2005 Abstimmung in NL und F gegen europäische Verfassung EU-Grundlagen- bzw. Reformvertrag: Vertrag von Lissabon, 2007 unterzeichnet, 2009 in Kraft getreten (Anerkennung der Grundrechtecharta von 2000) Türkei: seit den 1960ern arbeitet die Türkei am EU-Beitritt, 2005 wurden Beitrittsverhandlungen eröffnet (aber kontroverse Diskussion der anderen Mitglieder wegen kulturellen und geopolitischen Bedenken) Frage, ob sich die europäische Identität in der Bevölkerung der europäischen Nationalstaaten durchsetzt, bleibt offen Erstarken der Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) durch die Umbrüche in Osteuropa 1989/90, da KSZE das einzige Forum war, in dem die europäischen Staaten, die UdSSR und die USA vertreten waren → Weiterentwicklung der KSZE mit der Charta von Paris 1990 → Umbenennung in Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) 1995 → Verträge von Maastricht 1992/93: Abstimmung von EU und OSZE bei Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) → Vertrag von Lissabon 2009: Übertragung der Funktion der WEU (Westeuropäische Union) auf die EU → 2011 Auflösung der WEU 222 42 Die moderne Welt hat bestimmte Herangehensweisen des Denkens sowie Formen der Entstehung und Weitergabe von Wissen zur Voraussetzung. Diese erkennen die Schüler als ein spezifisches Charakteristikum europäischer Kultur mit weit zurückreichenden Wurzeln, die sehr wesentlich in der griechischen Antike und im Imperium Romanum liegen. Außerdem erfassen die Schüler, dass wesentliche Prinzipien der Legitimation und der Gestaltung politischer Gewalt in modernen westlichen Gesellschaften auf historischen Prozessen des vormodernen Europa beruhen. ● 1. Wurzeln europäischer Denkhaltungen und Grundlagen moderner politischer Ordnungsformen in Antike, Mittelalter und Früher Neuzeit antike Grundlagen europäischen Denkens im Überblick: Empirie, Rationalität und Diskurs, Römische Rechtstradition, Rolle des Christentums bei der Bewahrung antiken Wissens im Mittelalter ● Trennung von weltlicher und geistlicher Gewalt als Wurzel des weltlichen Staats: priesterkönigliches Selbstverständnis des Monarchen als rex et sacerdos, Erschütterung des theokratischen Modells in den religionspolitischen Auseinandersetzungen des 11. und des 12. Jahrhunderts das föderalistische Prinzip der Gewaltenteilung als politisches Ordnungsmodell: Struktur des Heiligen Römischen Reichs am Beispiel des frühneuzeitlichen Reichstags Wandel des Denkens durch die Aufklärung: neues Menschenbild, Menschenrechtsvorstellungen, Volkssouveränität, Gedanke der Differenzierung von gesetzgebender, vollziehender und rechtsprechender Gewalt 1.5 Menschenrechte und Gewaltenteilung - das politische Denken der Aufklärung ● Im 17. Jhrd. Herausbildung einer absolutistischen Herrschaftsform (= Machtvollkommenheit des Herrschers ohne politische Mitwirkung der ständischen Institutionen) in Frankreich unter Ludwig XIV. und den Kardinälen Richelieu und Mazarin Der französische Jurist Jean Bodin begründet diese Herrschaftsform nicht mehr theologisch (= der König als Vertreter Christi), sondern mit der Aufgabe des Staates Sicherheit und Ordnung zu schaffen. Dafür braucht der Staat die uneingeschränkte Macht, die sich im Souverän (= Staatsoberhaupt = König) ausdrückt. In seiner Definition setzt Bodin aber Grenzen, wenn es um die Naturrechte, die Gebote Gottes, das Eigentum oder die Familie geht. Der britische Philosoph Thomas Hobbes legitimiert in seinem Werk ,,Leviathan" (1651) die uneingeschränkte Staatsgewalt aus dem Zusammenleben der Menschen: die Menschen haben im Naturzustand negative Eigenschaften (Egoismus, Sucht nach Ruhm, etc...). damit die Menschen voreinander geschützt werden, übertragen sie in einem Gesellschaftsvertrag ihr Selbstbestimmungsrecht auf den Staat. Damit der Staat seiner Aufgabe (Frieden, Sicherheit, Schutz) gerecht werden kann, braucht er die uneingeschränkte Staatsgewalt. Der Souverän des Staates steht über dem Gesellschaftsvertrag und hat die alleinige Macht über jeglichem Recht und Gerechtigkeit. Im Gegensatz zu Aristoteles, der den Zweck des Staates im Wohl aller sieht, betont Hobbes den Zweck des Staates in der Vermeidung von Gefahren. → problematisch, da Hobbes mit dieser Theorie jede Gewalt- und Willkürherrschaft legitimiert. Hobbes Theorie passt grundsätzlich nicht zur englischen Geschichte, die ja gerade die Basis der Gewaltenteilung darstellt: das englische Parlament hat seinen Ursprung in der 43 ● ● ● angelsächsischen Ratsversammlung „Witenagemot" (= Rat der Weisen). Nach der Invasion der Normannen wurde diese Versammlung zum königlichen Rat, der „curia regis" (Versammlung und Beratung des Königs durch Kronvasallen und Kleriker). Um einen Adelsaufstand zu beschwichtigen, gestand der englische König Johann (Johann Ohneland, engl. John Lackland) Anfang des 13. Jhrds. den führenden Adligen in der ,,Magna Charta" bedeutende Rechte zu (z. B. durfte der König ohne Zustimmung des Rates keine Steuern einführen oder einziehen). In den folgenden Jahrhunderten entwickelte sich aus der „curia regis" das englische Parlament, geteilt in ein Unter- und ein Oberhaus (diese Einteilung geht zurück auf den sechsten Earl of Leichester, der im Zuge einer Revolte gegen seinen Schwager König Heinrich III. ein Parlament einberief, wobei er aus einer Grafschaft je zwei Ritter und zwei Bürgerliche einlud). Das bedeutendste Recht des Parlaments war die Steuerbewilligung. Im 17. Jhrd. wollten zuerst König Jakob I. (Sohn von Maria Stuart, erster Stuart an der englischen Herrschaft) und dann sein Sohn und Nachfolger Karl I. die absolute Königsmacht durchsetzen und somit ohne das Parlament regieren. Dieser Konflikt zwischen Parlament und Monarchie führte unter Karl I. zum englischen Bürgerkrieg (1642-1649), in dessen Verlauf das Parlamentsheer unter Oliver Cromwell (Abgeordneter des Unterhauses, Puritaner) das Heer der Royalisten besiegte, König Karl I. vom Parlament verurteilt und hingerichtet wurde. Die Monarchie wurde (zeitweilig) abgeschafft und England zur Republik erklärt. Cromwell regierte als ,,Lordprotector" das „Commonwealth of England", eine Militärdiktatur gegen das Parlament. Cromwells Sohn Richard konnte diese Militärdiktatur nicht fortführen, das sich das Parlament wehrte und den Sohn Karls I. als König Karl II. auf den Thron rief. Er und sein Nachfolger stießen aber auch mit ihren absolutistischen Gedanken auf Widerstand. Erst Wilhelm von Oranien, der mit Unterstützung des Parlaments in der „Glorious Revolution" den britischen Thron eroberte, und seine Frau, Maria von England, stimmten der „Bill of Rights" 1689 zu und bestätigten somit offiziell die Rechte des Parlaments (Einberufung des Parlaments, Bewilligung von Steuern und Abgaben, Immunität, Redefreiheit, etc...). Politischer Theoretiker der „Glorious Revolution" war John Locke: In seinem Hauptwerk ,,Two Treatises of Government" erklärt er eine Regierung dann für rechtmäßig, wenn die Regierten (= Bürger) ihr zustimmen und wenn die Naturrechte (Freiheit, Leben, Eigentum) garantiert sind. Ist dem nicht so, dürfen die Regierten sich gegen die Staatsgewalt auflehnen. Die Regierten brauchen nicht auf ihre Naturrechte verzichten, sondern setzten den Staat ein, um diese zu schützen. Damit die Staatsvertreter ihre Macht nicht missbrauchen können, schlägt Locke eine Gewaltenteilung vor: die exekutive (ausführende Gewalt mit Regierung und Verwaltung), die Legislative (gesetzgebende Gewalt des Parlaments), die Föderative (verbunden mit allen außenpolitischen Angelegenheiten) und die Prärogative (Macht, die ohne gesetzliche Bindung für das wohl sorgen kann). Lockes Staatstheorie beeinflusste das Denken der Aufklärung: sie forderten Bildung und Wissen (als Ausweg aus Unterdrückung und Armut) für alle und konzipierten das erste Universallexikon (Encyclopédie unter der Leitung von Diderot und d'Alembert). Die bedeutendsten Aufklärer der Zeit (Voltaire, Rousseau, etc...) schrieben Artikel über alle wichtigen Wissensbereiche. V.a. Voltaire verstand den englischen Parlamentarismus als vorbildhaft. Montesquieu untersuchte in seinem Werk ,,De l'esprit des lois" (1748) das politische System Englands: er unterscheidet die drei Regierungsformen Republik/ Monarchie/ Despotie und überarbeitet Lockes Theorie der Gewaltenteilung: über die Legislative und die exekutive hinaus fordert er eine unabhängige Judikative (rechtsprechende Gewalt). Rousseau wiederum betont nicht die Gewaltenteilung, sondern die Volkssouveränität (= Volk steht als souveräner Träger der Staatsgewalt über der politischen Ordnung und der Verfassung): Mit ihr begründet er die Rechte und Pflichten des einzelnen Individuums im Staat. Basis seiner Theorie ist die Annahme, dass der Mensch im Naturzustand moralisch gut ist und nur durch die Zivilisation verdorben wird (Erziehungsroman „Emile"): Zivilisation führt zu Strukturen und diese wiederum zu Unterdrückung. Auf diesen Prinzipien der Aufklärung (Volkssouveränität, Gewaltenteilung, etc..) wurde 1787 die Verfassung der Vereinigten Staaten aufgebaut: Kongress, Präsident und 44 ● Supreme Court sollen sich kontrollieren und das Machtgleichgewicht erhalten. Durch Checks and Balances soll die Gewaltenteilung gesichert werden. In Deutschland verlief die Aufklärung gemäßigter ab: Immanuel Kant, der wichtigste deutsche Aufklärer, setzte das freie und kritische Denken der Menschen (,,Aufklärung ist der Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit. Unmündigkeit ist das Unvermögen, sich seines Verstandes ohne Anleitung eines anderen zu bedienen. Selbst verschuldet ist diese Unmündigkeit, wenn die Ursache derselben nicht am Mangel des Verstandes, sondern der Entschließung und des Muthes liegt, sich seiner ohne Leitung eines anderen zu bedienen. Sapere aude [wage es verständig zu sein]! Habe Muth, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen! ist also der Wahlspruch der Aufklärung." - BEANTWORTUNG DER FRAGE: WAS IST AUFKLÄRUNG?: Berlinische Monatsschrift, 1784,2, S. 481-494) als Basis der Aufklärung und der Emanzipation. Er unterschied auch zwischen den drei Gewalten, räumte dem Volk aber keinen Widerstand gegen den Staat ein. IM Gegensatz sollte es Aufgabe des Souverän sein durch Reformen Veränderungen einzuführen → Basis aufgeklärten Absolutismus: deren Repräsentanten sahen sich als erste Diener des Staates" und sahen es somit als ihre Pflicht über das ungebildete Volk zu regieren. In Bayern verbreitete sich der Gedanke der Aufklärung ab der zweiten Hälfte des 18. Jhrds.: die ersten bayerischen Aufklärer schlossen sich zum Geheimbund der Illuminaten zusammen (1776 gegründet, 1785 verboten) und trugen wesentlich zu konkreten Staatsreformen und Popularisierung der Aufklärung bei. Maximilian von Montgelas schuf als ehemaliger Illuminat durch eine umfassende Reform einen modernen und rationalen bayerischen Staat, der allerdings sehr autoritär war und die Gewaltenteilung in seiner Verfassung von 1809 nicht vorsah. 45