Konventionelle und postkonventionelle Stufen
In Stufe 4 des konventionellen Stadiums entwickelt sich eine Orientierung an "Recht und Ordnung". Menschen denken jetzt in sozialen Systemen und verstehen, dass die Aufrechterhaltung der sozialen Ordnung eine moralische Pflicht ist. Die gesellschaftliche Perspektive wird wichtiger, und formale Institutionen werden als notwendig für die Konfliktlösung anerkannt.
Auf dieser Stufe werden individuelle Interessen im Konfliktfall dem System untergeordnet - Legalität wird zum wichtigsten moralischen Maßstab. Eine typische Denkweise ist: "Was wäre, wenn das jeder täte?"
Das postkonventionelle Stadium Stufen5−6 erreichen deutlich weniger Menschen. In Stufe 5 entwickelt sich die Sozialvertragsorientierung. Das soziale System existiert zum Zweck seiner Mitglieder und nicht umgekehrt. Die Gesellschaft wird zum Objekt der Kritik, und es entsteht eine neue Toleranz: Verschiedene Werte können gleichermaßen berechtigt sein.
Entscheidungen werden mit Rückgriff auf universelle Prinzipien getroffen. Der Grundsatz der Achtung vor dem Menschen kann sogar rechtfertigen, Gesetze zu brechen, wenn diese unmoralisch sind. In diesem Stadium wird die Unterscheidung zwischen "moralisch, aber ungesetzlich" und "gesetzlich, aber unmoralisch" wichtig.
In Stufe 6 orientieren sich Menschen an ethischen Prinzipien mit universalem Geltungsanspruch. Das moralische Gesetz wird dem legalen übergeordnet. Entscheidungen werden an universellen ethischen Prinzipien gemessen, wobei die Perspektive der gesamten Menschheit eingenommen wird.
💡 Überlege: Ein ungerechtes Gesetz entsteht oft, wenn eine mächtigere Gruppe eine schwächere zwingt, bestimmten Regeln zu folgen. Kannst du Beispiele aus der Geschichte oder Gegenwart nennen?
Die Moralentwicklung nach Kohlberg ist nicht nur eine theoretische Konstruktion, sondern hat praktische Bedeutung für Erziehung und Bildung.