Struktur einer Quellenanalyse in Geschichte
Eine gute Quellenanalyse beginnt mit der formalen Analyse. Hier untersuchst du Textsorte, Titel, Entstehungszeit und -ort sowie Informationen zum Autor und Adressaten. Auch die Intention und das Thema der Quelle werden hier bestimmt.
Bei der inhaltlichen Analyse gliedere den Text in Sinnabschnitte. Gib für jeden Abschnitt den Inhalt wieder und stelle die Argumentationsstruktur detailliert dar. Wichtig: Verwende für fremde Aussagen den Konjunktiv und mache bei Textstellen präzise Zeilenangaben ohne "ff.".
💡 Praxistipp: Beziehe dich immer auf den historischen Kontext der Quelle! Vermeide die "kritische Mülleimertechnik" - also das wahllose Aufzählen von Fakten ohne Zusammenhang zur Quelle.
Zum Abschluss einer Quellenanalyse kommt die Beurteilung oder Bewertung. Bei der Beurteilung nimmst du die damalige Sicht ein, bei der Bewertung die heutige Perspektive. Prüfe die Glaubwürdigkeit: Wer ist der Autor? Wann wurde die Quelle verfasst? Wie relevant ist sie im historischen Kontext?
Die Ruhrpolen - Ein historisches Beispiel
Die Ruhrpolen waren polnischsprachige Einwanderer, die nach den polnischen Teilungen 1772−1795 zwischen Russland, Habsburg und Preußen ins Ruhrgebiet kamen. Ihre Zahl stieg von etwa 40.000 1880 auf 500.000 1910 - ein beeindruckendes Beispiel für Migration im 19. und 20. Jahrhundert.
Die Anwerbung erfolgte über preußische Zeitungen und Märkte mit verlockenden Versprechungen: günstiges Wohnen mit Garten und Stall, Gemeinschaft mit Landsleuten, gute Infrastruktur und sogar Geldvorschüsse. Die Realität sah jedoch anders aus: Die Einwanderer mussten Deutsch lernen, Polnisch war in Schulen verboten, und es gab kaum Aufstiegschancen.
Die Germanisierungspolitik führte zur Überwachung der polnischen Presse und zur Eindeutschung von Nachnamen. Religiöse Praktiken wurden eingeschränkt, sodass viele Polen heimliche Messen abhielten. Der Alldeutsche Verband 1899−1901 verstärkte die Unterdrückung politischer Aktivitäten der polnischen Einwanderer.