Aufbau einer Quellenanalyse
Eine Quellenanalyse besteht aus drei Hauptteilen, die dir helfen, historische Quellen zu verstehen. Bei der formalen Analyse untersuchst du Textsorte, Titel, Entstehungszeit und -ort, Autor, Adressat und Intention der Quelle. Diese Aspekte bilden die Grundlage deiner Untersuchung.
In der inhaltlichen Analyse gliederst du die Quelle in Sinnabschnitte und gibst den Inhalt mit eigenen Worten wieder. Achte dabei auf die Argumentationsstruktur und verwende den Konjunktiv für fremde Aussagen. Vermeide direkte Zitate und nutze stattdessen Zeilenangaben ohne "ff.".
Für die historische Einordnung musst du die Quelle in ihren zeitlichen Kontext einbetten. Beziehe dich dabei konkret auf die Quelle und vermeide die "Mülleimertechnik" (wahllose Aufzählung von Faktenwissen). Beim Beurteilen oder Bewerten unterscheide zwischen der damaligen Sicht (beurteilen) und der heutigen Perspektive (bewerten).
💡 Praxistipp: Formulierungshilfen für die Quellenanalyse findest du online als PDF. Diese helfen dir, präzise und fachlich korrekt zu formulieren.
Die Ruhrpolen als historisches Beispiel
Die Ruhrpolen waren polnischsprachige Einwanderer, die nach der Teilung Polens (1772, 1793, 1795) zwischen Russland, Habsburg und Preußen ins Ruhrgebiet kamen. Die Zahl der Migranten stieg von 40.000 (1880) auf 500.000 (1910) stark an.
Interessanterweise waren die meisten "Polen" eigentlich Deutsche Staatsbürger aus Ostpreußen mit polnischer Sprache und Kultur. Sie wurden in preußischen Zeitungen mit verlockenden Versprechen angeworben: 4 DM Monatslohn, günstige Wohnungen mit Garten, Gemeinschaft mit Landsleuten und sogar Geldvorschüsse bis zu 50 DM.
Die Realität sah jedoch anders aus: Die Einwanderer mussten Deutsch lernen, Polnisch war in Schulen verboten, und sie hatten kaum Aufstiegschancen. Sie wurden als faul und aufständig stereotypisiert, ihre Presse überwacht und ihre religiösen Praktiken eingeschränkt. Diese Germanisierungspolitik führte dazu, dass die Ruhrpolen heimliche Messen abhielten und ihre Identität trotz Druck bewahrten.