Weimarer Verfassung vs. Grundgesetz
Die Weimarer Verfassung schuf mit dem Reichspräsidenten einen mächtigen "Ersatzkaiser", der weitreichende Befugnisse besaß. Er konnte den Reichstag auflösen und Reichskanzler entlassen, was besonders ab 1930 problematisch wurde, als Reichspräsident Hindenburg durch Artikel 48 Regierungen ohne parlamentarische Mehrheiten (Präsidialkabinette) bildete.
Die politische Instabilität wurde durch das reine Verhältniswahlrecht verstärkt, das zu vielen Splitterparteien führte und Regierungsbildungen erschwerte. Der Reichstag konnte den Kanzler durch ein destruktives Misstrauensvotum abwählen, ohne einen Nachfolger zu bestimmen. Die einfache Möglichkeit zur Verfassungsänderung und Volksentscheide für Gesetze boten wenig Stabilität. Diese Schwächen der Weimarer Verfassung wurden verhängnisvoll, als die Nationalsozialisten 1933 mit dem Ermächtigungsgesetz die Verfassung faktisch außer Kraft setzten.
Das Grundgesetz von 1949 wurde als Reaktion auf diese Erfahrungen entwickelt und verankerte das Konzept der wehrhaften Demokratie. Der Bundespräsident erhielt überwiegend repräsentative Funktionen und kann den Bundeskanzler nicht entlassen. Das personalisierte Verhältniswahlrecht mit 5%-Hürde verhindert die Zersplitterung des Parlaments.
Merkbox: Wehrhafte Demokratie
Die wehrhafte Demokratie im Grundgesetz schützt sich selbst durch Instrumente wie die Ewigkeitsklausel, das Parteiverbotsverfahren und die 5%-Hürde. Diese Schutzmechanismen wurden als direkte Antwort auf das Scheitern der Weimarer Republik eingeführt.
Ein zentraler Unterschied ist das konstruktive Misstrauensvotum, bei dem ein neuer Kanzler gleichzeitig gewählt werden muss. Die starke Stellung des Bundeskanzlers führte zum Begriff der "Kanzlerdemokratie". Volksentscheide sind stark eingeschränkt und die Ewigkeitsklausel schützt wesentliche Verfassungsprinzipien vor Abschaffung – ein deutlicher Kontrast zur leicht änderbaren Weimarer Verfassung.