Vergleich der Weimarer Verfassung mit dem Grundgesetz
Die dreißig Jahre zwischen der Weimarer Verfassung von 1919 und dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland von 1949 brachten fundamentale Veränderungen in der deutschen Verfassungsgeschichte. Diese Unterschiede spiegeln die Lehren wider, die aus den Erfahrungen der Weimarer Republik gezogen wurden.
Stellung des Präsidenten
In der Weimarer Verfassung war der Reichspräsident mit weitreichenden Befugnissen ausgestattet, was ihm den Beinamen "Ersatzkaiser" einbrachte.
Highlight: Der Reichspräsident konnte den Reichstag auflösen und den Reichskanzler entlassen, was sich besonders ab 1930 als problematisch erwies.
Im Gegensatz dazu wurde das Amt des Bundespräsidenten im Grundgesetz bewusst mit weniger Macht ausgestattet. Er hat hauptsächlich repräsentative Aufgaben und kann den Bundeskanzler nicht entlassen.
Wahlsystem und Regierungsbildung
Die Weimarer Republik verwendete ein reines Verhältniswahlrecht, was zu einer Vielzahl von Splitterparteien und instabilen Regierungen führte.
Example: Die Schwierigkeit, koalitionsfähige Regierungen zu bilden, führte zu den sogenannten Präsidialkabinetten unter Reichspräsident Hindenburg.
Das Grundgesetz führte ein personalisiertes Verhältniswahlrecht mit einer 5%-Hürde ein, um die Bildung stabiler Regierungen zu erleichtern.
Schutz der Verfassung
Eine der größten Schwächen der Weimarer Verfassung war ihre leichte Änderbarkeit.
Highlight: Das Ermächtigungsgesetz vom 24. März 1933 setzte die Weimarer Verfassung praktisch außer Kraft und ebnete den Weg für die nationalsozialistische Diktatur.
Das Grundgesetz enthält dagegen eine Ewigkeitsklausel, die bestimmte Grundprinzipien vor Änderungen schützt und so eine wehrhafte Demokratie etabliert.
Vocabulary: Wehrhafte Demokratie bezeichnet ein Konzept, bei dem die Demokratie sich selbst vor antidemokratischen Kräften schützt.
Regierungssystem
Das Grundgesetz stärkt die Position des Bundeskanzlers, was zur Bezeichnung "Kanzlerdemokratie" geführt hat. Der Bundeskanzler kann nur durch ein konstruktives Misstrauensvotum abgewählt werden, was die Stabilität der Regierung erhöht.
Definition: Ein konstruktives Misstrauensvotum erfordert, dass bei der Abwahl des amtierenden Kanzlers gleichzeitig ein neuer Kanzler gewählt wird.
Diese Verfassungsänderungen zeigen deutlich, wie die Erfahrungen der Weimarer Republik in die Gestaltung des Grundgesetzes eingeflossen sind, um eine stabilere und widerstandsfähigere demokratische Ordnung zu schaffen.