Die Weimarer Nationalversammlung und Verfassung
Die Weimarer Verfassung wurde von der Nationalversammlung erarbeitet, die am 6. Februar 1919 im Nationaltheater in Weimar zusammentrat. Diese Versammlung fungierte sowohl als Parlament als auch als verfassungsgebende Institution.
Die Wahl vom 19. Januar 1919 brachte die SPD mit 37,9% der Stimmen als stärkste Partei hervor. Gemeinsam mit der Zentrumspartei und der DDP bildete sie die sogenannte Weimarer Koalition. Friedrich Ebert wurde zum Reichspräsidenten gewählt und beauftragte Philipp Scheidemann mit der Regierungsbildung, wodurch dieser zum ersten Reichskanzler der neuen Republik wurde.
Highlight: Die Nationalversammlung tagte zunächst in Weimar aufgrund der Unruhen in Berlin, zog aber am 30. September 1919 nach Berlin um.
Die Weimarer Verfassung trat am 14. August 1919 in Kraft und definierte Deutschland als Republik, in der die Staatsgewalt vom Volk ausging. Sie führte bedeutende Neuerungen ein:
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Allgemeines Wahlrecht: Alle Bürger über 20 Jahre, einschließlich Frauen, erhielten das Wahlrecht. Dies war ein Meilenstein für die Frauenrechte in Deutschland.
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Verhältniswahlrecht: Dieses System sollte eine faire Repräsentation aller politischen Strömungen gewährleisten.
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Starke Stellung des Reichspräsidenten: Der Präsident wurde direkt vom Volk gewählt und hatte weitreichende Befugnisse.
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Volksbegehren und Volksentscheide: Diese Elemente der direkten Demokratie gaben dem Volk mehr Einfluss auf politische Entscheidungen.
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Parlamentarische Kontrolle: Der Reichstag konnte durch ein Misstrauensvotum den Reichskanzler und Minister zum Rücktritt zwingen.
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Soziale Grundrechte: Die Verfassung legte den Grundstein für ein umfassendes Sozialversicherungswesen.
Definition: Volkssouveränität bedeutet, dass die Staatsgewalt vom Volk ausgeht und durch Wahlen ausgeübt wird.
Trotz dieser fortschrittlichen Elemente hatte die Verfassung auch Schwächen:
- Der Artikel 48 der Weimarer Verfassung erlaubte dem Reichspräsidenten, in Krisenzeiten mit Notverordnungen zu regieren und den Reichstag aufzulösen.
- Es gab keine Sperrklausel für Kleinparteien, was zu einer Zersplitterung des Parlaments führte.
- Es fehlten Schutzmechanismen gegen verfassungsfeindliche Parteien.
Quote: Artikel 48, Absatz 2: "Der Reichspräsident kann, wenn im deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten."
Die Weimarer Verfassung schuf ein komplexes System von Verfassungsorganen und politischen Parteien. Die wichtigsten Parteien waren:
- SPD: klassische Arbeiterpartei, für eine parlamentarische Demokratie
- USPD: revolutionäre Linkspartei
- DDP: linksliberal, vertrat die Interessen des Bürgertums
- Zentrum: katholische Volkspartei, unterstützte die Weimarer Republik
- DNVP: konservativ-monarchistisch, republikfeindlich
- NSDAP: republikfeindlich, diktatorisch ausgerichtet
Vocabulary: Gewaltenteilung bezeichnet die Aufteilung der Staatsgewalt in Legislative (Gesetzgebung), Exekutive (Regierung und Verwaltung) und Judikative (Rechtsprechung).
Die Weimarer Verfassung war ein ambitionierter Versuch, eine moderne Demokratie in Deutschland zu etablieren. Trotz ihrer innovativen Elemente und der Einführung wichtiger demokratischer Prinzipien enthielt sie jedoch auch Schwachstellen, die später von antidemokratischen Kräften ausgenutzt werden konnten.