Einleitung
Der Pädagogikprofessor Helmut Fend beschäftigt sich mit den Funktionen der Schule und wie diese gesellschaftlich und individuell zugeordnet werden können.
Laut Fends Theorien ist Schule für die Gesellschaft ein unverzichtbarer Teil des Bildungssystems und dient zur gesellschaftlichen Reproduktion. Durch ein erfolgreiches Durchlaufen der Schule qualifiziert sich das Individuum für die Einnahme von gesellschaftlichen und beruflichen Positionen. Außerdem wird durch die Schule eine Rückentwicklung der Gesellschaft verhindert, da stets Fertigkeiten und Wissen weitergegeben werden und der Entwicklungszustand der Gesellschaft so aufrechterhalten wird. Die zwei grundlegenden Funktionen von Schule sind laut Fend die „Reproduktion der Gesellschaft“ und die „Ausbildung der Persönlichkeit“.
Bildungsbegriff nach Fend
Bildung hat die Aufgabe, Gesellschaft und Kultur zu reproduzieren und zu innovieren, zudem wirkt sie ebenso auf die Handlungsfähigkeit des Individuums ein. Diese Doppelfunktion (individuell und gesellschaftlich) stehen in Wechselwirkung zueinander und bedingen sich gegenseitig. Wichtige Aufgaben der Bildung sind nach Fend die Wissensvermittlung und Förderung der Rationalität. Die Verknüpfung von Bildung und Politik ist dabei unerlässlich. Die LuL haben dabei die Aufgabe, die SuS zu integrieren und zu fördern, während die kulturelle Identität gewahrt wird. Fend unterscheidet zwischen 4 gesellschaftlichen Funktionen der Schule und vier individuelle, die an die gesellschaftlichen gekoppelt sind.
Enkulturationsfunktion
Die erste gesellschaftliche Funktion ist die „Enkulturationsfunktion“ bzw „Sozialisation“ (KULTUR). Sie sagt aus, dass in der Schule soziokulturelle Werte und Normen vermittelt werden sollten, damit ein Maßstab für das Denken und Handeln im Sinne der Gesellschaft gegeben ist, und die Beherrschung grundlegender Symbolsysteme, wie Sprache und Schrift erlernt werden müssen.
Die Individuelle Funktion, die daran gekoppelt ist, ist die „Kulturelle Teilhabe und Identität“. Man kennt sich in seiner Kultur aus und kann sich mit ihr identifizieren. Außerdem stärkt man die Autonomie im Denken und Handeln.
Qualifikationsfunktion
Die zweite gesellschaftliche Funktion ist die „Qualifikationsfunktion“. (WIRTSCHAFT) Nach ihr sollen in der Schule Fähigkeiten, Kenntnisse und Wissen vermittelt werden. Außerdem sollten die Schüler eine gewisse Qualifikation fürs spätere Berufsleben erlangen und in der Lage sein, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit aufrechtzuerhalten.
Die individuelle Funktion, die daran gekoppelt ist, ist die „Berufsfähigkeit“. Man sollte auf den späteren Beruf vorbereitet werden, sodass man seinen eigenen Lebensunterhalt später bezahlen kann. Außerdem sollte man eine gewisse Selbstständigkeit fürs Berufsleben erlangen, die einem eine Berufliche Perspektive ermöglicht.
Allokationsfunktion
Die dritte gesellschaftliche Funktion ist die „Allokationsfunktion“ bzw. „Selektionsfunktion“ (SOZIALSTRUKTUR). Laut ihr werden die Schüler bereits durch ihre Leistungen in der Schule verschiedenen Berufslaufbahnen zugeordnet und sozial positioniert. Dieser Prozess wird von deren sozialen und kulturellen Umständen beeinflusst. Schüler werden also gezielt durch deren Leistungen und Umständen selektiert.
Die individuelle Funktion, die daran gekoppelt ist, ist die „Lebensplanung“. Man sollte seine berufliche Stellung durch eigene Lern Anstrengung und durch schulische Leistungen in die eigene Hand nehmen und seine individuelle Bildungs- und Berufsbiographie planen. Die berufliche Stellung sollte eigens bestimmt werden.
Integrations- und Legitimationsfunktion
Die vierte gesellschaftliche Funktion von Schule ist die „Integrations- und Legitimationsfunktion“ (POLITISCHE SYSTEME). Sie besagt, dass die Schüler den gesellschaftlichen Zustand stärken müssen und die Normen, Werte und Weltansichten weitergeben sollten. Eine kulturelle und soziale Identität soll geschaffen werden. Die Schule ist dabei der Ort des demokratischen Handelns, in dem die Schüler dem gesellschaftlichen Regelsystem zustimmen.
Die individuelle Funktion, die daran gekoppelt ist, ist die „Soziale und Politische Teilhabe“. Man sollte anderen kulturellen Traditionen offen begegnen und die soziale Identitätsbildung und Verantwortung stärken.
Armutsfalle
Fend geht neben seinen Funktionen von Schule aber auch auf das Armutsproblem ein, welches die Funktionen beeinflussen kann. Schule kann in seinen Augen nämlich auch als „Armutsfalle“ gesehen werden.
Armut kann man in diesem Fall in Einkommensarmut und Bildungsarmut unterteilen. Mit Einkommensarmut ist gemeint, dass man ein Defizit an Konsum Chancen und ein Defizit an Gelegenheit zur Teilhabe hat. Die Bildungschancen sind dadurch geringer und es besteht ein hohes Selektionsrisiko in der Schule. Bildungsarmut beinhaltet die Zertifikatsarmut und die Kompetenzarmut. Mit Zertifikatsarmut ist gemeint, dass man im Übergang auf die Erwerbstätigkeit eingeschränkt ist und die formalen Voraussetzungen des Qualifikations- und Statuserwerbs nicht erreichen kann. Mit Kompetenzarmut ist gemeint, dass es eine kognitive und kulturelle Beziehung von Armut gibt. Die Risikogruppe liegt hierbei in Haupt- und Sonderschulen.
PISA-Studie
Als Ergänzung zu Fend lässt sich die PISA-Studie ganz gut einordnen, die alle drei Jahre untersucht, wie es um das Schulsystem steht und wo es sich hinbewegt. Sie ist eine internationale Vergleichsstudie von 80 Ländern der OECD (Organisation für Wirtschaftliche Zusammenarbeit). Jeweils 15 jährige Schüler werden in den Aufgabenfeldern Lesen, Mathematik und Naturwissenschaften verglichen. Das Problem liegt hierbei darin, dass die Bildung genau durch diese drei Thematiken definiert wird. Für die OECD steht die Stärkung der Wirtschaft nämlich im Vordergrund (Humanressourcen). Es existiert eine starke Kopplung der Schuldzuweisung an den sozioökonomischen Status der Familie (Arme Kinder kommen eher auf die Hauptschule, reiche Kinder aufs Gymnasium).
PISA-Schock
allgemeine Bestürzung nach dem schlechten Abschneiden deutscher SuS bei der PISA-Studie
👉Folgen: G8 statt G9, alle möglichen experimentellen Schulformen, Kompetenz und Output-Orientierung, Qualitätssicherungsmaßnahmen usw.
👉 Vermutlich alles zur Sicherung der Wirtschaft?