Die zehn Ziele interkultureller Erziehung und Bildung nach Nieke
Wolfgang Nieke formuliert zehn zentrale Ziele für eine erfolgreiche interkulturelle Erziehung und Bildung. Diese Ziele bilden das Fundament für die Entwicklung interkultureller Kompetenzen und ein harmonisches Zusammenleben in einer multikulturellen Gesellschaft.
Das erste Ziel ist das Erkennen des eigenen, unvermeidlichen Egozentrismus. Nieke betont, dass das Verhalten anderer oft aus der eigenen Perspektive interpretiert und bewertet wird. Das Ziel ist es, einen aufgeklärten Egozentrismus zu entwickeln, bei dem man sich bewusst ist, dass das eigene Denken stark durch den Kulturkreis geprägt ist, in dem man aufgewachsen ist.
Highlight: Die Fähigkeit zum Perspektivwechsel ist ein Schlüsselelement in Niekes Konzept der interkulturellen Pädagogik.
Das zweite Ziel befasst sich mit dem Umgang mit Befremdung. Es geht darum, ambivalente Gefühle wie Angst in Neugierde umzuwandeln. Positive Erfahrungen mit fremden Kulturen tragen dazu bei, Ängste zu überwinden und Offenheit zu fördern.
Das dritte Ziel fokussiert auf die Grundlagen von Toleranz. Nieke betont, dass Wertvorstellungen, die nicht gegen die Basisbedingungen des Zusammenlebens verstoßen, im Sinne der Demokratie akzeptiert werden sollten.
Definition: Toleranz im interkulturellen Kontext bedeutet, unterschiedliche Wertvorstellungen zu akzeptieren, solange sie nicht grundlegende demokratische Prinzipien verletzen.
Das vierte Ziel betrifft die Akzeptanz von Ethnizität und die Rücksichtnahme auf die Sprache von Minoritäten. Nieke unterstreicht das Recht von Minderheiten, ihre Sprache, Religion und Kultur zu pflegen und zu präsentieren. Er empfiehlt, dies in Schulen zu fördern und entsprechende Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen.
Example: Eine Schule könnte muttersprachlichen Unterricht für Kinder mit Migrationshintergrund anbieten oder kulturelle Feste verschiedener Ethnien feiern.
Das fünfte Ziel thematisiert Rassismus. Nieke betont die Wichtigkeit, ein Bewusstsein für Abwertungen zu schaffen und deutlich zu machen, dass diese nicht akzeptiert werden.
Das sechste Ziel konzentriert sich darauf, Gemeinsamkeiten zu betonen und der Gefahr des Ethnizismus entgegenzuwirken. Nieke warnt vor Vorurteilen gegenüber Zuwanderern und einer Gleichsetzung von Nation und Kultur. Als Lösung schlägt er vor, gleiche Werte zu identifizieren und Gemeinsamkeiten hervorzuheben.
Quote: "Kulturelle Unterschiede sollen nicht zu stark betont werden."
Die letzten vier Ziele umfassen die Ermutigung zur Solidarität, die Berücksichtigung asymmetrischer Situationen zwischen Mehrheit und Minderheit, das Einüben in Formen vernünftiger Konfliktbewältigung und den Umgang mit Kulturkonflikt und -relativismus. Nieke betont dabei die Verantwortung der Mehrheitsgesellschaft, ihre Machtposition nicht zu missbrauchen, sondern sich für Minderheiten einzusetzen.
Vocabulary: Kulturrelativismus bezeichnet die Ansicht, dass kulturelle Werte und Praktiken nur im Kontext der jeweiligen Kultur verstanden und bewertet werden können.
Insgesamt bietet Niekes Konzept der interkulturellen Pädagogik einen umfassenden Rahmen für die Entwicklung interkultureller Kompetenzen und die Förderung eines harmonischen Zusammenlebens in einer multikulturellen Gesellschaft. Seine zehn Ziele bilden eine solide Grundlage für die praktische Umsetzung interkultureller Erziehung und Bildung in Deutschland und darüber hinaus.