Grundkonzepte der kognitiven Entwicklung nach Piaget
Nach Jean Piagets Theorie wird Wissen nicht passiv aufgenommen, sondern aktiv konstruiert. Der Schweizer Entwicklungspsychologe erkannte, dass wir über das Leben hinweg bestimmte Denkmuster (Schemata) entwickeln, die unser Verständnis der Welt strukturieren.
Wenn wir mit neuen Erfahrungen konfrontiert werden, entstehen oft kognitive Konflikte. Diese lösen die sogenannte Äquilibration aus – unser Streben nach einem inneren Gleichgewicht zwischen vorhandenem Wissen und neuen Erfahrungen. Dieser Prozess wird durch zwei wichtige Mechanismen ermöglicht:
Bei der Assimilation ordnen wir neue Erfahrungen in bestehende Denkschemata ein. Zum Beispiel: Ein Kind, das bereits weiß, wie man einen Fußball schießt, wendet dieses Schema an, wenn es erstmals versucht, einen Medizinball ins Tor zu befördern. Bei der Akkomodation hingegen müssen wir bestehende Schemata anpassen oder neue bilden, wenn unsere Erfahrungen nicht zu unseren bisherigen Denkmustern passen.
💡 Merke: Die Balance zwischen Assimilation und Akkomodation (Äquilibration) ist der Motor unserer kognitiven Entwicklung. Diese Prozesse finden in jeder Entwicklungsstufe statt!
Die vier Entwicklungsstufen nach Piaget
Die sensomotorische Stufe 0−2Jahre ist geprägt von der Entwicklung der Objektpermanenz – dem Verständnis, dass Dinge weiterhin existieren, auch wenn wir sie nicht sehen. Babys lernen primär durch Sinneswahrnehmungen und motorische Handlungen.
In der präoperationalen Stufe 2−7Jahre entwickeln Kinder Symbolhandlungen und beginnen mit Sprache. Typisch für diese Phase sind Egozentrismus ("Ich bin das Zentrum"), Animismus ("Der Bleistift ist lebendig, weil er schreibt") und mangelndes Verständnis von Erhaltungskonzepten.
Während der konkret-operationalen Stufe 7−11Jahre entwickeln Kinder rationale Begriffe und logisches Denken bei konkreten Problemen. Sie verstehen nun Erhaltung ("Deine Knete hat eine andere Form, aber wir haben trotzdem gleich viel") und Dezentrierung – die Fähigkeit, andere Perspektiven zu verstehen.
In der formal-operationalen Stufe (ab 11 Jahren) entwickeln Jugendliche die Fähigkeit zum abstrakten und hypothetischen Denken. Sie können nun komplexe Probleme systematisch angehen und verschiedene Variablen in ihrer Denkweise berücksichtigen.