Das epische Theater - Eine revolutionäre Theaterform
Das epische Theater, auch bekannt als das Drama der offenen Form oder nicht-aristotelisches Drama, gewann erst im 20. Jahrhundert an Bedeutung. Die wichtigste Variante wurde von Bertolt Brecht entwickelt und prägte die Theaterlandschaft nachhaltig.
Definition: Das epische Theater ist eine Theaterform, die darauf abzielt, das Publikum zum kritischen Denken anzuregen, anstatt es in eine Illusion zu versetzen.
Die Wirkungsabsicht des epischen Theaters unterscheidet sich grundlegend von der des aristotelischen Theaters. Dem Publikum soll die Illusion genommen werden, dass es eine unmittelbare Geschichte miterlebt. Stattdessen werden verschiedene Prinzipien angewandt, um Distanz und Reflexion zu erzeugen.
Highlight: Zentrale Prinzipien des epischen Theaters sind die Historisierung, das dialektische Prinzip, verschiedene Sprachebenen, die Demonstration und die Desillusionierung.
Das Prinzip der Historisierung verlegt die Handlung, die eigentlich gegenwärtige und vertraute gesellschaftliche Verhältnisse zeigen soll, in andere geografische oder historische Räume. Dies ermöglicht es dem Zuschauer, die dargestellten Situationen aus einer neuen Perspektive zu betrachten.
Example: Ein Beispiel für das epische Theater könnte ein Stück sein, das aktuelle politische Konflikte in ein historisches Setting wie das antike Rom verlegt.
Das dialektische Prinzip konfrontiert das Publikum mit Widersprüchen im Aufbau der Handlung und im Verhalten der Figuren. Aufeinanderfolgende Szenen können gegensätzliche Aussagen enthalten, und das Sagen und Handeln der Charaktere stimmt oft nicht überein.
Die Verwendung verschiedener Sprachebenen ist ein weiteres charakteristisches Merkmal. Anstatt durchgehend gehobene literarische Sprache oder Alltagssprache zu verwenden, schafft das epische Theater eine eigene Kunstsprache mit verschiedenen Ebenen und sprunghaften Wechseln.
Vocabulary: Verfremdungseffekt - Ein zentrales Element des epischen Theaters, das darauf abzielt, das Vertraute fremd erscheinen zu lassen und so neue Sichtweisen zu ermöglichen.
Das Prinzip der Demonstration bedeutet, dass sich die Darsteller nicht mit ihren Rollen identifizieren. Sie treten aus ihnen heraus, wenden sich direkt ans Publikum und zeigen die Figuren, anstatt sie zu verkörpern. Dies verstärkt den Verfremdungseffekt und verhindert eine emotionale Identifikation des Publikums mit den Charakteren.
Das Bühnenbild im epischen Theater folgt dem Prinzip der Desillusionierung. Es stellt keinen vermeintlich realen Schauplatz oder eine stimmungsvolle Kulisse dar, sondern nutzt Tafeln, Projektionen und andere Mittel der Bühnentechnik, um zusätzliche Informationen zur Handlung und Kommentare zu liefern.
Quote: "Was der Mensch muss" und "Die Welt, wie sie wird" sind zentrale Themen des epischen Theaters, die die Beziehung zwischen individuellen Handlungen und gesellschaftlichen Strukturen beleuchten.
Das epische Theater sieht den Zuschauer als aktiven Betrachter, der zu Erkenntnissen getrieben und zur Entscheidung gezwungen wird. Es arbeitet mit Argumenten und präsentiert den Menschen als veränderbares und veränderndes Wesen. Durch diese Techniken und Prinzipien zielt das epische Theater darauf ab, das kritische Bewusstsein des Publikums zu schärfen und gesellschaftliche Veränderungen anzuregen.