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Gedichtvergleich Frische Fahrt (Romantik) und Vorortbahnhof (Expressionismus)

29.3.2021

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Übungsaufsatz Gedichtvergleich
,,Frische Fahrt" und ,,Vorortbahnhof" im Vergleich (Romantik und Expressionismus)
Unser Reiseempfinden hat si
Übungsaufsatz Gedichtvergleich
,,Frische Fahrt" und ,,Vorortbahnhof" im Vergleich (Romantik und Expressionismus)
Unser Reiseempfinden hat si
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,,Frische Fahrt" und ,,Vorortbahnhof" im Vergleich (Romantik und Expressionismus)
Unser Reiseempfinden hat si
Übungsaufsatz Gedichtvergleich
,,Frische Fahrt" und ,,Vorortbahnhof" im Vergleich (Romantik und Expressionismus)
Unser Reiseempfinden hat si

Übungsaufsatz Gedichtvergleich ,,Frische Fahrt" und ,,Vorortbahnhof" im Vergleich (Romantik und Expressionismus) Unser Reiseempfinden hat sich im Zuge der Technologisierung gewandelt. Dauerten früher die Fahrten von A nach B durchaus mehrere Wochen, so waren sie Teil des Erlebnisses und besaßen damit einen hohen Stellenwert. Heute im modernen Zeitalter dienen Reisen lediglich einem funktionalen Zweck. Diese Dissonanz wird auch bei vergleichender Betrachtung der beiden Gedichte ,,Frische Fahrt" von Joseph von Eichendorff aus dem Jahre 1815, zugehörig der Epoche der Romantik, und dem 95 Jahre später erschienenen expressionistischen Gedicht ,,Vorortbahnhof" von Georg Heym deutlich. Das unterschiedliche Verständnis einer Reise bzw. dem Fortbewegungsmittel zweier verschiedener Epochen wird dabei Grundlage verschiedener Menschenbilder. Die anthropogene Sichtweise der Romantik hinsichtlich eines bewussten, naturnahen Reiseempfindens des Menschen geht der Darstellung des Expressionismus konträr, in der die Menschheit zum Opfer der Industrialisierung und der modernen Reisemittel wird. Während die vielfältigen und vielschichtigen Empfindungen bei einer Reise in Eichendorffs Gedicht ,,Frische Fahrt" zentral behandelt werden, so findet die Reise an sich in dem expressionistischen Werk ,,Vorortbahnhof" nur eine nebengeordnete Rolle. Stattdessen wird das Einfahren eines Zuges während der Abenddämmerung beschrieben, Handlungsplatz ist der titelgebende Bahnhof eines Vorortes, wohl einer modernen Stadt. Somit wird der bereits im Titel genannte Schauplatz Gegenstand einer literarischen Betrachtung, ohne das Mitwirken eines lyrischen Ichs. Die bloße subjektive Beschreibung der Szenerie und ihrer Wirkung ist daher...

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typisch für ein expressionistisches Gedicht. Auch nehmen die Verse die literarische Form eines Sonetts an, ein typisches Erkennungsmerkmal. Dieser Rückbezug auf ,,klassische", althergebrachte Versformen wird von einem an den Quartetten und Terzetten orientierten Reimschema ebenfalls verdeutlicht, der vom umarmendem Reim zum Kreuzreim wechselt und somit eine feste Ordnung repräsentiert. Auch das Metrum, ein fünfhebiger Jambus, der sich durchgehend forstsetzt, untermauert diesen Rückbezug. Die weiblichen Kadenzen geben den einzelnen Versen dabei eine unbetonte Aussprache, wodurch der Anschein eines runden Abschlusses der einzelnen Verse aufrechterhalten wird. Ebenfalls sinnbildlich für ein expressionistisches Gedicht ist allerdings auch, dass der Inhalt die äußere Form konterkariert. So wird in dem Gedicht das Einfahren des Zuges als etwas Unharmonisches und Unpassendes empfunden, das ebenfalls als Sinnbild der Industrialisierung dem klassischen Anschein der äußeren Form widerspricht. In diesen klassischem Rahmen von zwei Quartetten und zwei Terzetten wird auch der Inhalt geteilt. Ist die Beschreibung in den ersten zwei Strophen noch recht nüchtern und realitätsnah, so bekommen die geschilderten Verse aus der Sicht eines neutralen Beobachters einen mystischen Anstrich in den letzten beiden Strophen. Hier ist ein klarer Bruch zwischen der Beschreibung des Einfahren des Zuges und dem Wegfahren des Zuges, der sich bemerkbar macht und somit auch den Inhalt widerspiegelt. Das Gedicht wird inhaltlich separiert auf den ersten Teil - die Einfahrt des Zuges - und auf einen zweiten Teil, in dem der Zug abfährt und eine entfremdete Welt zurücklässt. Nicht nur der Bruch mitten im Gedicht hebt die Einfahrt des Zuges hervor. Auch die zunächst naturnahe Beschreibung ,,Auf grüner Böschung" (V. 1) hebt durch den Bezug zur Natur den Kontrast zum Zug selbst hervor. Durchgehend zu beobachten ist hier, aber auch in Vers 7 (,,Noch weiß vom Kalk und gelb vom Lehm") und 12 (,,Die roten Lampen") eine Farbmetaphorik, die einerseits die 1 Natur betont und hervorhebt, andererseits aber auch das Industrielle betont. So sind es die ,,Menschenmassen" (V. 8), die weiß und gelb sind - offenbar ein Verweis auf die Arbeit in Fabriken, die sinnbildlich für den Prozess der Industrialisierung stehen. In der ersten Strophe sind die benutzten Worte oftmals positiv konnotiert (z.B. ,,glänzen" in V. 2 oder der Naturbezug), was einen positiven Rückschluss auf die Natur an sich nach sich zieht. Diese Harmonie wird allerdings von dem heranbrausenden Zug gestört (vgl. V. 4). Das Stilmittel der Montage unterstreicht an dieser Stelle das abrupte Erscheinen des Zuges. Die zweite Strophe unterscheidet sich inhaltlich als auch in der Form von der ersten. So gibt es in jedem der vier Verse ein Enjambement, da Sätze syntaktisch über Absätze hinweg zusammenhängen. Durch dieses Stilmittel werden ,,Gedankensprünge" impliziert, die die Schnelligkeit der Szene verdeutlicht. Darüber hinaus sind die Sätze parataktisch gehalten, wodurch ebenfalls ein schneller Lesefluss generiert wird. Dies dient dem Zweck, die Funktionsweise des Zuges lyrisch näherzubringen: Die Schnelligkeit der Maschinerie wird dem Leser unbewusst vermittelt, in dem die Sätze in den Versen selbst auf Schnelligkeit und Kürze reduziert werden. Ebendiese Schnelligkeit und Hast wird auch durch die Alliteration ,,zwängen zu zwanzig" (V.7f) deutlich, das gleichzeitig auch ein Enjambement ist. Die Monotonie des Einsteigens der ,,Menschenmasse" (V. 6) lassen die einzelnen Fahrgäste noch anonymisierter und austauschbarer wirken, die sich gleichzeitig der Schnelligkeit des Zuges unterwerfen und Teil der Maschinerie werden. Die Frage kommt auf, inwieweit die Menschen ihr Reisemittel noch beherrschen, oder ob sie Teil eines Systems geworden sind, dem sie selbst nicht mehr entrinnen können. Die nüchterne Betrachtung des Einsteigens wird lediglich von einer Personifikation der Gleise in Vers 5 (,,Die Gleise schrein") unterminiert, wo der Bremslaut des Zuges für den lyrischen Betrachter wie menschliche Schreie wirken. Das unterstreicht das Absurde an dem Zug, der industriellen Maschine, an sich: Als solches sind dessen Gleise nicht zu einem Schrei fähig. Doch in dieser Strophe ist das Menschliche und Industrielle umgekehrt: Die Menschen verhalten sich so, als wären sie Teil der Maschinerie; die Gleise schreien, wie Menschen es tun. Die Perversion beider Welten beruht dadurch auf gegenseitiger Umkehrung der Wesensnatur. Diese Personifikation wird im nachfolgenden Terzett auf die Spitze getrieben, in der der Zug metaphorisch zu einer Art ,,Biest", eine Art Naturgewalt wird - ,,Der Zug fährt aus, im Bauch die Legionen" (V. 9). Es wird impliziert, dass der Zug die Fahrgäste ,,verspeist" bzw. „gefressen" habe. Auch scheint er sich auf den tausenden Gleisen zu verirren (vgl. V. 10) - beides sind Beschreibungen für natürliche Wesen, sei es als eine Art Tier oder als Mensch. Hier wird ebenfalls die absurde und perverse Umkehrung Mensch-Maschine deutlich. Diese wird in Vers 11 nochmals gesteigert, in der der ,,Abend [den Zug verschluckt]" (V. 11) - eine metaphorische Umschreibung für das plötzliche Verschwinden des Zuges, das wiederum verdeutlicht, wie plötzlich der Zug erschien und dann wieder verschwand. Das Mystische in den beiden Terzetten findet in der letzten Strophe ihren Höhepunkt. Der Zug ist nun entschwunden, stattdessen werden rote Lampen auf Balkonen beschrieben, was zur Farbmetaphorik zur Darstellung der Industrialisierung beiträgt. Rotes Licht ist ein künstliches Licht, das losgelöst von der Natur vom Menschen geschaffen wurde, um bei der Produktion materieller Güter dienlich zu sein. Allerdings taugt es nicht, oder nur halb, da die ,,Esser" (V. 14) vom Blättermeer halb verdeckt werden. Im vorletzten Vers beschreibt der neutrale Beobachter erstmals einen Sinneseindruck aus der Perspektive eines lyrischen Wir: ,,Man hört das leise Klappern von Geschirren" (V. 13). Durch diese Herabstufung zu einem gewöhnlichen Betrachter auf der Höhe der Leser wird ein Gemeinschaftsgefühl kreiert, das das Menschliche betonen soll und die Esser aus dem letzten Vers als Menschen identifiziert. Durch die vormalige Speisemetaphorik des Zuges wird hier eine Brücke zu 2 den menschlichen Essern geschlagen; durch die absurde Verzerrung könnte der Zug vorhin nicht nur sinnbildlich für eine Naturgewalt stehen, sondern für einen Menschen. Hier wird ebenfalls das Absurde deutlich, wodurch die Frage aufkommt, ob der Zug eigentlich uns dient oder wir uns dieser Maschine bereits willenlos unterworfen haben. Der Zug wird somit zu einem Vorboten bzw. zu dem Sinnbild der Moderne und der Industrialisierung. Mit dem letzten Wort ,,Blättermeer" wird ein Rückbezug zur Naturbezogenheit und somit zu dem Kontrast der Industrialisierung geschlagen. Das Gedicht lässt dabei offen, woher dieses Blättermeer kommt - ob es eine ironisierte Anspielung auf industrielle Häuserdächer oder die restverbliebene Naturnähe einer Vorstadt anspielt, wird nicht ersichtlich. Allerdings lässt sich hierin ein optimistischer Appell herauslesen, dadurch, dass die menschlichen Esser durch die Natur nur ,,halb" verdeckt werden und somit zur Hälfte noch im Einklang mit der Natur leben - eine Rückbesinnung, so zumindest verheißt es das Gedicht, ist immer noch möglich. Ein beinahe grundsätzlich anderes Reiseempfinden wird stattdessen in Eichendorffs ,,Frische Fahrt" deutlich. Anders als ,,Vorortbahnhof" vermittelt dieses Gedicht keine zeitgenössische Kritik an technologischen Entwicklungen, sondern bepreist das Reisen an sich und erhebt es zu einem besonderen Zustand. Die Naturbezogenheit spielt in Eichendorffs Gedicht eine große Rolle, unablässig ist vom ,,Frühling", von Wäldern, Flüssen und der schönen Welt die Rede. Damit einher gehen die Verlockungen dieser ungezähmten und daher magisch anmutenden Natur. Diese Reise wird dabei zu einem solch phänomenalen Erlebnis hochstilisiert, dass das lyrische Ich sich gar nicht fragen mag, wo die Reise zu Ende geht; etwa getreu dem Motto ,,der Weg ist das Ziel". Diese Auffassung von Natur und Reise ist grundverschieden im Vergleich zu dem Gedicht von Georg Heym. Während in ,,Vorortbahnhof" eine strikte Trennung zwischen dem industriellen Zug und der Natur vorherrscht, ist in Eichendorffs ,,Frische Fahrt" beides miteinander verschmolzen. Auch die beiden Titel der Gedichte symbolisieren dabei ihren inhaltlichen Anspruch und unterscheiden sich dadurch: ,,Frische Fahrt", eine Alliteration, verschmelzt die Frische der Natur mit der Praktik des Fahrens zu einer Einheit, wodurch die Ambiguität beider Begriffe zu einem großen Ganzen zueinanderfinden. Diese Verschmelzung ist bei ,,Vorortbahnhof" ähnlich, wenn der Neologismus etwas absurd und befremdlich anmutet und somit exakt den Grundtenor des Gedichtes widerspiegelt. Das Paradoxe an dieser Verschmelzung, die naturnahe Vorstadt mit einem industriellen Bahnhof, wird durch die Substantivierung des Wortes beinahe als Hyperbel geltend. Besonders deutlich wird die Kernunterscheidung beider Gedichte in den unterschiedlichen Fortbewegungsmitteln, die jeweils Gegenstand der Gedichte sind. Ist bei ,,Vorortbahnhof" der Zug eine vom Menschen erschaffene Maschine zur Fortbewegung, welches zu einem Sinnbild der historischen Epoche stilisiert wird und somit Gegenstand von Kritik wird, so hält bei ,,Frischer Fahrt" das damalig einzige Fortbewegungsmittel, die Pferdekutsche, her. Ihre Bedeutung für das menschliche Reiseempfinden werden in ihrer Rezeption deutlich: Bei ,,Vorortbahnhof" verkommt das Fortbewegungsmittel zum Dreh- und Angelpunkt der Kritik an der Moderne, in ,,Frische Fahrt" begünstigt die Kutsche lediglich durch ihre Langsamkeit und ihre Wesenseigenschaften den Naturbezug. Der für die Romantik typische Verweis auf die Natur wird somit auf das Reisen bezogen und als etwas sehr Positives konnotiert. ,,Vorortbahnhof" findet durch die negative Konnotation moderner Reisemittel eine Rückbesinnung auf ebendiese Naturverbundenheit und die romantische Betrachtung der Reise statt. Zusammenfassend lässt sich behaupten, dass im vermittelten Reiseverständnis der Romantik und in der im Expressionismus kritisierten Moderne, nämlich die Perversion industrieller Reisemittel, zwei 3 Gegensätze aufeinanderprallen, wie sie im Buche stehen. Wohingegen das Gedicht Eichendorffs die Schönheit der Natur betont und das Reisemittel als obsolet behandelt, ist in ,,Vorortbahnhof" die Entwertung der Reise an sich bzw. dem Fortbewegungsmittel das zentrale Thema. Die Gemeinsamkeit beider lyrischer Werke besteht darin, dass ,,Frische Fahrt" genau das Reiseempfinden beschreibt, zu der man zurückfinden sollte. In unserer schnelllebigen Zeit sind die Reisemittel im Vergleich zu 1915, als ,,Vorortbahnhof" veröffentlicht wurde, nochmal um Einiges schneller und anonymer geworden. Unsere Abhängigkeit gegenüber unserer Technologie hat Dimensionen neuer Ausmaße angenommen. Gerade deswegen ist verwunderlich, dass das expressionistische Gedicht nach wie vor brandaktuell erscheint - schließlich gibt es Züge auch noch heute. Die Frage, ob wir wirklich die Opfer unserer eigenen Technologie geworden sind, was im Gedicht vielleicht absurd erscheinen mag, aber erstaunlich realistisch erscheint, muss heute - besonders in unserer westlichen Zivilisation - mit einem klaren Ja beantwortet werden. Wir sind von unseren Maschinen abhängig, die wir konstruierten. ,,Vorortbahnhof" ist nicht deswegen noch heute zeitgemäß, weil unsere Technologie sich noch mehr unseres Alltages bemächtigt, sondern weil wir Menschen gleich geblieben sind. Doch vielleicht bedarf unsere Auffassung bezüglich der Dinge, der wir nur allzu gern unreflektiert für uns überlebensnotwendige Dinge überlassen, ebenfalls einer Aktualisierung - damit wir Herr der Dinge bleiben und nicht in Massen dem Takt unserer Maschinerie folgen. 4