Erstes Epeisodion und Stasimon: Medeas Zorn und Kreons Urteil
Im ersten Epeisodion tritt Medea selbst auf und offenbart im Dialog mit dem Chor ihre tiefe Verzweiflung und ihren Zorn. Sie bittet den Chor um Schweigen bezüglich ihrer Rachepläne und begründet ihre Gefühle mit der schwierigen Rolle der Frau, der betrogenen Ehefrau und der Fremden in der Gesellschaft.
Ein entscheidender Moment ist das Gespräch zwischen Medea und König Kreon. In einer Stichomythie, einem schnellen Wortwechsel, verkündet Kreon Medeas Verbannung und gewährt ihr nur eine Frist von einem Tag. Medea nutzt ihre rhetorischen Fähigkeiten, um diese kurze Frist zu erwirken, während sie bereits konkrete Mordpläne gegen Jason, Glauke und Kreon schmiedet.
Definition: Stichomythie - Ein dramaturgisches Mittel des schnellen Dialogwechsels, bei dem sich die Charaktere Vers für Vers abwechseln, oft um Spannung und Konflikt zu verstärken.
Im ersten Stasimon zeigt der Chor Verständnis für Medeas Situation. Er kritisiert die Unterdrückung der Frauen und das vergebliche Warten auf göttliche Hilfe. Besonders betont wird das Mitgefühl für Medea als Heimatlose, was ihre isolierte Position in Korinth unterstreicht.
Highlight: Die Szene verdeutlicht Medeas Geschick im Umgang mit Autoritäten und ihre Fähigkeit, selbst in einer scheinbar aussichtslosen Lage Zeit für ihre Pläne zu gewinnen.
Example: Medeas Argumentation gegenüber Kreon, in der sie ihre Verletzlichkeit als Frau und Mutter betont, um Mitleid zu erwecken und einen Aufschub zu erreichen.
Diese Szenen vertiefen das Verständnis für Medeas Charakter und ihre Motivation. Sie zeigen eine komplexe Figur, die zwischen Verzweiflung, Wut und kühler Berechnung schwankt, und bereiten den Boden für die kommenden tragischen Ereignisse.