Lessings Drama "Nathan der Weise" ist ein zeitloses Meisterwerk über religiöse Toleranz und menschliche Weisheit.
Das Stück spielt im Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge und dreht sich um den jüdischen Kaufmann Nathan, der für seine Weisheit bekannt ist. Die zentrale Handlung entwickelt sich, als Sultan Saladin Nathan mit der Frage konfrontiert, welche der drei monotheistischen Religionen - Judentum, Christentum oder Islam - die wahre sei. Nathan antwortet mit der berühmten "Ringparabel", die die Gleichwertigkeit der Religionen symbolisiert und zur gegenseitigen Toleranz aufruft. Die Geschichte handelt von einem kostbaren Ring, der in einer Familie von Generation zu Generation weitergegeben wird, bis ein Vater drei identische Kopien für seine drei Söhne anfertigen lässt.
Die Figurenkonstellation ist komplex und verdeutlicht die Verflechtungen zwischen den Religionen: Nathan hat die christliche Recha als Tochter adoptiert, der Tempelherr verliebt sich in sie, und am Ende stellt sich heraus, dass alle Hauptfiguren miteinander verwandt sind. Diese überraschende Auflösung unterstreicht Lessings Botschaft, dass die Menschen unabhängig von ihrer Religion eine Familie sind. Das Drama behandelt zentrale Themen der Aufklärung wie Vernunft, Humanität und religiöse Toleranz. Die Charaktere entwickeln sich durch ihre Begegnungen und lernen, ihre Vorurteile zu überwinden. Besonders die Ringparabel zeigt, dass nicht die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Religion entscheidend ist, sondern das moralische Handeln des Einzelnen. Diese Botschaft macht "Nathan der Weise" auch heute noch zu einem hochaktuellen Werk.