"Nathan der Weise" ist ein wegweisendes Drama der deutschen Aufklärung, das von Gotthold Ephraim Lessing im Jahr 1779 verfasst wurde. Das Werk behandelt die Geschichte des jüdischen Kaufmanns Nathan und seiner adoptierten Tochter Recha in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge.
Im Zentrum des Dramas steht die berühmte Ringparabel, die Nathan dem Sultan Saladin erzählt, als dieser ihn nach der wahren Religion fragt. Die Parabel handelt von einem kostbaren Ring, der die Kraft besitzt, seinen Träger "vor Gott und Menschen angenehm zu machen". Ein Vater, der drei Söhne gleichermaßen liebt, lässt zwei weitere identische Ringe anfertigen, sodass keiner der Söhne den echten Ring von den Kopien unterscheiden kann. Diese Geschichte verdeutlicht Lessings zentrale Botschaft der religiösen Toleranz und der Gleichwertigkeit der drei monotheistischen Religionen - Judentum, Christentum und Islam.
Das Drama gliedert sich in fünf Aufzüge, die verschiedene Handlungsstränge miteinander verweben. Während der 1. Aufzug die Grundsituation etabliert, entwickeln sich im 2. Aufzug und 3. Aufzug die Konflikte zwischen den Charakteren. Die Handlung gipfelt in der Erkenntnis, dass alle Hauptfiguren durch verwandtschaftliche Beziehungen miteinander verbunden sind, was die Botschaft der menschlichen Verbundenheit über religiöse Grenzen hinweg unterstreicht. Lessings Werk ist geprägt von den Merkmalen der Aufklärung: Vernunft, Toleranz und die Überwindung religiöser Vorurteile stehen im Vordergrund. Die Interpretation des Werkes zeigt deutlich, wie Lessing durch die Charaktere und ihre Entwicklung für ein friedliches Zusammenleben verschiedener Religionen und Kulturen plädiert.