Der Realismus: Eine Epoche des Wandels und der Beobachtung
Der Realismus als literarische Epoche umfasste den Zeitraum von 1848 bis 1890 und war geprägt von tiefgreifenden gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und technischen Veränderungen. Diese Zeit der fortschreitenden Industrialisierung führte zu einer Umgestaltung der Arbeitswelt und zur Entwicklung des Proletariats. Gleichzeitig verloren Adel und traditionelle Stände an Bedeutung, während die Urbanisierung zunahm.
Highlight: Die realistische Literatur entstand als Reaktion auf diese Umwälzungen und spiegelte das Bedürfnis nach einer sachlich-nüchternen Betrachtung der Gegenwart wider.
Die Merkmale des Realismus in der Literatur lassen sich wie folgt zusammenfassen:
- Fokus auf das Bürgertum als Bezugsrahmen
- Vermeidung großer politischer und gesellschaftlicher Themen
- Sachliche Darstellung der Inhalte
- Humorvolle Elemente (z.B. in "Max und Moritz")
- Distanzierte Beobachterperspektive der Autoren
- Ästhetisierung des Alltäglichen
Vocabulary: Lat. realis = sachlich
Die Sprache im Realismus zeichnete sich durch Klarheit und Schlichtheit aus, blieb dabei aber kunstvoll und poetisch geschmückt. Sie hatte die Aufgabe, die Wirklichkeit detailliert auszugestalten.
Example: Ein Beispiel für die ästhetische Darstellung des Alltäglichen ist das Schaukelmotiv aus Theodor Fontanes "Effi Briest":
Quote: "Fronthaus, Seitenflügel und Kirchhofsmauer bildeten ein kleinen Ziergarten umschließendes Hufeisen, an dessen offener Seite man eines Teiches mit Wassersteg und angekettetem Boot und dicht daneben einer Schaukel gewahr wurde, deren horizontal gelegtes Brett zu Häupten und Füßen an je zwei Stricken hing - die Pfosten der Balkenlage schon etwas schief stehend. Zwischen Teich und Rondell aber und die Schaukel halb versteckend standen ein paar mächtige alte Platanen."
Dieses Zitat veranschaulicht die detaillierte und zugleich poetische Beschreibung einer alltäglichen Szene, die charakteristisch für den Poetischen Realismus ist.