Laden im
Google Play
119
Teilen
Speichern
Der Roman ,,Der Vorleser" wurde 1995 vom Autor Bernhard Schlink veröffentlicht. Die vorliegenden Seiten sind Seite 54 bis 57 im elften Kapitel des ersten Teiles. Die beiden Hauptfiguren Hanna Schmitz und Michael Berg unternehmen eine Fahrradtour, bei welcher es zu einem Streit kommt. Das Kapitel liegt in der zweiten Hälfte des ersten Teiles. Somit befindet sich die vorliegende Textstelle ungefähr bei der Hälfte der Zeit, in der Hanna und Michael in einer Beziehung waren. Michael und Hanna unternehmen eine Fahrradtour. Hanna gibt dabei vor, sich um nichts kümmern zu wollen, weshalb Michael dies für sie tut. Am Ende des Kapitels kommt es zu einem Streit im Gasthof. Hanna meint, sie möge es, sich mal um nichts zu kümmern (vgl. S. 54, Zeile 6f.). Deshalb überlässt sie Michael alle Entscheidungen, wie die Wahl des Gasthofs, das Essen oder die Richtungen, in die sie fahren. Was Michael und auch die Leser zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen ist, dass Hanna Analphabetin ist. Somit konnte sie all diese Entscheidungen nicht treffen. Dies soll Michael aber nicht wissen, da es ihr zu peinlich ist. Da merkt man, dass der gesamte Roman rückblickend aus der Sicht des Ich-Erzählers Michael erzählt wird. Dieser hat zwar eine Innensicht auf Michael, also auf sein früheres Ich, jedoch nur eine Außensicht auf Hanna....
Knowunity wurde bei Apple als "Featured Story" ausgezeichnet und hat die App-Store-Charts in der Kategorie Bildung in Deutschland, Italien, Polen, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich regelmäßig angeführt. Werde noch heute Mitglied bei Knowunity und hilf Millionen von Schüler:innen auf der ganzen Welt.
iOS User
Philipp, iOS User
Lena, iOS Userin
Somit konnte der erlebende Michael auch nichts von ihrem Analphabetismus wissen. Stattdessen trifft er, ohne weiter nachzufragen, alle wichtigen Entscheidungen. Somit ordnet sich Hanna ihm unter, da er alles für sie mitbestimmt. In Amorbach, im Gasthof kommt es zu einem Streit. Michael ist losgegangen, um Frühstück und eine Rose für Hanna zu besorgen. Er hat ihr einen Zettel auf den Nachttisch gelegt. Als er zurückkommt steht Hanna zitternd vor Wut im Zimmer. Sie schlägt Michaels Lippe mit ihrem Gürtel blutig und fängt schließlich an, zu weinen (vgl. Seite 54, Zeile 8 bis Seite 55, Zeile 2). Es ist sehr wahrscheinlich, dass Hanna den Zettel zwar gefunden hatte, konnte ihn aber aufgrund ihres Analphabetismus nicht lesen. Deswegen musste sie Panik gehabt haben. Michael war weg und sie wusste nicht wo er war oder warum er gegangen ist. Ohne ihn hätte sie wahrscheinlich nicht wieder zurück nach Hause gefunden, da sie auch keine Straßenschilder oder Landkarten lesen kann. ,,Da, wo ich den Zettel auf den Nachttisch gelegt hatte, lag er nicht mehr" (Seite 55, Zeile 25f.). Hanna muss den Zettel versteckt haben. Dadurch war ihre Panik, Michael könnte sie verlassen haben, glaubwürdiger. Diese Teststelle wird größtenteils in Zeitdeckung erzählt. Es ist die entscheidende Textstelle dieses Kapitels. Man merkt zum ersten Mal, wie abhängig Hanna, besonders durch ihren Analphabetismus von Michael ist und sie zeigt ihre verletzliche Seite. Sie traut sich nicht, ihn ein weiteres Mal zu schlagen, da sie Angst hat, sie könnte ihn verlieren, da sie zu diesem Zeitpunkt ziemlich abhängig von ihm ist. Im darauffolgenden Absatz blickt Michael auf das Ereignis zurück und fügt eine Bemerkung an: „Bei uns zu Hause weinte man nicht so. Man schlug nicht, nicht mit der Hand und erst recht nicht mit einem Lederriemen. Man redete" (Seite 55, Zeile 4ff.). Er unterbricht dadurch seinen Bericht der Geschehnisse mit einem Kommentar. Er sei es von Zuhause so gewohnt, dass man rede. Hanna hingegen kennt aus ihrer SS-Zeit nur Angst und Schmerz. Dort konnte und durfte sie keine Gefühle zeigen und musste immer stark sein. Hanna hatte diese Zeit aber vor Michael verschwiegen. Generell ist dies das erste Kapitel, in dem die Beiden wirklich miteinander sprechen. Vorher haben sie kaum ein Wort miteinander gewechselt. ,,Ich hätte sie in meine Arme nehmen sollen. Aber ich konnte nicht" (Seite 55, Zeile 3f.). Dadurch, dass Michael Hanna nicht in seine Arme schließen konnte, zeigt sich, dass er Angst vor ihr hatte. Er wusste nicht, wie sie reagieren würde. Hanna musste zwei Schritte auf ihn zukommen. Erst dann konnte er sie in seinen Armen halten (vgl. Seite 55, Zeile 8-12). Hanna zeigt dadurch, dass sie unbedingt von ihm in den Arm genommen werden wollte, dass sie einsieht, dass sie einen Fehler gemacht hat. „Was war eigentlich los? Warum warst du so wütend?" (Seite 55, Zeile 18). Michael versteht nicht, warum Hanna so reagiert hat. Er merkt, dass Hanna mehrere Seiten in sich trägt. Dies erwähnt er auch nochmal am Ende des Kapitels. ,,Ich hatte sie weinen sehen, Hanna, die auch weinte, war mir näher als Hanna, die nur stark war. Sie begann, eine sanfte Seite zu zeigen, die ich noch nicht gekannt hatte", (Seite 56, Zeile 28 bis Seite 57, Zeile 1). Das Verhältnis zwischen Michael und Hanna ändert sich in diesem Kapitel maßgeblich. Michael lernt eine neue Seite von Hanna kennen, was sich auch im weiteren Verlauf der Beziehung widerspiegelt. ,,Wir liebten uns anders. Lange hatte ich mich ganz ihrer Führung, ihrem Besitzergreifen überlassen. Dann hatte auch ich von ihr Besitz zu nehmen gelernt. Auf und seit unserer Fahrt haben wir nicht mehr nur Besitz voneinander ergriffen" (Seite 57, Zeile 3-7). Daran erkennt man, dass Hanna nicht mehr die klar dominierende Person ist. Zusammenfassend finde ich, dass dieses Kapitel eine bedeutende Rolle für die Beziehung der Beiden spielt. Hanna ist nicht mehr die klar dominierende Person, da auch Michael dazulernt. Viele Details versteht man zwar erst, wenn man den ganzen Roman gelesen hat, da Bernhard Schlink es geschickt geschrieben hat und man zu jedem Zeitpunkt nur so viel weiß, wie auch der erlebende Michael. Dennoch erkennt man schon beim ersten Lesen, dass sich die Beziehung verändert. Am Anfang hatte man das Gefühl, dass Michael nur ein netter Zeitvertreib für Hanna ist. Hier merkt man, dass sie auch von ihm abhängig ist. Sowohl emotional, als auch hinsichtlich des Vorlesens.