E.T.A. Hoffmanns "Der Sandmann" ist eine komplexe Erzählung über Wahnsinn, Trauma und die Grenzen zwischen Realität und Fantasie.
Die Hauptfigur Nathanael wird von traumatischen Kindheitserinnerungen verfolgt. Als Kind glaubte er, der mysteriöse Coppelius sei der Sandmann, eine Figur aus Kindermärchen, die Kindern die Augen stiehlt. Die zentrale Frage "Sind Coppola und Coppelius dieselbe Person" bleibt bewusst mehrdeutig. Nathanaels Charakterisierung zeigt einen jungen Mann, der zwischen Realität und Wahnvorstellungen schwankt. Seine Briefe an Clara und Lothar offenbaren seine zunehmende geistige Instabilität. Die Figurenkonstellation ist komplex: Nathanael steht zwischen seiner vernünftigen Verlobten Clara und der künstlichen Olimpia, in die er sich später verliebt.
Die Frage "Warum ist Nathanael wahnsinnig?" lässt sich auf mehrere Faktoren zurückführen. Das traumatische Erlebnis mit Coppelius in seiner Kindheit, bei dem möglicherweise auch sein Vater zu Tode kam, spielt eine zentrale Rolle. Hat Coppelius Nathanael misshandelt? Diese Frage wird nie eindeutig beantwortet, was die Spannung zwischen Realität und Einbildung verstärkt. Hoffmann kritisiert in der Erzählung die Romantik und ihre übertriebene Gefühlswelt, aber auch die kalte Rationalität der Aufklärung. Die Geschichte endet tragisch mit Nathanaels Wahnsinn und Selbstmord, nachdem er Olimpia als Automat erkennt und später Clara auf dem Turm für eine Holzpuppe hält. Die Erzählung zeigt, wie dünn die Grenze zwischen Vernunft und Wahnsinn sein kann und wie traumatische Erlebnisse das Leben eines Menschen für immer verändern können.