Wesentlicher Inhalt und Vorläufer der Sapir-Whorf-Hypothese
Die Sapir-Whorf-Hypothese geht über die Vorstellung hinaus, dass Sprache lediglich ein Mittel zum Ausdruck von Gedanken ist. Stattdessen betrachtet sie Sprache als ein Werkzeug zur Welterkenntnis. Diese Perspektive eröffnet interessante Möglichkeiten für mehrsprachige Linguisten, die durch ihre Sprachkenntnisse verschiedene Wirklichkeits-Interpretationen kennenlernen und dadurch möglicherweise ein größeres Maß an Unparteilichkeit und Objektivität erlangen können.
Highlight: Die Hypothese betont, dass Sprache einen großen Einfluss auf das Denken hat, weist aber darauf hin, dass Sprache und Denken nicht identisch sind.
Ein oft zitiertes Beispiel für die Sapir-Whorf-Hypothese ist die Sprache der Hopi-Indianer. Diese Sprache verfügt über kein Zeitkonzept in der Form, wie wir es kennen. Es gibt keine spezifischen Worte für "gestern", "heute" oder "morgen". Dies führt zu der Annahme, dass die Hopi eine fundamental andere Wahrnehmung und Konzeptualisierung von Zeit haben könnten.
Die Ideen von Sapir und Whorf haben Vorläufer in der Sprachphilosophie. Ein bedeutender Vordenker war Wilhelm von Humboldt (1767-1836), der Sprache als das "bildende Organ des Denkens" betrachtete.
Quote: Humboldt argumentierte: "Durch die gegenseitige Abhängigkeit des Gedankens und des Wortes voneinander leuchtet es klar ein, dass die Sprachen nicht eigentlich Mittel sind, die schon erkannte Wahrheit darzustellen, sondern weit mehr, die vorher unerkannte zu entdecken."
Humboldt vertrat die Ansicht, dass jede Sprache eine ihr eigentümliche Weltsicht besitzt. Er glaubte, dass man durch das Erlernen einer Fremdsprache ein neues Weltbild kennenlernt. Für ihn war die Muttersprache das Fundament zur Wahrheitsentdeckung und die erste Weltansicht, in die ein Individuum hineinwächst.
Ein weiterer wichtiger Vordenker war Ernst Cassirer (1874-1945). Er betrachtete Sprache als einen nicht endenden Prozess und als Hilfe zum Verständnis der Welt.
Vocabulary: Sprachwandel - Die Veränderung von Sprache über Zeit, die Cassirers Thesen unterstützt.
Cassirer argumentierte, dass wir uns durch Sprache Stück für Stück die Welt erschließen und dass die Wahrheit durch die Sprache vom Menschen selbst konstruiert wird. Er sah den Sprachwandel als Beleg für seine Thesen, wie das Beispiel des Wortes "Wagen" zeigt, dessen Bedeutung sich von "Kutsche" zu "Auto" entwickelt hat.
Diese Vorläufer und ihre Ideen bildeten die Grundlage für die Entwicklung der Sapir-Whorf-Hypothese und trugen zu unserem heutigen Verständnis des Zusammenhangs zwischen Sprache und Denken bei.