Spracherwerbsmodelle und Mehrsprachigkeit
Wie erlernen wir eigentlich Sprache? Die Frage "Ist der Spracherwerb genetisch bedingt?" wird von verschiedenen Theorien unterschiedlich beantwortet. Spracherwerbsmodelle erklären diesen Prozess aus verschiedenen Blickwinkeln:
Das behavioristische Modell nach Skinner sieht Spracherwerb als reinen Lernprozess. Kinder imitieren die Sprache der Eltern und werden für richtige Nachahmungen belohnt. Nur der universale Lernmechanismus selbst ist vererbt, der Rest wird durch Umwelteinflüsse und Verstärkung gelernt.
Im Gegensatz dazu steht das nativistische Modell von Chomsky und Pinker. Hier wird angenommen, dass die Grundlagen zum Spracherwerb angeboren sind (Universalgrammatik). Kinder können sogar Strukturen produzieren, die sie nie zuvor gehört haben - ein starkes Argument dafür, dass Spracherwerb nicht nur Imitation ist.
Das epigenetische Modell nach Szagun nimmt eine Mittelposition ein. Es sieht Spracherwerb als Zusammenspiel angeborener Fähigkeiten und sozialer Interaktion. Kinder filtern aktiv wichtige Informationen heraus und konstruieren selbst Regeln, wobei Feedback sie unterstützt.
💡 Interessant zu wissen: Während Behavioristen glauben, dass wir Sprache durch Nachahmung lernen, zeigt die Pinker-Spracherwerbstheorie, dass Kinder kreativ mit Sprache umgehen können, indem sie Regeln bilden und anwenden, die sie nie explizit gelernt haben.
Die Mehrsprachigkeit bei Kindern bringt sowohl Vorteile als auch Herausforderungen mit sich. Zu den Vorteilen zählen eine bessere Aussprache und Satzmelodie bei frühem Lernen, leichteres Erlernen weiterer Sprachen und sogar Vorbeugung von Altersdemenz. Das Gehirn profitiert durch stärkere Überlappung von Neuronenverbänden.
Gleichzeitig gibt es potenzielle Nachteile der Mehrsprachigkeit bei Kindern. Es besteht die Gefahr einer "doppelten Halbsprachigkeit", besonders bei Einwandererkindern, wenn keine Sprache vollständig beherrscht wird. Auch eine Überforderung der Kinder ist möglich, wenn der Spracherwerb nicht angemessen unterstützt wird.