Moderner Strafvollzug und seine Herausforderungen
In Deutschland folgt das Strafrecht einer Mischform aus Tatstrafrecht (Fokus auf Schwere der Tat - absolute Straftheorie) und Täterstrafrecht (Fokus auf Tätermerkmale - Spezialprävention). Diese Balance spiegelt John Rawls' Differenzprinzip wider, das sowohl Gerechtigkeit als auch gesellschaftlichen Nutzen berücksichtigt.
Der moderne Strafvollzug verfolgt zwei Hauptziele: den Schutz der Allgemeinheit vor weiteren Straftaten und die Befähigung der Gefangenen, künftig ein Leben ohne Straftaten zu führen. Dazu dienen verschiedene Maßnahmen wie Therapieangebote, Aus- und Weiterbildung sowie der offene Vollzug zur Erleichterung der Wiedereingliederung.
Trotz dieser Ideale steht der Strafvollzug vor zahlreichen Herausforderungen. Bestimmte Tätergruppen sind für Resozialisierungsmaßnahmen schwer zugänglich: Ausländer, die nach der Strafe ausgewiesen werden, Spätaussiedler, die Angebote ablehnen, Kurzzeitinhaftierte ohne Zugang zu Behandlungsangeboten und behandlungsresistente Täter aus der organisierten Kriminalität.
💡 Die Vergeltungstheorie wird in der Praxis oft durch präventive Ansätze ergänzt. Ein Beispiel: Während ein Dieb nach der reinen Vergeltungstheorie nur proportional zu seinem Unrecht bestraft würde, berücksichtigt das moderne Strafrecht auch, wie er von weiteren Straftaten abgehalten werden kann.
Strukturelle Probleme wie Überfüllung der Gefängnisse, Personalknappheit und Sparzwänge erschweren zusätzlich die Umsetzung der Strafvollzugsziele. Der Strafvollzug spiegelt letztlich gesellschaftliche Probleme wider und zeigt, wie schwierig es ist, Gerechtigkeit als Fairness in der Praxis umzusetzen.