Kontroverse Thesen und gesellschaftliche Implikationen
Peter Singers Präferenzutilitarismus führt zu äußerst kontroversen Schlussfolgerungen, insbesondere im Bereich der Medizinethik und des Umgangs mit schwerkranken Neugeborenen. Seine Argumentation stellt die traditionelle Ethik der Unantastbarkeit des Lebens grundlegend in Frage und fordert eine Neubetrachtung moralischer Prinzipien.
Quote: "Die Tötung eines behinderten Säuglings ist nicht moralisch gleichbedeutend mit der Tötung einer Person. Sehr oft ist sie überhaupt kein Unrecht."
Diese provokante These Singers basiert auf seiner Unterscheidung zwischen Personen und Nicht-Personen, wobei er argumentiert, dass Neugeborene noch keine Personen im ethischen Sinne sind. Er geht sogar so weit zu fragen, ob nicht auch Säuglinge mit schweren Krankheiten und ohne Therapieaussicht unter Einwilligung der Eltern medizinisch aktiv getötet werden dürfen sollten.
Singer sieht keinen moralisch relevanten Unterschied zwischen dem Unterlassen von Hilfeleistungen (passive Sterbehilfe) und einer schmerzlosen aktiven Sterbehilfe. Für ihn sind nur die Konsequenzen einer Handlung moralisch relevant, was seinem konsequentialistischen Ansatz entspricht.
Highlight: Singer berücksichtigt die Auswirkungen einer Abtreibung auf alle Betroffenen und argumentiert, dass sein Ansatz wahrscheinlich zu deutlich weniger Schwangerschaftsabbrüchen als heute führen würde.
Seine Thesen haben heftige Kritik hervorgerufen. Gegner argumentieren, dass Singers Ansichten an die Nazi-Ideologie von "unwertem" Leben erinnern und das Lebensrecht von Menschen absprechen, die nicht den Leistungsnormen der Gesellschaft entsprechen.
Quote: "Wer bestimmten Gruppen von Menschen die Menschenwürde und das Lebensrecht bestreitet, stellt sich außerhalb der demokratischen Kultur, die allen Menschen Meinungsfreiheit garantiert." - Hubert Hüppe, MdB, CDU/CSU
Andererseits gibt es auch Stimmen, die Singers Argumente als rational und diskussionswürdig betrachten:
Quote: "Peter Singers Argumente im Rahmen der sogenannten Euthanasie-Debatte sind ausgesprochen rational. Die Reaktionen darauf sind aber ausgesprochen emotional, oft sogar irrational." - Helmut F. Kapl
Die Debatte um Singers Präferenzutilitarismus zeigt die tiefgreifenden ethischen Herausforderungen, die durch moderne medizinische Möglichkeiten und sich wandelnde gesellschaftliche Werte entstehen. Sie fordert uns heraus, grundlegende Konzepte wie Menschenwürde, Lebensrecht und den Wert des Lebens neu zu überdenken und zu diskutieren.