Der kategorische Imperativ und die Pflichtethik
Die Pflichtethik Kants gipfelt im kategorischen Imperativ, der in verschiedenen Formulierungen existiert. Die wichtigste Grundformel lautet: "Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde."
Der kategorische Imperativ ist kategorisch, weil seine Forderung unbedingt, ausnahmslos und allgemein verpflichtend ist. Er ist ein Imperativ, weil der Mensch nicht nur durch Vernunft, sondern auch durch Gefühle und Neigungen bestimmt wird. Er bezieht sich nicht direkt auf Handlungen, sondern prüft Handlungsmaximen auf ihre Verallgemeinerbarkeit.
Die Pflicht steht bei Kant der Neigung gegenüber – ein Gegensatz, der die Doppelnatur des Menschen als Vernunft- und Triebwesen widerspiegelt. Während die Vernunft mit der Pflicht zusammenhängt, sind die Neigungen mit den Trieben verbunden. Obwohl Pflicht und Neigung deckungsgleich sein können, betrachtet Kant Neigungen tendenziell als egoistisch und ungeeignet als Grundlage einer ethischen Theorie.
In der Selbstzweckformel des kategorischen Imperativs wird der Umgang mit anderen Menschen thematisiert: "Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden anderen, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchst." Der Mensch als Selbstzweck strebt nach eigener Vollkommenheit und fördert die Glückseligkeit anderer.
💡 In der deontologischen Ethik Kants hängen Autonomie, Freiheit, Moralität und der gute Wille eng zusammen: Nur in der Handlung aus Pflicht ist der Mensch wahrhaft frei und autonom.
Kritische Fragen an Kants Ethik bleiben: Überfordert er die Menschen? Kann man ein allgemeines moralisches Gesetz formulieren, ohne die Folgen der Handlung zu berücksichtigen? Warum so kompliziert, wenn doch die goldene Regel – "Was du nicht willst, dass man dir tu', das füge auch keinem anderen zu" – ähnliches aussagt?