Gottesglaube und Naturwissenschaften - ein unüberwindlicher Gegensatz?
Der vermeintliche Gegensatz zwischen Gottesglaube und Naturwissenschaften entstand im 16. und 17. Jahrhundert. Galileo Galilei, der sich selbst als gläubiger Christ verstand, geriet in Konflikt mit der kirchlichen Lehrautorität, als er das geozentrische Weltbild in Frage stellte. Im 19. Jahrhundert wurde der Gottesglaube zunehmend durch den Glauben an Fortschritt und die Erforschbarkeit der Welt ersetzt, was zum Scientismus führte.
Highlight: Das 20. Jahrhundert brachte ein neues Wirklichkeitsverständnis in der Physik, das die Grenzen der klassischen Naturwissenschaften aufzeigte.
Niels Bohr führte das Konzept der Komplementarität ein, das zeigt, dass Licht sowohl als Teilchen als auch als Welle verstanden werden kann. Werner Heisenberg formulierte die Unschärferelation, die die gleichzeitige genaue Bestimmung von Ort und Geschwindigkeit eines Elementarteilchens als unmöglich erklärt.
Definition: Komplementarität bezeichnet in der Physik die Eigenschaft, dass bestimmte Eigenschaften eines Objekts nicht gleichzeitig gemessen werden können, sich aber gegenseitig ergänzen.
Diese Erkenntnisse führten zu der Einsicht, dass es nicht möglich ist, von "der Wirklichkeit" zu sprechen. Stattdessen wird Wirklichkeit als das verstanden, was das erkennende Subjekt beschreibt. Die naturwissenschaftliche Beschreibung ist dabei nur eine von vielen möglichen Zugängen zur Realität.
Beispiel: Eine Blume kann als Stoffwechselsystem, als Gemälde, als Gedichtmotiv, als Futtermittel für Tiere oder als Symbol für den Sinn des Lebens betrachtet werden. Keine dieser Perspektiven ist "richtig" oder "falsch".