Bismarcks Doppelstrategie gegen die Sozialdemokratie
Das Sozialistengesetz und die Sozialgesetzgebung bildeten die Grundpfeiler von Bismarcks Innenpolitik im späten 19. Jahrhundert. Diese Strategie, oft als "Zuckerbrot und Peitsche" bezeichnet, zielte darauf ab, die wachsende Arbeiterbewegung zu kontrollieren und gleichzeitig soziale Reformen umzusetzen.
Das Sozialistengesetz von 1878
Das Sozialistengesetz, offiziell am 21. Oktober 1878 erlassen, war eine repressive Maßnahme gegen die Sozialdemokratie. Es verbot Vereine, Zeitungen und Versammlungen der SPD und der Gewerkschaften. Interessanterweise durfte die SPD als Partei weiterhin bestehen und an Wahlen teilnehmen.
Highlight: Trotz des Verbots vieler ihrer Aktivitäten konnte die SPD als Partei weiter existieren und an Wahlen teilnehmen.
Die Sozialgesetzgebung 1883-1889
Als Gegenstück zu den repressiven Maßnahmen führte Bismarck eine Reihe von Sozialgesetzen ein:
- Krankenversicherung (1883)
- Unfallversicherung (1884)
- Rentenversicherung (1889)
Definition: Die Sozialgesetzgebung umfasste die Einführung grundlegender Sozialversicherungen für Arbeiter, um ihre Lebensbedingungen zu verbessern.
Bismarcks Ziele und Strategie
Bismarcks Hauptziel war es, die Arbeiterschaft von der SPD zu entfremden. Seine Strategie bestand darin:
- Die Sozialdemokraten öffentlich als Gegner darzustellen.
- Gleichzeitig einige Forderungen der SPD umzusetzen.
Diese Taktik wird als "Zuckerbrot-und-Peitsche-Politik" bezeichnet.
Vocabulary: "Zuckerbrot und Peitsche" ist eine Metapher für eine Politik, die Belohnungen (Zuckerbrot) und Strafen (Peitsche) kombiniert, um ein bestimmtes Verhalten zu erreichen.
Die Arbeiterbewegung und die SPD
Trotz Bismarcks Bemühungen blieb die Arbeiterschaft der SPD treu. Die Partei gewann von Wahl zu Wahl an Stärke. Dies hing eng mit der Industrialisierung zusammen, die zur Entstehung einer neuen gesellschaftlichen Schicht führte: der Arbeiterklasse.
Example: Die Sozialistische Arbeiterpartei Deutschlands (später SPD) vertrat ab 1875 die Interessen der Arbeiter im Reichstag.
Bismarcks Bedenken gegenüber den Sozialisten
Bismarck sah die Sozialisten als potenzielle Reichsfeinde an. Seine Hauptbedenken waren:
- Die große Anzahl der Anhänger machte sie schwer zu kontrollieren.
- Die Angst vor einer möglichen Revolution.
Quote: "Alle Macht den Arbeitern!" - Ein Slogan, der Bismarcks Befürchtungen verstärkte.
Rechtfertigung für das Sozialistengesetz
Bismarck nutzte zwei Attentate auf Kaiser Wilhelm I. im Jahr 1878 als Rechtfertigung für das Sozialistengesetz:
- Mitte 1878: Max Hödel, kurz zuvor aus der SPD ausgeschlossen, verübte ein Attentat und wurde enthauptet.
- Kurz darauf: Ein Landwirt namens Nobiling schoss mit 30 Schrotkugeln auf den Kaiser und beging anschließend Selbstmord.
Diese Ereignisse führten dazu, dass der Kronprinz vorübergehend als Stellvertreter des verletzten Kaisers ernannt wurde und boten Bismarck den Vorwand, härter gegen die Sozialdemokraten vorzugehen.
Highlight: Die Attentate auf Kaiser Wilhelm I. dienten als Katalysator für die Einführung des Sozialistengesetzes, obwohl die Täter nicht direkt mit der SPD in Verbindung standen.