Bismarcks Innenpolitik: Kampf gegen "Reichsfeinde"
Nach der Reichsgründung 1871 bemühte sich Reichskanzler Otto von Bismarck um eine stabilisierende Innenpolitik. Sein Hauptziel war es, Mehrheiten im Reichstag zu finden, um seine Politik durchzusetzen. Dabei prägte vor allem sein Kampf gegen den Katholizismus und die Sozialdemokratie, die er als "Reichsfeinde" betrachtete, seine Amtszeit.
Definition: Als "Reichsfeinde" bezeichnete Bismarck politische Gegner, die er als Bedrohung für die Einheit und Stabilität des Deutschen Reiches ansah.
Der Kulturkampf, den Bismarck in den 1870er Jahren gegen die katholische Kirche und die Zentrumspartei führte, war ein zentrales Element seiner Innenpolitik. Für Bismarck war der Katholizismus nicht mit dem protestantisch geprägten Kaiserreich vereinbar. Dieser Konflikt entwickelte sich zu einem Machtkampf zwischen dem deutschen Staat und der katholischen Kirche.
Example: Zu den Maßnahmen des Kulturkampfes gehörten der Kanzelparagraph, das Schulaufsichtsgesetz, die Einführung der Zivilehe, das Brotkorbgesetz und das Klostergesetz.
1878 vollzog Bismarck einen Kurswechsel in seiner Politik. Er führte eine Schutzzollpolitik ein, um deutsche Produkte vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Dies war besonders für die deutsche Landwirtschaft wichtig, die den Importen aus dem Ausland nicht gewachsen war. Diese Wende führte dazu, dass sich die Liberalen von Bismarck abwandten.
Vocabulary: Die Schutzzollpolitik bezeichnet wirtschaftspolitische Maßnahmen, die heimische Produkte durch Zölle vor ausländischer Konkurrenz schützen sollen.
Die Sozialdemokratie wurde nun zum neuen Hauptfeind Bismarcks. Nach zwei Attentatsversuchen auf Kaiser Wilhelm I. löste Bismarck den Reichstag auf und erreichte bei Neuwahlen eine Mehrheit mit der Zentrumspartei und den Konservativen. Dies ermöglichte ihm die Verabschiedung des Sozialistengesetzes, das politische Aktivitäten der Sozialdemokratie verbot.
Highlight: Das Sozialistengesetz von 1878 markierte einen Wendepunkt in Bismarcks Innenpolitik und leitete das Ende des Kulturkampfes ein.
Gleichzeitig versuchte Bismarck, den Einfluss der Sozialdemokratie durch eine staatliche Sozialgesetzgebung einzuschränken. Er erfüllte grundlegende Forderungen der Arbeiterschaft, um sie an den Staat zu binden und von der Politik fernzuhalten. Diese Strategie wird oft als "Zuckerbrot und Peitsche" bezeichnet.
Quote: "Mein Gedanke war, die arbeitenden Klassen zu gewinnen, oder soll ich sagen zu bestechen, den Staat als soziale Einrichtung anzusehen, die ihretwegen besteht und für ihr Wohl sorgen möchte." - Otto von Bismarck
Trotz dieser Bemühungen ging Bismarcks Plan nicht auf. Die Sozialdemokratie wuchs weiter und wurde bis 1914 zur stärksten Partei im Reichstag. Dies zeigt, dass Bismarcks Innenpolitik, trotz kurzfristiger Erfolge, langfristig nicht die gewünschte Wirkung erzielte.