Die BRD in den 70er Jahren
Die 1970er Jahre in der Bundesrepublik Deutschland waren eine Zeit des politischen Wandels und der Reformen. Mit dem Beginn der sozialliberalen Koalition unter Führung von Willy Brandt im Jahr 1969 begann eine neue Ära in der deutschen Politik. Brandt, der erste sozialdemokratische Bundeskanzler der Nachkriegszeit, setzte sich für umfangreiche innenpolitische Reformen ein, die unter dem Motto "Mehr Demokratie wagen" standen. Zu den wichtigsten Neuerungen gehörten die Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre, eine Reform des Strafrechts mit Fokus auf Resozialisierung, ein neues Betriebsverfassungsgesetz, eine Rentenreform und ein umfassender Bildungsgesamtplan.
Zitat: "Mehr Demokratie wagen" - Willy Brandts Leitspruch für seine Reformpolitik.
Parallel zu den innenpolitischen Reformen verfolgte Brandt eine neue Ostpolitik, die auf "Wandel durch Annäherung" setzte. Ziel war es, die zunehmende Entfremdung zwischen der BRD und der DDR zu verhindern. Diese Politik führte zu Friedensverträgen mit Ostblockstaaten und dem Grundlagenvertrag mit der DDR. Die Bevölkerung unterstützte diesen Kurs, was sich im Wahlsieg der SPD 1972 widerspiegelte.
Highlight: Die neue Ostpolitik Brandts war ein Meilenstein in den deutsch-deutschen Beziehungen und trug zur Entspannung des Ost-West-Konflikts bei.
Nach Brandts Rücktritt 1974 aufgrund einer Spionageaffäre übernahm Helmut Schmidt das Amt des Bundeskanzlers. Seine Amtszeit war geprägt von wirtschaftlichen Herausforderungen, insbesondere der Ölkrise von 1973, die zu einem starken Anstieg der Ölpreise führte. Trotz dieser Schwierigkeiten gelang es Schmidt, wichtige außenpolitische Initiativen voranzutreiben, wie die Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (KSZE) 1975, die einen wichtigen Schritt zur Entspannung zwischen Ost und West darstellte.
Ein weiterer bedeutender Moment in Schmidts Amtszeit war der NATO-Doppelbeschluss von 1979, der die Stationierung amerikanischer Mittelstreckenraketen in der BRD vorsah. Diese Entscheidung war höchst umstritten und trug zur wachsenden Friedensbewegung in Deutschland bei.
Vocabulary: NATO-Doppelbeschluss - Eine Strategie der NATO, die vorsah, Verhandlungen über die Begrenzung nuklearer Mittelstreckenwaffen anzubieten und gleichzeitig die Stationierung neuer Raketen in Westeuropa zu planen.
Die anhaltende Wirtschaftskrise führte schließlich 1982 zu einem konstruktiven Misstrauensvotum gegen Helmut Schmidt, wodurch Helmut Kohl von der CDU neuer Bundeskanzler wurde. Dieser Machtwechsel markierte das Ende der sozialliberalen Ära und den Beginn einer neuen politischen Phase in der Bundesrepublik Deutschland.