Die Lösung der Deutschen Frage unter preußischer Führung
Nach dem Scheitern der Revolution 1848 blieb der Wunsch nach deutscher Einheit lebendig. Wirtschaftlich näherten sich die deutschen Staaten durch den Deutschen Zollverein stetig an, was die Vorteile eines gemeinsamen Marktes verdeutlichte. Das deutsche Bürgertum setzte zunehmend auf Preußen statt Österreich als treibende Kraft für die Einigung.
Die 1850er Jahre waren innenpolitisch von Reaktion geprägt. Während Österreich zum Absolutismus zurückkehrte, blieb Preußen ein konstitutioneller Staat – allerdings mit der Preußischen Verfassung von 1850, die die Macht fest in der Hand des Monarchen verankerte. Die gesetzgebende Gewalt teilten sich der König und zwei Kammern: das "Herrenhaus" mit vom König ernannten Mitgliedern und das Abgeordnetenhaus, das nach dem berüchtigten Dreiklassenwahlrecht gewählt wurde.
Das Dreiklassenwahlrecht teilte die Wähler nach ihrem Steueraufkommen in drei Klassen ein, wobei jede Klasse ein Drittel zum Steueraufkommen beitrug, aber unterschiedlich viele Wahlmänner bestimmte. Dies führte dazu, dass wenige reiche Bürger genauso viel Einfluss hatten wie viele ärmere Wähler. Die Stimmabgabe erfolgte zudem öffentlich, was die Wähler beeinflussen konnte.
Abi-Tipp: Das Dreiklassenwahlrecht blieb in Preußen bis 1918 in Kraft und war ein zentrales Instrument zur Sicherung konservativer Mehrheiten. Verstehe seine Funktionsweise, denn es ist ein Paradebeispiel für undemokratische Wahlsysteme!
1862 wurde Otto von Bismarck zum Ministerpräsidenten Preußens berufen, mitten im Konflikt um die Heeresreform. Die liberale Mehrheit im Abgeordnetenhaus blockierte diese Reform, die eine Verlängerung der Dienstzeit, die Erweiterung des Offizierskorps und die Abschaffung der Landwehr vorsah. Bismarck, ein hochkonservativer Adliger mit diplomatischer Erfahrung, regierte daraufhin ohne genehmigten Haushalt – ein Schock für die Liberalen in ganz Deutschland.