Die Entstehung des Deutschen Reiches
Die Gründung des Deutschen Reiches war ein historischer Wendepunkt, der von internationaler Skepsis begleitet wurde. Eine Umfrage von 1977 zeigte, dass selbst Jahrzehnte später nur 58% der Franzosen und 49% der Italiener eine friedliche Wiedervereinigung Deutschlands positiv sahen. Diese Zurückhaltung wurzelte in der jahrhundertealten europäischen Staatenordnung, die auf einer schwachen und dezentralisierten Mitte basierte.
Nach dem Scheitern der Revolution von 1848/49 entwickelte sich ein rivalisierender Dualismus zwischen Österreich und Preußen. Beide Mächte strebten die Hegemonie im deutschen Raum an, was zu komplexen politischen Dynamiken führte:
Definition: Der Deutsche Dualismus bezeichnet die Rivalität zwischen Österreich und Preußen um die Vorherrschaft in Deutschland im 19. Jahrhundert.
Österreich, als Vielvölkerstaat, suchte Rückhalt bei anderen deutschen Staaten und strebte eine Aufnahme in den Deutschen Zollverein an. Preußen hingegen, als wirtschaftlich stärkstes Land im Zollverein, fürchtete eine Verdrängung durch Österreich.
Highlight: Die Kleinstaaten versuchten, durch geschicktes Taktieren als dritte Kraft Politik zu machen und ihre partikularistischen Interessen zu sichern.
Der Verfassungskonflikt in Preußen entstand im Kontext der Heeresreform ab 1859. König Wilhelm I. strebte eine Modernisierung und Vergrößerung des Heeres an, was auf Widerstand der Liberalen im Abgeordnetenhaus stieß.
Vocabulary: Die Heeresreform zielte darauf ab, die zahlenmäßige Unterlegenheit der preußischen Armee zu kompensieren und ihre Schlagkraft zu erhöhen.
In dieser angespannten Situation wurde Otto von Bismarck 1862 zum preußischen Ministerpräsidenten berufen. Seine Ernennung markierte einen Wendepunkt in der preußischen und deutschen Geschichte.