Entstehung von Konzepten interkultureller Bildung in Deutschland
Die Entwicklung der interkulturellen Pädagogik in Deutschland lässt sich in mehrere Phasen unterteilen, die eng mit den gesellschaftlichen und politischen Veränderungen verknüpft sind.
1973 markierte einen Wendepunkt mit dem Anwerbestopp für ausländische Arbeitskräfte. Als Folge holten viele Gastarbeiter ihre Familien nach Deutschland. Dies führte zur Entstehung der Ausländerpädagogik als Nothilfe, da viele Kinder kaum Deutschkenntnisse hatten, aber schulpflichtig waren. Es wurden spezielle Maßnahmen wie Deutsch als Fremdsprache (DAF) und Deutsch als Zweitsprache (DAZ) eingeführt, sowie Vorbereitungsklassen eingerichtet, die jedoch oft zur Exklusion ausländischer Kinder führten.
Beispiel: Die Einrichtung von Vorbereitungsklassen für ausländische Kinder war ein früher Versuch der Integration, führte aber oft zur unbeabsichtigten Segregation.
Um 1985 wuchs die Erwerbstätigkeit bei der ausländischen Bevölkerung, was zu einer verstärkten Kritik an der Ausländerpädagogik führte. Man erkannte, dass viele Probleme durch politische Entscheidungen entstanden waren und nicht allein durch pädagogische Maßnahmen gelöst werden konnten. Zudem wurde die Stigmatisierung von Ausländern kritisiert.
Ab 1990 nahmen Ausschreitungen gegenüber der ausländischen Bevölkerung zu. Als Reaktion darauf entwickelte sich das Konzept der interkulturellen Erziehung, das sich auf die Vorbereitung des Lebens in einer multikulturellen Gesellschaft konzentrierte. Allerdings wurde auch dieser Ansatz kritisiert, da er die Gefahr barg, zu viele ausländische Traditionen zu übernehmen und dadurch die Betonung von Unterschieden und Diskriminierung zu verstärken.
Kritik: Die interkulturelle Erziehung wurde dafür kritisiert, dass sie möglicherweise die Unterschiede zwischen Kulturen zu stark betonte und dadurch unbeabsichtigt Diskriminierung fördern könnte.
Ab 2000 führten Einbürgerungen und ein geändertes Staatsangehörigkeitsrecht zu einer neuen Phase. Interkulturelle Bildung und Erziehung wurden nun als Teil der Allgemeinbildung betrachtet, und die Vorbereitung auf das Leben in einer multikulturellen Gesellschaft wurde zur Selbstverständlichkeit.
Der Terroranschlag vom 11. September 2001 in New York hatte weitreichende Folgen für die interkulturelle Pädagogik. Es entwickelte sich ein Neo-Assimilismus, bei dem alle Muslime unter Generalverdacht gerieten. Dies führte zu einem Rückgang der Toleranz gegenüber Muslimen und einer Forderung nach Anpassung, die über funktionale Kompetenz und Loyalität zum Staat hinausging.
Highlight: Der 11. September 2001 markierte einen Wendepunkt in der interkulturellen Pädagogik, der zu einem verstärkten Assimilationsdruck auf muslimische Migranten führte.
Die Flüchtlingskrise 2015 und die anhaltende Terrorgefahr verstärkten diese Tendenzen. Es stellt sich die Frage, ob der Neo-Assimilismus eine vorübergehende Erscheinung ist oder das Ende der interkulturellen Erziehung und Bildung bedeutet.