Die soziologischen Theorien von George Herbert Mead und Talcott Parsons prägen unser Verständnis von Identitätsbildung und sozialen Rollen maßgeblich.
Der Symbolische Interaktionismus nach Mead erklärt, wie sich menschliche Identität durch soziale Interaktion entwickelt. Zentral sind dabei die Konzepte "I", "ME" und "Self". Das "I" steht für spontane, kreative Impulse des Individuums, während das "ME" die verinnerlichten gesellschaftlichen Erwartungen repräsentiert. Zusammen bilden sie das "Self" - die ausbalancierte Identität einer Person. Mead betont, dass Identität nicht angeboren ist, sondern sich durch symbolische Kommunikation und Rollenübernahme entwickelt. Ein Kind lernt beispielsweise durch Rollenspiele und die Übernahme verschiedener Perspektiven, sich selbst aus der Sicht anderer zu sehen.
Talcott Parsons Rollentheorie und sein Strukturfunktionalismus betrachten dagegen die gesellschaftliche Ebene. Seine Systemtheorie analysiert, wie verschiedene gesellschaftliche Teilsysteme zusammenwirken und welche Funktionen sie erfüllen. Parsons beschreibt, wie Menschen durch Sozialisation lernen, bestimmte Rollen zu übernehmen und gesellschaftliche Erwartungen zu erfüllen. Lothar Krappmann entwickelte diese Ansätze weiter und betonte die Bedeutung der Balance zwischen persönlicher Identität und sozialen Anforderungen. Seine Rollentheorie zeigt, wie Menschen in modernen Gesellschaften verschiedene, teilweise widersprüchliche Rollen vereinbaren müssen. Dabei ist die Fähigkeit zur Rollendistanz - also die Möglichkeit, sich kritisch mit Rollenerwartungen auseinanderzusetzen - besonders wichtig für eine gelungene Identitätsentwicklung.