Wilhelm Heitmeyers Theorie zur Identitätsentwicklung und Gewalt
Wilhelm Heitmeyer, ein renommierter Professor für Erziehungswissenschaft, hat sich auf die Erforschung von Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Kontext der Sozialisation spezialisiert. Seine Theorie erklärt gewalttätiges und aggressives Verhalten als Folge von Desintegrationserfahrungen und Perspektivlosigkeit bei Jugendlichen.
Der Kern von Heitmeyers Theorie liegt in der Betrachtung des Individualisierungsprozesses während der Adoleszenz. Jugendliche lösen sich von alten Fixierungen und müssen eine eigene Identität aufbauen, was in der kapitalistischen Marktgesellschaft oft als Konkurrenzkampf wahrgenommen wird. Dies erfordert eigenständige Lebensplanungskonzepte, die stark an die jeweiligen Milieus gebunden sind.
Definition: Desintegration nach Heitmeyer bezieht sich auf die Schattenseiten der Individualisierung, bei denen Jugendliche kaum gesellschaftlichen Anschluss und Unterstützungsmöglichkeiten finden.
Heitmeyer identifiziert drei Hauptbereiche der Desintegration:
- Auflösung sozialer Beziehungen und Vergemeinschaftsformen
- Gefährdung gemeinsamer sozialer Werte- und Normvorstellungen
- Abnehmende gesellschaftliche Teilhabe
Highlight: Die Heitmeyer Theorie betont, dass Gewaltbilligung und Gewaltbereitschaft in der individuellen Sozialisation erlernt werden und in bestimmten Interaktionskontexten in Gewalttätigkeit umschlagen können.
Verunsicherung spielt eine zentrale Rolle in Heitmeyers Konzept. Sie tritt auf bei Unlösbarkeit von Problemen, Unberechenbarkeit zukünftiger Ereignisse, Diskrepanzen zwischen Selbstwert und Erwartungen, sowie bei Versagen oder Ausgrenzung.
Example: Ein Beispiel für autoaggressive Gewalt nach Heitmeyer könnte ein Jugendlicher sein, der aufgrund von schulischem Misserfolg und fehlender familiärer Unterstützung zu selbstverletzendem Verhalten greift.