Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung
Das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung nach Hurrelmann beschreibt den komplexen Prozess der Identitätsentwicklung bei Jugendlichen. Es betont die aktive Rolle des Individuums als "schöpferischer Konstrukteur" seiner eigenen Realität und Identität.
Im Zentrum des Modells steht die Wechselwirkung zwischen innerer und äußerer Realität. Die innere Realität umfasst Anlagen und Gene, die den Charakter prägen, während die äußere Realität die Umwelteinflüsse wie Familie und Freunde einschließt.
Definition: Produktive Realitätsverarbeitung bezeichnet den Prozess, bei dem Jugendliche aktiv ihre innere und äußere Realität verarbeiten und gestalten.
Für diesen Prozess sind zwei Arten von Ressourcen von Bedeutung:
- Personale Ressourcen: Dies sind individuelle Charaktereigenschaften.
- Soziale Ressourcen: Hierzu gehören unterstützende Faktoren aus dem sozialen Umfeld, insbesondere der Familie.
Beispiel: Ein Jugendlicher mit starkem Selbstvertrauen (personale Ressource) und einer unterstützenden Familie (soziale Ressource) kann Herausforderungen besser bewältigen.
Das Modell berücksichtigt verschiedene Sozialisationsinstanzen:
- Primär: Eltern und Freunde
- Sekundär: Sozialarbeiter und Lehrer
- Tertiär: Freizeit und Medien
Highlight: Die Entwicklungsaufgaben nach Hurrelmann umfassen vier Bereiche: Qualifizieren, Binden, Konsumieren und Partizipieren.
Die Identitätsentwicklung wird als Synthese von persönlicher Individuation und sozialer Integration verstanden. Eine gelingende Identitätsentwicklung resultiert in einer ausbalancierten personalen und sozialen Identität.
Vocabulary: Individuation bezeichnet den Prozess der Entwicklung einer eigenständigen Persönlichkeit.
Problematische Identitätsentwicklungen können sich in verschiedenen Formen äußern:
- Externalisierende Problemverarbeitung: z.B. Gewalt und Mobbing
- Internalisierende Problemverarbeitung: z.B. Depression und Isolation
- Evadierende Problemverarbeitung: z.B. Drogen- und Alkoholmissbrauch
Quote: "Kind soll sich selbst kreieren" - Dies unterstreicht die aktive Rolle des Jugendlichen in seiner Entwicklung.
Das Modell berücksichtigt auch den Einfluss unterschiedlicher Sozialisationsbedingungen wie soziale Herkunft und Geschlecht auf das Bildungsniveau und die Entwicklung von Stereotypen und Vorurteilen.
Insgesamt bietet das Modell der produktiven Realitätsverarbeitung einen umfassenden Rahmen zum Verständnis der komplexen Prozesse der Identitätsentwicklung bei Jugendlichen und betont die Wichtigkeit einer ausgewogenen Entwicklung zwischen individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Anforderungen.