Phasen und Prozesse des Modelllernens
Das Lernen am Modell nach Bandura durchläuft verschiedene Phasen und Prozesse, die für ein erfolgreiches Lernen entscheidend sind. Diese lassen sich in zwei Hauptphasen unterteilen: die Aneignungsphase und die Ausführungsphase.
Die Aneignungsphase
Aufmerksamkeitsprozesse
In dieser ersten Phase wählt der Beobachter aus der Vielzahl von Informationen, die das Verhalten eines Vorbildes enthält, die für ihn wichtigen Bestandteile aus und beobachtet sie genau. Die Intensität der Aufmerksamkeit hängt von mehreren Faktoren ab:
- Persönlichkeitsmerkmale des Modells
- Persönlichkeitsmerkmale des Beobachters
- Art der Beziehung zwischen Modell und Beobachter
- Situationsbedingungen
Highlight: Die Aufmerksamkeitsprozesse bilden die Grundlage für das Modelllernen, da ohne gezielte Beobachtung kein Lernen stattfinden kann.
Gedächtnisprozesse
Nach der Beobachtung speichert der Lernende das Gesehene mithilfe seines Gedächtnisses. Dieser Prozess ist entscheidend für die spätere Anwendung des gelernten Verhaltens:
- Das Beobachtete wird in Form von bildlichen oder sprachlichen Symbolen im Gehirn gespeichert.
- Bandura spricht von "symbolischer Repräsentation", womit er die Speicherung des Modellverhaltens in einer Form meint, die die relevanten Elemente des Beobachteten symbolisch festhält.
Vocabulary: Symbolische Repräsentation bezeichnet die mentale Darstellung des beobachteten Verhaltens in Form von Symbolen oder Bildern im Gedächtnis des Lernenden.
Die Ausführungsphase
Reproduktionsprozesse
In dieser Phase wird das gespeicherte Verhalten in tatsächliche Handlungen umgesetzt:
- Der Beobachter wählt aus den gespeicherten Kodierungen diejenigen aus, die für das beabsichtigte Verhalten relevant sind.
- Oft müssen motorische Fähigkeiten erst geübt, korrigiert und wiederholt werden, bis sich ein Erfolg einstellt.
- Der Lernende vergleicht dabei ständig die Ergebnisse seiner Handlungen mit den gespeicherten Kodierungen.
Example: Ein Kind, das einen Erwachsenen beim Schuhebinden beobachtet hat, wird mehrere Versuche benötigen, um die Bewegungen korrekt nachzuahmen und erfolgreich die Schuhe zu binden.
Motivations- und Bekräftigungsprozesse
Die Motivation spielt eine entscheidende Rolle dafür, ob ein bestimmtes Verhalten überhaupt gelernt und ausgeführt wird:
- Nur wer sich vom Beobachten und Durchführen einer Verhaltensweise einen Erfolg oder Vorteil verspricht, wird entsprechende Aktivitäten entfalten.
- Die Motivation ist eng mit Erwartungen, insbesondere mit dem Erwarten von Bekräftigung, verbunden.
Definition: Bekräftigung im Kontext des Modelllernens bezieht sich auf positive Konsequenzen oder Verstärkungen, die das Erlernen und die Ausführung eines bestimmten Verhaltens fördern.
Diese Phasen und Prozesse des Modelllernens nach der sozialkognitiven Lerntheorie Bandura zeigen, dass das Lernen am Modell ein komplexer Vorgang ist, der kognitive, emotionale und motivationale Aspekte umfasst. Es verdeutlicht, wie Menschen durch Beobachtung und Nachahmung neue Verhaltensweisen erwerben und in ihr eigenes Verhaltensrepertoire integrieren können.