Das Sherif-Experiment: Gruppendynamik im Ferienlager
Das Ferienlager-Experiment von Muzafer Sherif, auch als Robbers Cave Experiment bekannt, wurde 1954 durchgeführt und gilt als Meilenstein in der Sozialpsychologie. Es untersuchte die Entstehung von Gruppenidentitäten, Konflikten und deren Lösung unter kontrollierten Bedingungen.
Highlight: Das Experiment bestand aus drei Phasen: Gruppenbildung, Konflikterzeugung und Konfliktlösung.
Die Probanden waren 11-jährige Jungen aus 22 verschiedenen Schulen in Oklahoma, die sich zuvor nicht kannten und aus ähnlichen Familienhintergründen stammten. Dies gewährleistete eine möglichst homogene Ausgangssituation.
In der ersten Phase wurden die Jungen in zwei separate Gruppen aufgeteilt, die unabhängig voneinander an kooperativen Aktivitäten teilnahmen. Dies führte zur Entwicklung von Gruppenhierarchien und einem starken Zusammengehörigkeitsgefühl innerhalb der Gruppen.
Vocabulary: Gruppenkohäsion - das Gefühl der Zusammengehörigkeit und Verbundenheit innerhalb einer Gruppe.
Die zweite Phase brachte die Gruppen zusammen und erzeugte Spannungen durch Wettbewerbsspiele. Hierbei nahm die Fairness gegenüber der anderen Gruppe ab, und es entwickelten sich Vorurteile und Feindseligkeiten.
Example: Die Gruppen beschimpften sich gegenseitig und sabotierten die Aktivitäten der jeweils anderen Gruppe.
In der dritten Phase versuchten die Forscher, die Spannungen zu lösen. Zunächst eskalierten neutrale Situationen schnell. Erst durch erzwungene Zusammenarbeit bei gemeinsamen Aufgaben kam es zu einer Versöhnung zwischen den Gruppen.
Definition: Superordinate Goals - übergeordnete Ziele, die nur durch Zusammenarbeit zwischen Gruppen erreicht werden können.
Das Experiment zeigte, wie schnell sich Gruppenidentitäten bilden und zu Konflikten führen können, aber auch wie gemeinsame Ziele zur Überwindung von Feindseligkeiten beitragen können.
Sherifs früheres Experiment zum autokinetischen Effekt aus dem Jahr 1935 untersuchte den Informationseinfluss in Gruppen. Probanden sollten die Bewegung eines stationären Lichtpunkts einschätzen. Zunächst variierten die individuellen Schätzungen stark. In der Gruppe konvergierten die Einschätzungen jedoch, und diese Gruppennorm blieb auch bei späteren individuellen Einschätzungen bestehen.
Quote: "Ein Jahr später besteht diese Norm immer noch" - Dies unterstreicht die langfristige Wirkung sozialer Einflüsse auf individuelle Urteile.
Beide Experimente von Sherif trugen wesentlich zum Verständnis von Gruppenverhalten, sozialer Beeinflussung und Konfliktdynamiken bei. Sie zeigen, wie stark soziale Kontexte unser Verhalten und unsere Wahrnehmungen prägen können.
Highlight: Die Erkenntnisse aus Sherifs Experimenten sind bis heute relevant für das Verständnis von Gruppenkonflikten und deren Lösung in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen.