Nathan der Weise - Analyse des 5. und 6. Auftritts im ersten Aufzug
Der fünfte und sechste Auftritt des ersten Aufzugs in Nathan der Weise zeigen wichtige Entwicklungen der Handlung und vertiefen die charakterlichen Konflikte der Hauptfiguren. Im fünften Auftritt begegnen wir dem Tempelherrn, der von einem Klosterbruder im Auftrag des Patriarchen beobachtet wird. Diese Szene enthüllt die politischen und religiösen Spannungen, die das gesamte Werk durchziehen.
Hinweis: Der Patriarch repräsentiert als höchstrangiger Bischof die christliche Autorität in Jerusalem und verkörpert religiöse Intoleranz.
Die komplexe Beziehung zwischen dem Tempelherrn und Sultan Saladin wird hier deutlich: Obwohl Saladin den Tempelherrn begnadigt hat, versucht der Patriarch, ihn für einen Mordanschlag gegen den Sultan zu gewinnen. Der Tempelherr steht vor einem moralischen Dilemma, da er sich dem Sultan zur Dankbarkeit verpflichtet fühlt. Diese Situation verdeutlicht die zentralen Themen von Nathan der Weise: Toleranz, Humanität und die Überwindung religiöser Vorurteile.
Im sechsten Auftritt wird die Handlung durch Dajas Erscheinen weiterentwickelt. Sie sucht den Tempelherrn auf, um ihm für die Rettung Rechas zu danken. Seine Reaktion offenbart seine innere Zerrissenheit: Einerseits bereut er seine Rettungstat nicht, andererseits möchte er aufgrund seiner christlichen Identität keine Verbindung zu Juden haben. Diese Haltung unterstreicht die religiösen Vorurteile der Zeit und bildet einen wichtigen Kontrast zur späteren Entwicklung der Figur.
Definition: Die Ringparabel Nathan der Weise wird später im Werk als zentrales Element eingeführt und verdeutlicht Lessings aufklärerische Botschaft von religiöser Toleranz.