Textquellen und römisches Weltbild
Tacitus 58−120n.Chr. verfasste im Jahr 98 n.Chr. seine "Germania", während Caesar 100−44v.Chr. in "De bello Gallico" seinen Feldzug in Gallien beschrieb. Beide Werke hatten unterschiedliche Intentionen: Tacitus wollte Eindrücke vom Leben der Germanen vermitteln, Caesar rechtfertigte seine Eroberungspolitik.
Das römische Selbstbild war geprägt von Überheblichkeit - die Römer sahen sich als das beste Volk, dessen Erfolge auf ihren tugendhaften Sitten basierten. Die vier virtutes (Tapferkeit, Entschlossenheit, Standhaftigkeit und Mut) galten als Grundlage ihrer Überlegenheit. Kriege wurden moralisch gerechtfertigt, indem man behauptete, sich nur zu verteidigen.
Die Fremdwahrnehmung der Germanen durch die Römer war ambivalent: Angst, Schrecken und Faszination vermischten sich. Die Römer erkannten die militärische Tüchtigkeit der Germanen an, fürchteten aber ihren "furor teutonicus" (ungezügelte Raserei). Die Sittenspiegeltheorie besagt, dass Tacitus den Germanen positive Eigenschaften zuschrieb, um den verkommenen Lebensstil der römischen Oberschicht zu kritisieren.
💡 Spannend: Die römischen Berichte über die Germanen sind keine neutralen Beobachtungen, sondern durch kulturelle Vorurteile und politische Absichten gefärbt. Sie sagen oft mehr über die Römer als über die Germanen selbst!
Die Römer unterschieden zwischen dem zivilisierten Imperium (Römisches Reich) und dem Barbaricum (Gebiet außerhalb Roms), wo angeblich Chaos herrschte. Die Germanen wurden als großgewachsene Menschen mit blauen Augen und roten Haaren beschrieben, die in verschiedene Stämme unterteilt waren und für ihre Gastfreundlichkeit, aber auch für ihren Alkoholkonsum und ihre wilde Kampfweise bekannt waren.