Analyse der Erzähltechnik in "Mario und der Zauberer"
In dieser detaillierten Analyse betrachten wir zwei wichtige Textstellen aus Thomas Manns "Mario und der Zauberer" und untersuchen die verwendeten Erzähltechniken. Der Fokus liegt auf dem Textbeginn bis Seite 15 und dem Abschnitt von Seite 38 bis 45.
Textbeginn bis Seite 15
In diesem Abschnitt dominiert das erzählende Ich. Der Erzähler blickt aus einer zeitlichen Distanz auf die Ereignisse zurück, was sich in Formulierungen wie "war eine traurige und auf Missverständnis beruhende Ungehörigkeit für sich..." (S. 9) zeigt.
Highlight: Der Erzählstandort befindet sich außerhalb der erzählten Welt, was eine reflektierte und distanzierte Interpretation der Geschehnisse ermöglicht.
Die Erzählperspektive ist durch eine Außensicht gekennzeichnet. Der Erzähler kann keine direkten Einblicke in die Gedanken und Gefühle anderer Figuren geben, sondern beschreibt lediglich das äußerlich Wahrnehmbare.
Example: Der Erzähler beschreibt die Reaktionen und das Verhalten der anderen Urlauber, ohne deren innere Beweggründe zu kennen.
Das Erzählverhalten ist auktorial, da der Erzähler die Ereignisse bewertet und kommentiert. Dies zeigt sich besonders deutlich auf Seite 9, wo er die Situation in Torre di Venere kritisch reflektiert.
Quote: "Es war eine traurige und auf Missverständnis beruhende Ungehörigkeit für sich..."
Die Erzählform bleibt durchgehend eine Ich-Erzählung, was die persönliche Involviertheit des Erzählers in die Geschichte unterstreicht.
Seite 38 bis 45
In diesem Abschnitt wechselt die Erzählperspektive zum erlebenden Ich. Der Erzähler ist nun direkt in die Handlung involviert und befindet sich innerhalb der erzählten Welt.
Vocabulary: Erlebendes Ich - Eine Erzählperspektive, bei der der Erzähler die Ereignisse unmittelbar miterlebt und schildert.
Die Erzählperspektive bleibt eine Außensicht, aber das Erzählverhalten wird personal. Der Erzähler schildert die Ereignisse aus der Perspektive einer oder mehrerer Figuren, insbesondere beim Auftritt Cipollas.
Definition: Personales Erzählverhalten - Eine Erzähltechnik, bei der die Ereignisse aus der Sicht einer oder mehrerer Figuren dargestellt werden, ohne direkte Einblicke in deren Gedanken zu geben.
Die Erzählhaltung wird teilweise neutral, ohne explizite Wertungen. Die Zeitstruktur ist zeitraffend, da die Ereignisse in chronologischer Abfolge geschildert werden, wobei die Erzählzeit kürzer ist als die erzählte Zeit.
Highlight: Die Darbietungsform wechselt zum Erzählbericht, in dem der Erzähler mit eigenen Worten berichtet, kommentiert und gelegentlich Personenrede einbaut.
Diese Analyse der Erzähltechnik in "Mario und der Zauberer" zeigt, wie Thomas Mann geschickt zwischen verschiedenen Erzählperspektiven und -haltungen wechselt, um die Spannung aufzubauen und die Interpretation der Willensfreiheit zu vertiefen. Die Charakterisierung Marios und die Darstellung Cipollas werden durch diese Erzähltechniken nuanciert und vielschichtig gestaltet.