Massenpsychologie und Führerschaft in "Mario und der Zauberer"
Thomas Manns Novelle "Mario und der Zauberer" illustriert eindrucksvoll die Massenpsychologie nach Le Bon. Die Entwicklung der Masse und die Machtausübung des Zauberers Cipolla werden detailliert analysiert.
Definition: Die Massenpsychologie nach Le Bon beschreibt das Schwinden der bewussten Persönlichkeit in der Masse und die Bildung einer Gemeinschaftsseele.
Der Text untersucht den Prozess der Massenbildung in sechs Phasen:
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Das Publikum ist zunächst keine Masse. Spannung entsteht durch Cipollas verspäteten Auftritt.
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Cipolla etabliert seinen Nimbus durch elegante Kleidung und selbstsicheres Auftreten. Seine subtile Gewaltbereitschaft wird durch die Reitpeitsche symbolisiert.
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Randereignisse überbrücken die Kluft zwischen Publikum und Führer. Cipolla manipuliert das Unterbewusste durch patriotische Reden und Rechenaufgaben.
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Die Willensproblematik wird deutlich. Ein symbiotisches Verhältnis zwischen Cipolla und der Masse entsteht.
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Cipollas Macht erreicht ihren Höhepunkt. Die Masse zeigt hysterische Züge während der "Tanzorgie".
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Marios Tat bildet den Höhe- und Wendepunkt der Erzählung.
Highlight: Die allmähliche Steigerung von Cipollas Macht über das Publikum verdeutlicht die Massenpsychologie des Faschismus.
Der Text analysiert auch die Rolle des Führers:
- Er ist von seiner Ideologie überzeugt und bereit, ins Extreme zu gehen.
- Er erkennt die Schwäche der Massen und stellt sich als ihr Retter dar.
- Er festigt seine Macht durch Behauptungen, Wiederholungen und Übertragungen.
Beispiel: Cipolla nutzt nationalistische Phrasen und manipulative Techniken, um seine Macht zu festigen.
Abschließend werden die Erzähltechniken in "Mario und der Zauberer" betrachtet:
- Erzählform: Ich-Erzählung erlebend
- Perspektive: Außen- und Innenperspektive
- Standort: erlebend innen,distanziert, erzählend außen,reflektierend
- Verhalten: auktorial, teilweise personal
- Zeit: zeitraffend, chronologisch mit Vorausdeutungen
- Darbietung: Erzählerbericht, Personenrede indirekte/direkteRede
Zitat: "Die einzigen Grenzen im Leben sind die, die man sich selbst setzt." - Dieser Satz unterstreicht die Thematik der Willensfreiheit in der Novelle.
Diese Analyse verdeutlicht, wie Thomas Mann die Massenpsychologie nach Le Bon nutzt, um die Mechanismen der Massenmanipulation und die Gefahr des Faschismus literarisch darzustellen.