Hospitalismus: Ursachen und Auswirkungen auf die kindliche Entwicklung
Hospitalismus beschreibt schwerwiegende psychische und körperliche Schäden, die bei Kindern auftreten können, wenn sie über längere Zeit in Kliniken oder Heimen untergebracht sind. Dabei erfahren die Kinder zwar eine grundlegende körperliche Versorgung, aber es mangelt ihnen an persönlicher Zuwendung und vor allem an einer konstanten Bezugsperson. Diese Situation kann zu gravierenden Entwicklungsstörungen führen.
Definition: Hospitalismus bezeichnet leib-seelische Störungs- und Verkümmerungserscheinungen im Säuglings- und Kleinkindalter, die auf mangelnde emotionale Zuwendung und Reizvermittlung zurückzuführen sind.
Die Symptome des Hospitalismus sind vielfältig und können sich sowohl körperlich als auch psychisch manifestieren. Zu den typischen Anzeichen gehören:
- Jaktation (Vor- und Zurückbewegen des Kopfes)
- Ausreißen der Haare
- Stark ausgeprägtes Daumenlutschen
- Ängstlichkeit gegenüber Fremdem
- Höhere Anfälligkeit für Krankheiten
- Starrer Blick, der die Kontaktaufnahme mit Mitmenschen stört
- Schüchternheit bzw. starke Verunsicherung im Sozialverhalten
- Einnässen
- Eingeschränkte Bewegungs- und Kontaktfreude
- Geringer Wortschatz und reduzierte Grammatik
- Entwicklungsverzögerungen von bis zu mehreren Jahren
Highlight: Die Folgen des Hospitalismus können die gesamte Entwicklung eines Kindes beeinträchtigen und zu langfristigen psychischen und körperlichen Problemen führen.
Der Psychoanalytiker René Spitz leistete bedeutende Forschungsarbeit auf dem Gebiet des Hospitalismus. Seine Erkenntnisse trugen maßgeblich zum Verständnis dieser Problematik bei.
Example: Spitz stellte fest, dass Kinder in Kinderheimen eine höhere Sterblichkeit und Anfälligkeit für Krankheiten aufwiesen als Kinder, die in Familien aufwuchsen. Besonders alarmierend war die Beobachtung, dass Kinder, die länger als acht Monate im Kinderheim lebten, schwere psychische Störungen entwickelten, die kaum noch zu beheben waren.
Seine Untersuchungen zeigten erschreckende Statistiken:
- Kinder in Findelhäusern erlitten innerhalb eines Jahres schwere Schäden.
- Innerhalb von zwei Jahren starben 37% der Kinder in diesen Einrichtungen.
- Bei Kindern, die erst im zweiten oder dritten Lebensjahr ins Heim kamen, waren die Schäden eher heilbar.
Quote: "R. Spitz nannte die Schäden, die Kinder in Hospitälen oder Kinderheimen erlitten HOSPITALISMUS"
Diese Erkenntnisse unterstreichen die immense Bedeutung einer liebevollen und stimulierenden Umgebung für die gesunde Entwicklung von Kindern. Sie verdeutlichen auch die Notwendigkeit, Alternativen zur langfristigen institutionellen Unterbringung von Kindern zu finden und die Qualität der Betreuung in solchen Einrichtungen zu verbessern.