Gegenpositionen und Kritik an der Sapir-Whorf-Hypothese
Die Sapir-Whorf-Hypothese hat seit ihrer Formulierung viel Kritik und Gegenpositionen hervorgerufen. Eine der prominentesten Gegenpositionen ist der Nativismus, der von angeborenen Sprachfähigkeiten ausgeht.
Der Nativismus postuliert, dass bestimmte Fähigkeiten und Vorstellungen angeboren sind. In Bezug auf Sprache bedeutet dies, dass angeborene Basisstrukturen beim Erlernen einer Sprache aktiviert werden. Diese Sichtweise stellt die Sapir-Whorf-Hypothese in Frage, indem sie argumentiert, dass die Sprache dem Denken nachgeordnet ist und nicht umgekehrt.
Definition: Der Nativismus in der Spracherwerbstheorie geht davon aus, dass Kinder mit einem "Sprachinstinkt" geboren werden, der den Spracherwerb ermöglicht.
Neurolinguistische Modelle bieten eine weitere Gegenposition. Sie betonen, dass Wahrnehmung, Denken und Sprache in einem komplexen Verhältnis zueinander stehen. Diese Modelle lehnen eine einseitige Determinierung des Denkens durch die Sprache ab, erkennen aber einen gewissen Einfluss an.
Kritik an Whorfs Forschungsergebnissen:
- Mangelnde empirische Grundlage: Whorf stützte sich hauptsächlich auf sekundäre Quellen und führte keine Forschung vor Ort durch.
- Übertreibung der Fremdartigkeit: Die Hopi-Sprache erwies sich als weniger exotisch als von Whorf angenommen.
- Widerlegte Behauptungen: Der oft zitierte Mythos, dass Eskimos viel mehr Wörter für Schnee hätten als andere Sprachgemeinschaften, wurde widerlegt.
Highlight: Eine bedeutende Erklärungslücke der Sapir-Whorf-Hypothese besteht in der Schwierigkeit, die kognitiven Fähigkeiten von Gehörlosen zu erklären, wenn die Sprache einen so massiven Einfluss auf das Denken hätte.
Trotz dieser Kritikpunkte bleibt die Sapir-Whorf-Hypothese ein wichtiger Diskussionspunkt in der Linguistik und Kognitionswissenschaft.